theater itzehoe - Analysen, Chancen, Ausblicke

Begonnen von Blubb, Dienstag, 23. Februar 2010 - 23:20:28

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Blubb

Nachdem in diversen Threads zur Bürgermeisterwahl hin und wieder die Thematik "theater itzehoe" aufkam, soll hier ein bisschen über den Bau am ZOB diskutiert werden.
Stehen die verursachten Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Nutzen des Theaters? Wie ist das Programm zu werten? Ist das Theater wirklich, wie oft behauptet, ein Standortfaktor für die Stadt? Wie sieht die Zukunft des Theaters aus? Welche Vorteile und Chancen sind zu sehen?

Ich bin mir sicher, es wird hier sehr gegensätzliche Meinungen geben.

Blubb

Natürlich passt da auch noch die Frage hin, wie ihr denn persönlich zum Theater steht bzw. wie oft ihr dort Vorstellungen besucht.

Michael Hein

Kunst & Kultur sind grundsätzlich ein positver Standortfaktor für eine Stadt. Kunst & Kultur sind die Grundnahrung für die menschliche Seele. Inwieweit diese durch das Programm des Theater's hier gesättigt wird ... darüber läßt sich sicher trefflich streiten.
Wir sind sehr sehr selten im Theater, leider. Dies war zu Direktor Keupers Zeiten noch anders.

breughel

Ich war im vergangenen Jahr mehr als 40x im Theater, der Oper oder im Konzert - davon Itzehoe -0
In den letzten 10 Jahren war ich viermal im Theater Itzehoe
Kabarett: Lisa Politt und Heinrich Pachel  Theater: Der Herr Karl (Heribert Sasse)
Bürgermeisterkandidatenvorstellung (2002) 
Ich wollte das Studio einmal mieten - war nicht verfügbar im Zeitraum wegen Vorbereitung anderer Veranstaltungen - habe die Veranstaltung dann in Elmshorn durchgeführt.

Meine Kritik: Angebot zu oft billiges Tourneetheater bei relativ hohen Preisen
                 Gastronomie Fehlanzeige
                 Mangelnde Flexibilität des Hauses
                 Geringe Veranstaltungszahl im Jahr oft über Wochen nicht bespielt
                 Das Haus wirkt sehr kalt und die Architektur ist nur von außen ansprechend
                 Kein eigenes Profil
                 Keine Rücksicht auf regionale Aspekte - vor Weihnachten brummen alle Theater in Hamburg mit Weihnachtsmärchen - zum Teil dreimal täglich - hier verschenkt man eine große Chance, aus der Region die Leute nach Itzehoe zu locken.
Subventionsfresser!
Kein wirklicher Magnet - man müßte Tagungen nach Itzehoe holen - aber ohne Gastronomie und Flexibilität? Da reicht es nur für die FDP.                 

Blubb

#4
Das Theater steckt aus meiner Sicht in einem Dilemma. Wer wirklich an Theater interessiert ist, legt eben noch etwas mehr drauf und fährt nach Hamburg, auch wenn das vielleicht wieder einige nicht hören wollen. Das ist dann eben doch was anderes, wie z.B. das Kaufen eines Elektronikartikels, den man (noch) in der Itzehoer Innenstadt bekommen kann.
Für die Leute, die nur hier und da mal Lust auf ein bisschen Theater haben, mag das Programm zwar interessant sein, aber die Preise sind dann dafür einfach noch zu hoch.

Die restlichen Probleme wurden ja bereits angesprochen. Es wird zu wenig geboten und vieles wird verschlafen. Und da muss sich auch Frau H F fragen, was sie eigentlich über Jahre hinweg gemacht hat. Zudem muss ich zustimmen, dass das Theater mindestens von innen überhaupt keine Atmosphäre ausstrahlt. Da hat selbst der grottenhässliche 70er-Jahre-Bau der Staatsoper in Hamburg noch mehr Flair. Das furchtbare Umfeld schmälert dann auch noch den äußeren Eindruck.

ToRü | ToРуз

Das Theater ist sicherlich eine wichtige kulturelle Einrichtung und ich habe noch kein Theater gesehen, das kostendeckend arbeitet.

Aber man muss eben auch die finanzielle Seite sehen und sich darüber im Klaren werden, wie ich als Stadt meine knappe resource Geld einsetze:

Das theater itzehoe ist der größte Subventionsposten im Itzehoer Haushalt, ca. 2,8 Mio EUR werden jährlich zugeschossen, mit steigender Tendenz.

Zum Vergleich: der nächstgrößte Subventionsposten ist die Bücherei mit ca. 500.000 EUR.

Der Kostendeckungsgrad des Theaters liegt derzeit bei ca. 25%. jedes Unternehmen mit ähnlichem Wert würde geschlossen werden.

Im Schnitt besuchen 160 Gäste das Theater pro Vorstellung, um und bei 50,000 pro Jahr.

Mit steigendem Erhaltungsaufwand steigen auch die Kosten. Gleichzeitig steigt auch die Verschuldung der Stadt bis 2013 rapide und sehr Steil an.

Wie gesagt, man muss sich überlegen, was einem die Sache Wert ist.
Wären höhere Eintrittspreise für die Theaterbesucher zumutbar? Oder muss ich den Mehraufwand künftig bei Schulen, Kindergärten, Büchereien, Schwimmbad, Straßenreinigung etc. einsparen?

Ich weiß, dafür bekomm ich hier wieder Prügel, aber man muss das ja mal diskutieren.
Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
Toleranz und Moral ist immer die Toleranz und Moral der anderen.

Albrecht

Dass Kultur ein Zuschussgeschäft ist, war bereits bei der Planung des Theaters eine Binsenweisheit.

Die Frage ist doch, wie der Zuschussbedarf in Grenzen gehalten werden kann. Da gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen muss man das Angebot hinterfragen, um eine höhere Frequentierung zu erreichen, zum anderen kann man -wie bereits in vielen Städten umgesetzt - über die Einführung einer "Kulturabgabe" für Hotelübernachtungen nachdenken.

Michael Hein

Kunst & Kultur sind keine Wirtschaftsbetriebe im eigentlichen Sinne. Kunst & Kultur funktioniert (von einigen wenigen Ausnahmen sicher abgesehen) nur durch finanzielle Unterstützung seitens der Gesellschaft. Der Mehrwert, der durch Kunst & Kultur für die Gesellschaft geschaffen wird, wird für meinen Geschmack sträflich vernachlässigt. Dies geht schon in der Schule los. Kunstunterricht, Ethikunterricht, Musikunterricht ... Mathe, Chemie, Sprachen - das zählt, das braucht die Wirtschaft!
Das Mensch-Sein definiert sich nicht über Zahlen. Das Mensch-Sein definiert sich über seine kulutrellen Werte. Große Dichter & Denker, Maler & Bildhauerinnen, Theater & Literatur - all dies schafft Identität und bereichert unser Leben.
Wir geben gern immer wieder einen Teil unseres Geldes aus, um KünstlerInnen jeglicher Coloeur - ob bekannt oder noch nicht bekannt - zu unterstützen. Es macht Spaß und bringt mehr Freude als z.B. ein neues Auto oder die 23zigste Armbanduhr.

ToRü | ToРуз

Zitat von: Michael Hein in Mittwoch, 24. Februar 2010 - 11:03:55
Kunst & Kultur sind keine Wirtschaftsbetriebe im eigentlichen Sinne. Kunst & Kultur funktioniert (von einigen wenigen Ausnahmen sicher abgesehen) nur durch finanzielle Unterstützung seitens der Gesellschaft. Der Mehrwert, der durch Kunst & Kultur für die Gesellschaft geschaffen wird, wird für meinen Geschmack sträflich vernachlässigt. Dies geht schon in der Schule los. Kunstunterricht, Ethikunterricht, Musikunterricht ... Mathe, Chemie, Sprachen - das zählt, das braucht die Wirtschaft!
Das Mensch-Sein definiert sich nicht über Zahlen. Das Mensch-Sein definiert sich über seine kulutrellen Werte. Große Dichter & Denker, Maler & Bildhauerinnen, Theater & Literatur - all dies schafft Identität und bereichert unser Leben.
Wir geben gern immer wieder einen Teil unseres Geldes aus, um KünstlerInnen jeglicher Coloeur - ob bekannt oder noch nicht bekannt - zu unterstützen. Es macht Spaß und bringt mehr Freude als z.B. ein neues Auto oder die 23zigste Armbanduhr.

Das ist der Punkt: Muss die Allgemeinheit es bezahlen oder die Nutzer.

Wenn das Theater vermietet wird, dann bestimmt ja auch der Veranstalter den Eintrittspreis, und der ist meist um ein Vielfaches Höher als der "normale" Preis. Wird aber bezahlt.

Wer Qualität will, der bezahlt meist dafür auch gerne. Warum also nicht auch im Kunst und Kulturbereich?

Für finanziell schwache Besucher kann es ja weiterhin Sozialtarife geben, das Stünde also nicht im Weg.

Ich sehe z.B. auch die Polizeieinsätze bei Fußballspieln kritisch: das sollten die vereine schon selbst bezahlen.
Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
Toleranz und Moral ist immer die Toleranz und Moral der anderen.

Blubb

#9
Zitat von: Michael Hein in Mittwoch, 24. Februar 2010 - 11:03:55
Kunst & Kultur sind keine Wirtschaftsbetriebe im eigentlichen Sinne. Kunst & Kultur funktioniert (von einigen wenigen Ausnahmen sicher abgesehen) nur durch finanzielle Unterstützung seitens der Gesellschaft. Der Mehrwert, der durch Kunst & Kultur für die Gesellschaft geschaffen wird, wird für meinen Geschmack sträflich vernachlässigt. Dies geht schon in der Schule los. Kunstunterricht, Ethikunterricht, Musikunterricht ... Mathe, Chemie, Sprachen - das zählt, das braucht die Wirtschaft!
Das Mensch-Sein definiert sich nicht über Zahlen. Das Mensch-Sein definiert sich über seine kulutrellen Werte. Große Dichter & Denker, Maler & Bildhauerinnen, Theater & Literatur - all dies schafft Identität und bereichert unser Leben.
Wir geben gern immer wieder einen Teil unseres Geldes aus, um KünstlerInnen jeglicher Coloeur - ob bekannt oder noch nicht bekannt - zu unterstützen. Es macht Spaß und bringt mehr Freude als z.B. ein neues Auto oder die 23zigste Armbanduhr.

Stimmt alles, auch wenn ich wenig davon halte Mathe und Chemie gegen Kunst und Musik auszuspielen. Ist alles gleich wichtig. Und letzteres würde ich so auch nicht unterschreiben. Bringt alles irgendwie gleich viel Freude. Die Diskussion würde aber zu weit führen.

Trotzdem muss man sich die Frage gefallen lassen, inwieweit das Theater durch sein Programm überhaupt noch einen kulturellen Auftrag erfüllt und ob man ihm nicht ein anderes, angepassteres Profil gibt. Dass kaum ein Theater in unseren Land kostendeckend arbeitet, ist keine große Überraschung, nur lässt sich ein Subventionieren bei vielen Theatern eben damit rechtfertigen, dass diese Häuser meist, wie in einem anderen Thread geschrieben, Renommee oder ein Profil haben. Beides fehlt dem Theater. Somit kann ich auch jeden verstehen, der für diese Zwecke lieber nach HH fährt Ersteres wird es wohl auch nie bekommen, was durch den Standort bedingt ist, zweiteres wäre möglich, wenn man sich mal richtig Gedanken machen würde. Das tut man aber anscheinend nicht und deswegen ist die Kosten-Nutzen-Frage auch eine berechtigte.

Paul Schrader

Warum beteiligt sich der Kreis eigentlich nicht an der Finanzierung des Theaters? Schließlich ist es ja nicht nur für Itzehoer da, sondern für den ganzen Kreis Steinburg.

Michael Hein

Zitat von: Blubb in Mittwoch, 24. Februar 2010 - 11:26:12
und deswegen ist die Kosten-Nutzen-Frage auch eine berechtigte.

Da stimme ich Dir absolut zu. Einen Freifahrtsschein kann es natürlich nicht geben - gesellschaftlicher Nutzen hin oder her.

breughel

Und leider sind nie Anstrengungen unternommen worden, durch Gastronomie vor Ort und flexible Raumnutzung sowie technische Ausstattung das Theater auch als Tagungsort attraktiv zu machen und damit Itzehoe auch als Stadt zu fördern.
Wenn ich sehe, was ich in Hamburg zahle - für einen noch recht guten Platz in der Oper zahle ich 30 Euro, für ein gutes Konzert in der Fabrik - ca. 17 Euro; Jazz beim NDR (Spitzenklasse) 17 Euro und fast immer HVV bis Elmshorn eingeschlossen. Große Veranstaltungen im Körberforum in Hamburg - kostenlos bei erstklassigen Referenten, Politttheater mit erstklassigem Kabarett 15.-€
Hier für ein abgwracktes Operettenteam 30.-€.
So wie vielen Geschäften in Itzehoe fehlt dem Theater ein echtes Konzept und ein klares Profil - so wie ich Geld für Kultur reichlich außerhalb ausgebe, tue ich es aus der Not heraus. Ich würde hier öfter hingehen wenn das Angebot für mich attraktiv wäre.
Eine Kulturabgabe auf Übernachtungen in IZ wäre sinnlos - zu wenig Übernachtungen weil kaum attraktives Angebot und auch noch trotzdem recht teuer.
Also, schnellstens das schaffen, was zu Beginn versprochen aber nie eingelöst wurde: Multifunktionstheater mit vielen Tagungen und eigenem Profil bei guter Gastronomie auch außerhalb der Veranstaltungen. Man hat auch schon genug Gastwirte dort ruiniert - das ist geradezu fies.


Albrecht

Zitat von: Blubb in Mittwoch, 24. Februar 2010 - 11:26:12Dass kaum ein Theater in unseren Land kostendeckend arbeitet, ist keine große Überraschung, nur lässt sich ein Subventionieren bei vielen Theatern eben damit rechtfertigen, dass diese Häuser meist, wie in einem anderen Thread geschrieben, Renommee oder ein Profil haben. Beides fehlt dem Theater. Somit kann ich auch jeden verstehen, der für diese Zwecke lieber nach HH fährt Ersteres wird es wohl auch nie bekommen, was durch den Standort bedingt ist, zweiteres wäre möglich, wenn man sich mal richtig Gedanken machen würde. Das tut man aber anscheinend nicht und deswegen ist die Kosten-Nutzen-Frage auch eine berechtigte.
Um ein eigenes Profil zu erhalten, müsste aber ein eigenes Ensemble geschaffen werden, welches die Unterdeckung kaum vermindert. Allerdings kann man durch die Programmauswahl - zumindest in Teilen - ein Profil entwickeln.

ToRü | ToРуз

Zitat von: Paul Schrader in Mittwoch, 24. Februar 2010 - 11:37:11
Warum beteiligt sich der Kreis eigentlich nicht an der Finanzierung des Theaters? Schließlich ist es ja nicht nur für Itzehoer da, sondern für den ganzen Kreis Steinburg.

Der Kreis gab damals einen einmaligen Baukostenzuschuss;
Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
Toleranz und Moral ist immer die Toleranz und Moral der anderen.