Bevor man etwas über die Horussöhne erzählt, muß man eigentlich ein bißchen in die 'familiäre' Geschichte der Götter gehen.
Das sind genauso schöne Märchen, wie sie in der Bibel stehen
- die Wiederholung von Gut gegen Böse, und einige der Geschichten ähneln sich sehr.
Die Horussöhne haben NICHTS mit dem Horus zu tun, der in allen alten Abbildungen als Falke dargestellt wurde. Der 'alte' Horus war einer der Hauptgötter, der sich (weil es ein Gott ist) im Laufe der Jahrhunderte nicht nur im Aussehen (also den Darstellungen) geändert hat, sondern auch in den Funktionen.
Viel schöner und weniger kompliziert ist eigentlich die Geschichte des 'anderen' Horus - und die will ich mal eben erzählen:
Angefangen hat eigentlich alles mit den Obergöttern: Osiris und Seth. Das waren Brüder, die sich -wie so oft woanders auch- nicht besonders grün waren.
Osiris, der Gute, war seinem bösen Bruder Seth schon immer ein Dorn im Auge und mußte höllisch aufpassen, um nicht zu Schaden zu kommen.
Eines Tages schenkte Seth Osiris eine Holzkiste, die superschön verziert und edel war. Die Guten waren wohl auch schön früher die Dummen, und so legte sich Osiris mal eben rein - zur Probe. Seth, der böse Kerl, machte schnell den Deckel drauf und kippte seinen Bruder samt Kiste in den Nil.
Als Isis, die Frau von Osiris, das mitbekam, versuchte sie alles, um ihren Göttergatten zu retten. Dazu mußte sie die Kiste aber erst einmal finden!
Weil der Nil aber eine starke Strömung hatte, schwamm die Kiste ziemlich schnell ziemlich weit weg - schneller, als Isis suchte.
Deshalb fand ein König das Dingen eher, und weil sie so edel und prächtig war, verbaute er sie auch gleich in seinem Palast.
Als Isis das erfuhr, machte sie sich auf zu dem Palast - und wurde gleich zur Arbeit verdonnert: sie wurde Amme für die Kinder des Königs.
Isis war aber eben auch eine Frau und wenn DIE sich etwas in den Kopf setzen.... das ist damals genauso wie heute: Frauen setzen sich durch. (andere Geschichte)
Als Isis dann nun endlich die Kiste hatte und ihren (toten) Gemahl fand, zeugte sie mal gleich noch schnell einen Sohn mit Osiris. Hey, Götter können so etwas!! Und das hieß NICHT Nekrophilie!!!
Seth, der das natürlich erfuhr, zerstückelte den Leichnahm seines Bruders (denkt immer an die Unversehrtheit des Leichnahms als Hülle für das Leben im Jenseits!!) und verteilte die Teile in ganz Ägypten.
Isis gebahr ihren Sohn, nannte ihn Horus, der nun der Gute war und einen -immer noch bösen- Onkel hatte.
Als Horus dann erwachsen war, wollte er König (und damit Gott) von Ägypten werden und das Erbe seines Vaters antreten. Isis, die ihren Sohn auf dem Thron sehen wollte, wandte sich an den obersten Obergott: an Re!
Sie dachte, damit sei das Thema durch und bat dann auch gleich den (verstorbenen) Schu (Vater von Osiris), seinem Sohn in der Unterwelt die freudige Kunde zu überbringen.
Re war aber gar nicht sooooo angetan von dem Gedanken, den mächtigen Seth 'ablösen zu lassen', weil der seine Arbeit ja recht gut gemacht hatte bisher.
Weil man sich aber nicht so recht einig wurde, sollte ein Tribunal dann entscheiden, was mit den Ansprüchen Horus' künftig sein sollte.
Dazu wurden einige Gottheiten zusammengerufen, um Isis' Überzeugungskraft ein bißchen zu schmälern, hielt man dieses Tribunal dann auch auf einer Isis unbekannten Insel ab.
Isis war aber nicht umsonst eine Frau (und Göttin), fand raus, wo man sich traf und verkleidete sich, um dort für ihren Sohn Einfluß zu nehmen.
Sie blieb nicht unentdeckt und das Tribunal zog an einen anderen Ort weiter: dieses Mal mitten in die Wüste.
Seth, der sich sehr groß und übermachtig vorkam, schlug vor, in einem Wettkampf um die Pole-Position zu kämpfen. Beide Anwärter auf den Thron sollten sich in Nilpferde verwandeln, um unter Wasser auszuharren - so lange es jedem möglich war. Das fanden die Teilnehmer des Tribunals wohl keine so schlechte Idee - und ließen die Krontrahenten gewähren.
Isis, die meinte, ihrem Sohn helfen zu müssen (weil das Nilpferd Seths natürliche Gestalt war), bastelte Harpunen und wollte Seth erledigen. Blöd, daß sie aus Versehen ihren Sohn traf.... Der wiederum war ein bißchen angepiekt darüber und schlug seiner Mutter den Kopf ab. Strafe muß sein. (hey, nicht weinen, ist doch eine Göttin, die erholt sich wieder!)
Re, als oberster Obergott, fand das natürlich gar nicht lustig und schickte Horus in die Wüste - wortwörtlich! Da blieb er eine Weile, und zwar so lange, bis ihn eines Tages sein böser Onkel im Schlaf erwischte. Weil die Sitten rauh waren, stach Seth seinem Neffen die Augen aus und verbuddelte sie irgendwo in den Bergen. (der Legende nach entwickelten sich daraus Lotusblüten)
Nun war Horus blind und heulte (sich nicht) die Augen aus dem Kopf (hatte er ja nicht mehr). Sein Weinen wurde von Hathor gehört - einer weiteren Göttin, die Erbarmen mit Osiris Sohn hatte (war auch ne Tante von ihm, die waren ja alle irgendwie verwandt!), spülte die Augenhöhlen mit Gazellenmilch. Das Wunder war perfekt: Horus konnte wieder sehen - besser als zuvor!
Re erfuhr, daß Seth in belogen hatte, weil dieser nämlich angab, seine Suche nach Horus wäre nicht erfolgreich gewesen. So schrieb er einen Brief an Osiris im Totenreich, in dem er ihn um Rat und Urteil bat. Osiris, der seinen Sohn ja auf seinem Thron sehen wollte, urteilte dann nicht ganz salomonisch und setzete Horus als König von ganz Ägypten ein.
Seth war stinkig, beugte sich aber dem Urteil zunächst.... aber Götter haben ja unendlich Zeit, sich irgendwann mal wieder in die Wolle zu kriegen - und davon ein anderes Mal, wenn Ihr wollt.