Autor Thema: Klage für Kinder  (Gelesen 11280 mal)

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SAPP

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Re: Klage für Kinder
« Antwort #45 am: Mittwoch, 21. Oktober 2009 - 15:57:18 »


       @Katja,

       das ist aber schon heftig, einen eigenen Laptop !

       In den Schulen gibt es fast immer einen EDV Raum mit PC usw.

       in dem umschichtig unterrichtet wird !

SAPP

  • Gast
Re: Klage für Kinder
« Antwort #46 am: Mittwoch, 21. Oktober 2009 - 16:10:41 »


         @kloebi,

         das ist natürlich richtig , was Du schreibst, die Modefrage wurde auch nicht erst in den späten

         Fünfzigern erfunden, diese Diskussion ist wesentlich älter, es ging ja darum, was ist notwendig,

         das die Frage nach der Notwendigkeit am Zeitgeist scheitert ist logisch.

ae8090

  • Gast
Re: Klage für Kinder
« Antwort #47 am: Mittwoch, 21. Oktober 2009 - 21:23:44 »
Auch meine Kinder haben oftmals gebrauchte Kleidung getragen, genauso wie das bei uns war, als wir Kinder / Jugendliche waren. Die Klamotten wurden innerhalb der Familie weitergegeben aber auch im Freundeskreis und / oder der Nachbarschaft. Ich kann da auch nichts bei finden, ganz im Gegenteil: Das ist völlig normal.

Und das (andere) Kinder dann auch mal lästern, hänseln oder von mir aus auch gretheln, auch das ist völlig normal, war schon immer so und wird auch immer so bleiben.

Umso mehr staune ich, wenn ich mich in jüngerer Zeit so umhöre und den Eindruck gewinne, als würde Kindern, die gebrauchte oder gar geflickte Klammoten tragen ein unerhörtes Leids getan. Was müssen die armen "Dinger" leidern, die kriegen ja gleiche einen Schock für`s Leben!!!

Ich glaube, wir jammern manchmal auf ziemlich hohem Niveau und sollten mal wieder die Füße auf den Boden kriegen!

Wie weit der Realitätsverlust offenbar bereits vorangeschritten ist, habe ich heute Abend in einem Artikel bei mopo.de gelesen. Es ging natürlich um die anhängige Klage beim BVerfG und dort wird in einem Absatz über den Kläger berichtet und dieser zitiert:

Zitat
Kläger Thomas Kallay sah das anders. Der Vater einer schulpflichtigen Tochter trat in Pullover und Arbeitsjacke vor die Verfassungsrichter: "Wovon soll ich denn die Raten für einen Anzug bezahlen?" Die zusammen 700 Euro im Monat für seine Familie reichten nicht mal für ein neues Hemd mit Krawatte.
Quelle und vollständiger Artikel: mopo.de

Da behauptet er doch glatt, dass er nur 700 Euro für sich und seine Familie bekäme.

Das ist ja nur die eine Hälfte der Wahrheit. Und wie war dieser gute alte Spruch?: Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge!

Er mag in der Tat runde 700 Euro für den Lebensunterhalt bekommen. Aber er bekommt dazu noch Miete und Heizkostenzuschuss und Krankenversicherung und den Mindestbeitrag zur Rentenversicherung und die GEZ - Gebühr und ich weiß nicht, was noch alles.

Jeder, der arbeitet, muss das alles von seinem Einkommen selbst bezahlen. Und darum muss es auch zum Haushaltseinkommen des Herrn Klägers hinzugerechnet werden! Dann dürfte sich die Zahl "700" geschätzt schlicht verdoppeln.

Und wer mag, darf jetzt ausrechen, was Herr Kalley brutto verdienen müsste, um auf ein entsprechendes Nettogehalt zu kommen. (Steuerklasse 3, ein Kind)

Ich weiß, dass H4 nicht reicht, um Reichtümer anzuhäufen. Und das soll es auch nicht! Aber menschenwürdig leben, kann man davon in Deutschland allemal.

Übrigens: Gestern in einem Bericht (evtl dem gleichen, den Slarti gesehen hat) wurde mitleidheischend die "arme" Familie gezeigt, wie sie "nur" Kartoffeln mit Kohlrabi zum Mittag hat.

Und?

Wo ist das Problem?

Ich arbeite verdamt hart, bekomme jeden morgen meinen Arsch um 5.30 Uhr aus dem Bett. Aber auch bei uns gibt's nicht jeden Tag Steak mit Kaviar an Mangrovensauce garniert mit Otternohrläppchen.

Dass das Leben der gezeigten Mutter mit ihren Kindern sicherlich nicht leicht ist, dafür habe ich jedes Verständnis. Ich war selbst einige Jahre alleinerziehender Papa und kann erahnen, wie schwer es die Frau mit ihren Kindern hat.

Aber welch' Anspruchshaltung steckt dahinter, dass ein ganz normals Mittagessen, welches in hunderttausenden, in Millionen von Familien der werktätigen Bevölkerung völlig normal und alltäglich ist, für jene, die nicht arbeiten (aus welchen Gründen auch immer) nicht mehr als ausreichend angesehen wird!

Das ist wirklich Jammern auf verdammt hohen Niveau!

Deutlich realistischer, wenn auch in einer sehr zynischen und arroganten Art und Weise, war da ein H4-Empfänger, mit dem ich die vergangenen drei Tage zu tun hatte. Der rechnete mit gnadelos und kalt vor, was er an Leistungen alles bekommt. Und er hat tasächlich alles mitgerechnet (naja zumindest fast alles). Dann hat er noch seinen 1-€-Job hinzugerechnet, kam auf über € 900,--, die er ausgezahlt bekäme, teilte das durch die ca. 120,- Stunden, die er in seinem 1-€-Job pro Monat arbeitet und kam so auf netto über 7,50 Euro die Stunde.
Und fragt: Und warum sollte ich arbeiten gehen?

Noch ein Wort zu Capitano:
Von Zwangsarbeit etc hat hier niemand gesprochen. Auch wenn ich durchaus eine moralische Pflicht zur Arbeit empfinde.

Sachbezug hingegen halte ich in etlichen Fällen durchaus für sinnvoll. Ich weiß (zu!) viele H4-Empfänger, die mit dem Barem, welches sie bekommen, nicht umgehen können und das Geld, welches für ihre Kinder gedacht ist, dann lieber in Zigaretten oder Alkohol umsetzen oder es in 'nen Daddelautomaten stecken.

Und verallgemeinert hat hier glaube ich auch niemand.

Die einzige Verallgemeinerung, welche mir auf Schritt und Tritt in dieser unseren Gesellschaft und ihrer öffentlichen Diskussion begegnet, ist die völlig unbegründete Annahme, dass alle H4-Empfänger am Hungertuche nagen, nicht menschenwürdig leben könnten und viel lieber arbeiten würden.

Das Gegenteil ist der Fall!

Offline Slartibartfass

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Re: Klage für Kinder
« Antwort #48 am: Mittwoch, 21. Oktober 2009 - 22:01:29 »
Vor knapp 5 Jahren ist dieser Artikel im Stern erschienen, und er ist immernoch aktuell.
Stichwort Bildungsarmut.
Es wird nie so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.

swetlana

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Re: Klage für Kinder
« Antwort #49 am: Donnerstag, 22. Oktober 2009 - 11:36:23 »
Sehr eindrucksvoller Artikel, Slarti.
Wenn man bedenkt, dass er aus 2004 stammt.
Und was hat sich seitdem zum Positiven verändert?

Dieser Satz sagt eigentlich alles:

Seit Jahrzehnten versucht die deutsche Gesellschaft, die Armut mit Geld zu besiegen. Das hat nicht funktioniert. Paul Nolte, Professor für Sozialgeschichte an der International University in Bremen, nennt dies "fürsorgliche Vernachlässigung". Staat, Gesellschaft und auch die Sozialwissenschaften haben versucht, sich von der Verantwortung für die Unterschicht freizukaufen. Die wurde mit Geld ruhig gestellt. Opium fürs gemeine Volk. Doch was die Unterschicht wirklich braucht, das wurde ihr verwehrt.

swetlana

swetlana

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Re: Klage für Kinder
« Antwort #50 am: Donnerstag, 22. Oktober 2009 - 11:44:52 »
Aber auch bei uns gibt's nicht jeden Tag Steak mit Kaviar an Mangrovensauce garniert mit Otternohrläppchen.

OT: Das würde ich nicht essen!
 :)

swetlana

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Klage für Kinder
« Antwort #51 am: Donnerstag, 22. Oktober 2009 - 11:57:40 »
Die Harz IV Diskussion ist sehr geprägt durch Emotionen. Menschlich sehr verständlich, in der Sache aber oft Falsch.

Wer zahlt dem Geringverdienenden etwas oben drauf, wenn Wärme, Strom etc. teurer werden? Kann der vor Gericht ziehen und seinen Arbeitgeber auf mehr Lohn verklagen, weil alles teurer wird? Oder muss er irgendwo sparen?

Der Harz IV Satz für Kinder liegt ca. 10 EUR über dem, des steuerlichen Ansatzes für Scheidungskinder. Was ist mit denen?

Es ist eine schwierige Diskussion. Allerdings finde ich es nicht OK, das Hartz IV-Beziehern das Kindergeld als "Einkommen" angerechnet wird und nicht zusätzlich bezahlt wird, so wie es bei jedem Arbeitnehmer auch der Fall ist. Das würde, eventuell, diese Diskussion überflüssig machen.

Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
Toleranz und Moral ist immer die Toleranz und Moral der anderen.