Autor Thema: Schneekatastrophe 1978/79  (Gelesen 6493 mal)

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Guido

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Schneekatastrophe 1978/79
« am: Mittwoch, 26. Dezember 2007 - 08:51:54 »

Schneekatastrophe 1978/79

Welche Schneekatastrophe? Das wird sich jetzt von Euch sicherlich mancher fragen, der nicht "spürbar" die 30 überschritten hat.

Mir ist das noch recht gut in Erinnerung: Das Dorf (Westerhorn im äußersten Norden des Kreises Pinneberg) war damals tagelang von der Außenwelt abgeschnitten. Die Tante-Emma-Läden war ziemlich schnell ausverkauft, was die wichtigsten Lebensmittel anbelangte, und dann fiel auch noch zeitweise die Stromversorgung aus. Die Bauern hatten ihre Mühe, die Melkmaschinen mit von der Bundeswehr oder dem THW zur Verfügung gestellten Notstromaggregaten die Melkmaschinen in Betrieb zu halten. Die Kuhmilch wurden sie trotzdem nicht los, weil die Straßen für herkömmliche Lastwagen wie auch für Personenkraftwagen mehrere Tage lang unpassierbar waren. Selbst der DB-Nahverkehrszug von Hamburg nach Neumünster war gleich zu Beginn stundenlang in einer meterhohen Schneeverwehung zwischen Horst und Dauenhof steckengeblieben. Die Reisenden, darunter meine Mutter, mussten mit speziellen Schienen-Räumfahrzeugen aus dieser misslichen Situation befreit werden. Erst sechs oder sieben Stunden später trafen die Reisenden auf ihren Zielbahnhöfen ein.

Im weltweiten Netz habe ich dies gefunden:

Wikipedia: Schneekatastrophe in Norddeutschland 1978/79

Thomas Sävert: Winter 1978/79

Thomas Sävert: Schneesturm 1979 um Neuenbrook

Wer weiß dazu auch etwas zu berichten oder hat vielleicht sogar Bilder hier aus der Region?

wutz

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Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #1 am: Mittwoch, 26. Dezember 2007 - 09:16:54 »
Ja, daran kann ich mich gut erinnern, habe gerade mal nach Bildern gesucht, leider keine vorhanden. Itzehoe war nicht befahrbar. Mein lieber, das war recht heftig.

egmont

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Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #2 am: Donnerstag, 27. Dezember 2007 - 03:49:53 »

Schneekatastrophe 1978/79

Selbst der DB-Nahverkehrszug von Hamburg nach Neumünster war gleich zu Beginn stundenlang in einer meterhohen Schneeverwehung zwischen Horst und Dauenhof steckengeblieben. Die Reisenden, darunter meine Mutter, mussten mit speziellen Schienen-Räumfahrzeugen aus dieser misslichen Situation befreit werden. Erst sechs oder sieben Stunden später trafen die Reisenden auf ihren Zielbahnhöfen ein.


Zu der Zeit wohnte ich noch in Wrist, und bin täglich mit dem Zug nach Hamburg Altona gefahren. Den Zug habe ich glücklicherweise nicht benutzt. Ich bin einen Zug früher gefahren und noch einigermaßen durchgekommen. Verspätungen von 1 - 2 Stunden waren in den Tagen schon möglich. Die unterirdische S-Bahnlinie von Altona nach Landungsbrücken gab es noch nicht. Da die Autobusse nicht mehr fahren konnten, ging es dann zu Fuß bis zu den Landungsbrücken. 
Ich habe leider nur zwei nicht sehr aufregende Bilder vom Wochenende vor der Schneekatastrophe. Als es dann richtig los ging, war ich bei Tageslicht nicht  leider nicht in Wrist.





Johomo

  • Gast
Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #3 am: Donnerstag, 27. Dezember 2007 - 11:35:12 »
Zu dem Zeitpunkt arbeitete ich noch in Hamburg und bin täglich mit der Bahn gefahren. Entweder fielen die Züge aus oder sie fuhren mit bis zu 3 Stunden Verspätung.
 Unsere Mitfahrer-Clique, die jeden Morgen und Abend zusammen ein Abteil, immer im letzten Wagen, besetzt hielten, haben gesammelt und uns abends im Kaufhof Altona, der gerade neu eröffnet wurde, eine Flasche Whisky gekauft und uns auf den Bahnhof gewärmt. Doch leider war der Whisky schneller alle als der Zug da, und so musste noch eine Flasche kommen. So haben wir der Schneekatastrophe getrotzt und sind auch nicht erfroren  :trinken

Helmut

  • Gast
Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #4 am: Donnerstag, 27. Dezember 2007 - 12:04:44 »
1978/79 lebt ich noch bei meinen Eltern im Nordosten von Hamburg. Das Schlimmste der Schneekatastrophe ging haarscharf an uns vorrüber, begann nur wenige km weiter nördlich im Stormanischen. Wir waren grade eben noch in der Region, wo wir uns als Jugendliche über sehr viel Schnee und Kälte gefreut haben und in Gemeinschaft hat das Schneeschieben sogar Spaß gemacht. Autos fuhren sich in Schneewehen fest oder generell hatten damals noch viele Autos Probleme mit dem Kaltstart (sofern die Straßen denn geräumt waren) und wir Jugendlichen halfen doch gerne und schoben die Gefährte durch bzw an - nicht ohne vorher mit breitem Grinsen darauf zu verweisen, dass wir für die Wochenend-Fete noch ein wenig Ausstattung bräuchten und den freundlichen Hinweis anfügten: "Aalns, wat klötern deit, is good. Aalns, wat rascheln deit, is beeter ..."

Selten waren die Nachrichten so spannend wie in jenen Tagen. Unweit von uns lag damals die Boehn-Kaserne. Nicht wenige Soldaten rückten zum Schneedienst aus inkl schwerem gepanzertem Gefährt; dort waren ein oder zwei Berge-Leos aber auch andere räumfähige Fahrzeuge stationiert - ein durchaus beeindruckender Anblick.

Und ein sehr persönliches Erlebnis an diesen Winter habe ich auch doch:
Lange bevor Schnee und Kälte kam, habe ich mir in meinem jugendlichem Leichtsinn und Übermut vorgenommen, den ganzen Winter auf Handschuhe und Mütze zu verzichten, inkl der täglichen Fahradfahrten zur Schule.

Das hat dann an manchen Tagen verdammt weh getan - aber ich hab's durchgehalten!

Alex

  • Gast
Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #5 am: Donnerstag, 27. Dezember 2007 - 19:35:11 »
Nicht wenige Soldaten rückten zum Schneedienst aus inkl schwerem gepanzertem Gefährt; dort waren ein oder zwei Berge-Leos aber auch andere räumfähige Fahrzeuge stationiert - ein durchaus beeindruckender Anblick.
Und wer war ausgerechnet da beim Bund? Richtig geraten. Zu dieser Zeit waren die meisten Soldaten im Einsatz und nur wenige durften  nach Dienstschluß die Kasernen verlassen, da Bereitschaft herrschte.  Zusätzlich versorgt wurde die Truppe im Einsatz größtenteils durch die Bevölkerung. Tee, Kaffee oder auch etwas zu Essen wurde den Schnee- Räumern gereicht und auch dankend entgegen genommen. 

Capitano

  • Gast
Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #6 am: Donnerstag, 27. Dezember 2007 - 20:46:23 »
Ich machte zu der Zeit gerade ein Reise nach Südafrika. Als hier  alles im Schnee versunken war, schipperten wir gerade bei sommerlichen Temperaturen am Kap der guten Hoffnung vorbei in Richtung Hamburg. Als wir wieder hier waren war es zwar noch richtig Winter und lausig kalt, aber die Katastrophe war schon vorbei.
« Letzte Änderung: Donnerstag, 27. Dezember 2007 - 22:19:55 von Capitano »

Hülle

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Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #7 am: Freitag, 28. Dezember 2007 - 14:22:15 »
Ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern!
Wir sind mit unserem Lkw damals in einer 2,5 Meter hohen Schneewehe kurz vor Neuenbrook stecken geblieben.Für mich war es lustig aber für andere Verkehrsteilnehmer der blanke Horror...
Aber mal wieder eine Schneeballschlacht machen oder mal wieder Schlittschuhfahren auf der Edendorfer Tonkuhle,das wäre schön!

Ja ,lang ist es her...

Spacecat

  • Gast
Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #8 am: Samstag, 29. Dezember 2007 - 20:30:02 »
Oh, ja, an die Schneekatastrophe kann ich mich auch noch sehr gut erinnern.

Ich war zu der Zeit fast 15 Jahre alt und habe noch bei meinen Eltern in Langballig (an der Flensburger Förde) gewohnt. Dort und in Dänemark war es ziemlich heftig.

Am 27.12. ging es los. Der Wind kam aus Osten und mit dem Schnee zusammen bildeten sich schon bald heftige Schneeverwehungen auf der B 199. Noch dachte die meisten, das legt sich. Aber es wurde immer schlimmer. Am 29.12. fiel dann der Strom aus und es sollte bis Neujahr dauern mit dem Stromausfall.

In unserem kleinen Spar-Laden vor Ort wurden die Kerzen knapp. Unser Nachbar mit großer Landwirtschaft konnte seine Schweine nicht mehr automatisch füttern.
Mit vielen Helfern von der Feuerwehr wurden die 700 Schweine von Hand gefüttert. Einige Bauern gruben Kuhlen in den Schnee, legten diese Kuhlen mit Folien und Planen aus uns gossen die gemolkene Milch hinein. Sie fror dann ein, aber ich weiß nicht , ob sie tatsächlich verwertet wurde. Aus hygenischer Sicht war es ja nicht ganz ohne.
Viele Nachbarn hatten eine kalte Bude, weil die Zentralheizung nicht funktionierte.

Wir hatten zum Glück noch einen Ölofen im Wohnzimmer und einen Badeofen, der mit Holz befeuert wurde. Weil mein Vater eine Zimmerei besaß, wurde das Holz nicht knapp und wir konnte Viele mit warmen Wasser versorgen. Meine Mutter kochte auf dem Ölofen eine Gulaschsuppe und versorgte  Bekannte.

Wir Kinder halfen mit Schneeschippen und bekamen (nach Meinung unserer Eltern  ;D) den ersten Appelkorn. An Silvester ohne Strom spielten wir bei Kerzenschein mit der Familie Monopoly, eigentlich schön. Am Neujahrstag war schönstes Wetter und der Strom war auch wieder da. Der benachbarte Bauernsohn, mein Bruder und ich fuhren im Trecker zu einem Einsiedlerhof und brachten den alten Bewohnern heiße Suppe im Henkelmann, sowie eine Thermoskanne Tee. Ich kann mich noch genau erinnern: Im Radio(hypermodern im Trecker installiert!!) lief NDR2 mit den neuesten Nachrichten und zur musikalischen Unterstützung Adamo mit dem Song "Guten Morgen, schönes Wetter!" Das sind Momente, die man nie vergisst.  8)
Für uns war es eine Riesengaudi, die den Kreisen SL und NF eine zusätzliche Woche Ferien bescherrte. Nur zu meinem Geburtstag am 6.Januar bekam ich nicht so viel, weil die Straßen nicht passierbar waren und keine Geschenke gekauft werden konnten.

Schlimm war es für alte und kranke Menschen. Mein Vater, ein Asthmatiker, hatte furchtbare Angst, dass sein Inhalationsspray ausgehen könnte. Das trieb ihm echt den Schweiß auf die Stirn. Erst als Hubschrauber kamen und Medikamente abluden war er wieder beruhigt.

Es dauerte eine ganze Zeit, bis die Straßen nach Flensburg und Umgebung wieder passierbar waren.

Wer kann sich dann erinnern, dass der Schnee den Norden nur 6 Wochen später erneuert heimsuchte? Zwar war nicht ganz so schlimm, aber zur Schule konnten wir wieder nicht.  8)
« Letzte Änderung: Samstag, 29. Dezember 2007 - 20:37:42 von Spacecat »

Martin100

  • Gast
Re: Schneekatastrophe 1978/79
« Antwort #9 am: Sonntag, 30. Dezember 2007 - 17:18:25 »
Hallo,


Schlimm war es für alte und kranke Menschen. Mein Vater, ein Asthmatiker, hatte furchtbare Angst, dass sein Inhalationsspray ausgehen könnte. Das trieb ihm echt den Schweiß auf die Stirn. Erst als Hubschrauber kamen und Medikamente abluden war er wieder beruhigt.


Hallo,
 solche Panikattacken gab es damals oft.

Ich war damals im "erweiterten Kat-Schutz" tätig. Unsere Hauptaufgabe war neben
der Zuordnung von eingeschneiten, verlassenen PKWs, die Beruhigung der Leute.

Dramatische Notlagen gab es im Kreis Steinburg eigentlich nicht.

Bewehrt hatte sich das System der Freiwilligen Feuerwehren vor Ort.

Auch die Hilfe der Bundeswehr war wirkungsvoll. Das fehlen dieser Kräfte im Kreis,
wird sich irgendwann mal negativ im Kat-Fall auswirken.  Für diese Lücke wurde
kein Ersatz geschaffen.

Was mich im Vergleich zu Heute auch noch nachdenklich macht, ist die Versorgung der
Bevölkerung. Damals hatten die Läden/Supermärkte noch Läger.

Das ist heute nicht mehr der Fall. Das Lager ist das Regal. Wird diese Logistik für zwei Tage
unterbrochen, gibt es nichts mehr.


mit klimaerwärmenden Grüßen

Martin



wutz

  • Gast
« Letzte Änderung: Donnerstag, 01. Januar 2009 - 20:31:43 von Der Derbste »