Autor Thema: Menschen  (Gelesen 1433 mal)

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Yogibaer

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Menschen
« am: Sonntag, 30. Dezember 2007 - 00:54:53 »
Ich hatte am Sonntag vor Weihnachten die Gelegenheit, Herrn Wieben kennenzulernen.
Herr Wieben, aus Oelixdorf, war Organist und spielt immer noch gerne in z.B. Altenheimen Klavier.
Er beherrscht auch das Akkordeon , was er zur Zeit wegen Schmerzen im Arm nicht spielen kann.
Herr Wieben ist 93 !!!! Jahre alt und unterhielt letzte Woche ca. 90 Minuten eine gemütliche Weihnachtsrunde im Katarinenhof in Kellinghusen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer war jünger als er.
Es ist schon beeindruckend, wie so eine Person, auch noch schwer hörig, auf Zuruf sofort jedes Lied in die Tasten haut.



Ich habe ihn nach Kellinghusen und auch zurück gefahren und dabei erzählte er mir unter anderem, das er des öfteren "Auftritte" auch in Itzehoe hat.
Er ist auch noch so fit, das er an allen Weihnachtstagen mit dem Fahrrad unterwegs ist, um an Gottesdiensten in verschiedenen Kirchen teilzunehmen.

Und er hat sogar immer noch einen Scherz auf den Lippen:
Er war vor kurzem mit dem Zug zu Besuch bei seinem Bruder, 95 Jahre alt im Rheinland. Dieser ist vor kurzem mit seiner Frau in eine betreute Wohnanlage gezogen.

Dazu meinte Herr Wieben nur: " Für betreutes Wohnen bin ich ja noch zu Jung"

 :top

Guido

  • Gast
Re: Menschen
« Antwort #1 am: Sonntag, 30. Dezember 2007 - 06:01:16 »

 :respekt

Herr Wieben - der Johannes Heesters aus unserer Region?

Das hat schon was - Hut ab vor Herrn Wieben.

Diese Erzählung erinnert mich an eine Frau, die ich während meines Zivildienstes in einem Hamburger Pflegeheim mit angeschlossener Altenwohnanlage kennenlernte und einige Monate lang betreute. Frau F. war 93 Jahre alt und gesundheitlich ziemlich angeschlagen, als sie sich entschloss, ins Pflegeheim zu gehen und ihre bisherige Wohnung aufzulösen. Durch aktivierende Pflege erlebte die resolute Dame eine Art "Jungbrunnen" und zog nach einem Jahr auf ihren Wunsch hin hin in eine der von mir mitbetreuten Altenwohnungen um. (Bis zu ihrem Tode zwei Jahre später verlebte sie dort noch eine schöne Zeit.)  Zur Begründung für diesen Schritt sagte sie u.a.: "Was soll ich da im Heim unter den vielen alten Leuten?" Dass die meisten Bewohner dort zum großen Teil deutlich jünger waren als Frau F. selbst - nun ja...

 8)

Einen habe ich noch: Ein ähnlich hohes Alter wie Herr Wieben und Frau F. hat jemand erreicht, der mein sportlicher Lehrmeister war: Gustav Blüdorn, Vereinsgründer sowie langjähriger Vorsitzender und Jugendtrainer des Kegelsportvereins Dauenhof. Dort, im äußersten Norden des Kreises Pinneberg, habe ich bei Gustav Blüdorn das Kegeln gelernt, wir hatten damals eine für ein Dorf beachtliche (= große) Jugendabteilung und konnten in den 1970er/1980er Jahren auch beträchtliche Erfolge feiern. Ich gedenke - sofern mich gesundheitliche Beschränkungen davon nicht abhalten werden - diesen Sport, den man eben auch bis ins hohe Alter betreiben kann, möglichst solange auszuüben, wie er selber es getan hat: Mit 80 Jahren hat der Mann, der schon  in den 1920er Jahren nach dem Ersten Weltkrieg DER Kegel-Pionier in der Region Pinneberg/Steinburg war, seine letzten Kugeln geschoben.

Auch diese beiden Beispiele sind ebenso wie Herr Wieben vielleicht nicht repräsentativ, aber sie zeigen eben auch, dass ein Leben als alter Mensch mit Würde möglich ist.

Daher: Doppelter Daumen hoch, Yogibaer, für die Inspiration durch Deine Erzählung von Herrn Wieben.

 :clap :clap :clap

Martin100

  • Gast
Re: Menschen
« Antwort #2 am: Sonntag, 06. April 2008 - 19:54:04 »
Hallo,





Herr Wieben hatte Geburtstag. Eben war im S-L Journal ein Bericht darüber.

Wird morgen früh im NDR 3 wiederholt.

Gruß Martin

Rolf

  • Gast
Re: Menschen
« Antwort #3 am: Freitag, 11. April 2008 - 14:26:14 »
`Ne Menge Haare - mitten im Gesicht !

In Schalkholz traf ich ihn, beide wollten wir in das einzige Lokal im Dorf, um zu Mittag zu essen. Uns erwartete aber leider eine Tür mit dem Hinweis " Mittwochs Ruhetag ". Und gerade heute war Mittwoch !
Er war ein Prominenter: Helmut Huck, nur einige seiner vielen Titel: Jeweils Zweiter bei den Int. Bartmeisterschaften in der Kategorie " Vollbart Freistil " in den Jahren 2000, 2001 und 2004 und der Europameisterschaft der Bärte 2006,  den ersten Platz belegte er im Jahre 2006 bei der Int. Deutschen Meisterschaft !!!
Ein längeres Gespräch ergab sich leider nicht, da wir beide Hunger hatten und uns nun auf die Suche nach einem Mittagessen begaben. Schade...:



... Ich hätte ihm gern beim Essen zugesehen !
« Letzte Änderung: Freitag, 11. April 2008 - 14:28:09 von Rolf »

Yogibaer

  • Gast
Re: Menschen
« Antwort #4 am: Montag, 05. Mai 2008 - 21:08:39 »

:top :top :top
Seit einigen Monaten haben wir uns einer Gruppe aus unserem Bekanntenkreis angeschlossen, die Regelmäßig im "Zum Spieker" in Moordiek Essen geht.

Bewirtet und bekocht werden wir dabei von Liesa Wittke (74) die dieses allerdings nur noch auf Anmeldung macht.

Wir waren bisher 3 mal dabei und es gab Kohlrouladen, Mehlbüddel und am Sonntag wurde uns Scholle serviert. Und das immer satt, äußerst lecker und zudem noch Preiswert.
Am Ende des Abends, wird immer gleich der nächste Termin vereinbart, denn Frau Wittke ist immer gut ausgebucht.

Ich habe Euch mal ein Zeitungsartikel der SHZ rausgesucht.


Quelle SHZ , 31.März 2006

Klickt auf den Zeitungsartikel und der Text ist besser zu lesen


:top :top :top

Yogibaer

  • Gast
Re: Menschen
« Antwort #5 am: Mittwoch, 07. Mai 2008 - 22:19:25 »
Aus der Norddeutschen Rundschau vom 6.5.08 stelle ich mal folgenden Artikel über den wirklich bewundernswerten Herrn Wieben ein:



Alter Profi, junge Hände: Ein Leben an der Orgel
Oelixdorf
/
kri

– Ein Blick in den Rückspiegel, dann tritt Walter Wieben das Pedal durch. Auto fährt der 94-Jährige schon lange nicht mehr, aber an die Orgel setzt er sich immer noch jeden Sonntag, um den Gottesdienst musikalisch zu begleiten. Den Rückspiegel an dem Instrument braucht er nach 76 Jahren nur selten. Wann er sein Orgelspiel beenden muss – dann, wenn der Pastor am Altar angekommen ist – weiß er oben auf der Empore, die Gottesdienst-Gemeinde im Rücken, meistens auch ohne den Blick in den Spiegel. „Das habe ich im Gefühl.“

Walter Wieben spielt seit über sieben Jahrzehnten die Orgel und ist damit einer der ältesten aktiven Kirchenmusiker in Deutschland – wenn nicht sogar der älteste. Die St. Martin-Kirche in Oelixdorf ehrte den Itzehoer jetzt dafür, der bis vor zwei Jahren auch noch den Kirchenchor leitete. „Er ist immer zur Stelle“, lobt Pastor Helmut Willkomm seinen Organisten: „Ein alter Profi mit so jungen Händen. Ich hoffe, wir werden noch seinen 100. Geburtstag zusammen feiern.“

Wieben wollte eigentlich Orchestermusiker werden – dafür ausgebildet ist er. Die Ausbildung zum Organisten absolvierte er gleich danach im Alter von 18 Jahren. Wenn er an das Jahr 1933 zurückdenkt, muss er lächeln: Damals spielte er im Kurorchester des damaligen pommerschen Moorbades Polzin Geige. Als der Organist im Ort einen Schlaganfall bekam, vertrat Wieben ihn von da an jeden Sonntag in der Kirche. „Nach dem Gottesdienst stand vor der Kirche schon das Taxi bereit und brachte mich zum Kurpark, wo ich dann im Kurorchester weiterspielte.“

„Musik ist mein Leben“, sagt er. Es gab Situationen, da konnte er das wörtlich nehmen. 1938 wurde er eingezogen. Drei Jahre später habe er mit seinen Kameraden vor Leningrad (St. Petersburg) gestanden. „Ich musste für die Offiziere Klavier spielen, während viele meiner Kameraden draußen erfroren.“

Im Winter spielt Wieben häufiger Klavier. „Ich habe zwei Seelen in meiner Brust: Orgel und Klavier.“ Wenn an kalten Tagen der Heizstrahler neben der Orgel nicht ausreicht, fährt Wieben nicht mit dem Fahrrad in das nahe gelegene Oelixdorf, sondern setzt sich ans heimische Klavier. „Meine Arbeit war immer Freude. Es kam mir vor, als hätte ich gar nicht gearbeitet.“ Auch Schallplatten mit geistlicher und weltlicher Musik hat Walter Wieben aufgenommen. „Ich bin zufrieden, wenn ich an der Orgel sitze.“ Es bereite ihm Freude, die frohe Botschaft des Evangeliums lebendig zu machen. „Eine alte Orgelinschrift lautet: Du spielst hier nicht für Dich, sondern vor Gott für die Gemeinde.“

Manchmal spielt er auch für seinen älteren Bruder im Pflegeheim, in anderen Altenheimen und begleitete auch die Hochzeit seiner Tochter musikalisch. Wieben möchte noch lange weiter Orgel spielen. „Meine Frau starb leider vor sechs Jahren. Jetzt gibt es keinen Grund für mich, zu Hause zu sein.“ Die Knie würden manchmal schmerzen, „Osteoporose – aber meine Finger sind noch flink“.





Walter Wieben

1929 bis 1931 besuchte Walter Wieben (geboren 6. April 1914) die Orchesterschule in Heide und legte vor dem Deutschen Kapellmeisterverband in Hamburg die Prüfung für Geige und Klavier ab.

1932 begann er die Ausbildung an der Orgel. 1934 folgte die landeskirchliche Prüfung für Organisten und Kantoren in Kiel, 1951 die B-Prüfung für Orgel.

Von 1934 bis 1964 war Wieben Organist in Hanerau-Hademarschen, dann kam er nach Itzehoe (St. Ansgarkirche im Stadtteil Sude und St. Michaeliskirche in Wellenkamp).

1977 ging er offiziell in Rente, blieb aber als Organist aktiv. Seit 1995 ist er Organist in der St. Martin-Kirche in Oelixdorf.

Quelle: SHZ vom 6.Mai 2008