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Reisebericht Schottland

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Katja:
Teil 7

Schottland Teil 7 – oder Blümchenmuster trösten nicht

Okay, irgendwie hatte ich es geahnt, hatte mich auch schon in mein Schicksal ergeben und war bereit, auch diesen Morgen zeitig –SEHR zeitig – zu beginnen! Wird man eigentlich bestraft, wenn man sich von „seelischer Grausamkeit mehrerer Mitreisenden“ getrieben zu einem Mord hinreißen lässt?
Ich halte es sogar für einen Akt der Körperverletzung, wenn man im Urlaub um halb 6 (5:30 h!!!) davon geweckt wird, daß die Tür des Wohnmobiles nicht nur zugeworfen wird – was natürlich unglaublich scheppert – NEIN, sondern sie von außen dann auch noch so fest zugedrückt wird, daß das Gefährt komplett anfängt zu schaukeln wie ein Fischkutter bei Windstärke 10!
Und weil man ja gewissenhaft ist – drückt man besser noch einmal dagegen –kräftig!! „Zu-er als zu geht nicht!“ wollte ich sagen, doch das wäre ein kompletter Satz gewesen, der angesichts dieser unchristlich frühen Stunde einfach noch nicht über meine Lippen wollte.
20 Sekunden nach dem „Erdbeben“ ging die Tür plötzlich ruckartig wieder auf, fast 2 Zentner Lebendgewicht polterten über die fragile Auszieh-Treppe, die das Einsteigen erleichtern sollte, aber nun als physikalischer Hebel mißbraucht wurde: mein Alkoven glich wirklich einer Hochseekajüte!! „Zahnpasta vergessen!“ wurde den noch halb-schlafenden und nicht wirklich interessierten Mitreisenden zugerufen – wieder knallte die Tür – wieder Erbbeben...wieder ein Mord-Gedanke! Dieses Mal wohl kollektiv, denn ich hörte noch 2 wütende Schnaufer aus zwei weiteren Betten! Lore brachte sogar ein „Muß das sein?!“ heraus, wofür sie meine geballte Hochachtung erhielt. Ich war immer noch nicht fähig zu sprechen!

Doch an Schlaf war auch nicht mehr zu denken! War doch zu befürchten, daß Gerda und Annegret innerhalb der nächsten halben Stunde zurückkommen! Und dann auch noch geduscht – somit auch NOCH redefreudiger!!! Nein, DAS wollte und konnte ich mir nicht antun und turnte aus meinem schönen, gemütlichen, mollig-warmen Bett! Meine Klamotten hatte ich am Vorabend schon bereit gelegt – nur für den unwahrscheinlichen Fall, daß ich einmal die erste sein sollte! Wäre ich vor den Mädels wach geworden, hätte ich – mit einem Griff- meine Brocken nehmen können, mucksmäuschen-still aus dem Wohnmobil schleichen und nahezu unbemerkt in die freie Natur entfleuchen können. Nur ein Frischluftzug vom Öffnen der Tür hätte mich verraten können! Hätte, wäre könnte – es hat nicht sollen sein und so verschwand ich – gerade noch den Gasherd anwerfend- und in der Hoffnung auf einen frischen Kaffee bei meiner Rückkehr, Richtung Waschräume.

Rosa gestrichen waren die Dusch-Räume, abgesetzt mit einem hellen Gelbton, der mich (fast) wieder gnädig stimmte! Aber nur fast....(ich kann so schön schmollen!!) und auch die Blümchen-Dusch-Vorhänge sollten daran nichts ändern.... oder doch?! Okay, Morgenmuffel hin oder her – damit kann man sich den ganzen Tag versauen, so dachte ich. Schließlich waren wir in Schottland und wir hatten Urlaub! Das war das „Engelchen“ auf meiner Schulter rechts; Teufelchen links: „Ja, und du hast Urlaub und stehst um ¼ vor 6 unter der Dusche!“ Engelchen: “Heute schaut ihr euch Duff House an! Ein unglaublich schöner Herrensitz –wunderbare Gemälde, tolle antike Möbel, der Himmel ist (fast) blau, die Vögel zwitschern!“ Teufelchen: „Ja, und das einzige, was die Weiber interessieren wird, ist, ob es dort ein Klo, einen Shop und etwas zu trinken gibt! Und wehe dir, wenn nicht!“
Schizophrenie definiert sich im Wörterbuch als „gespaltene Persönlichkeit“...war ich auf dem Weg dorthin? Waren Engelchen und Teufelchen nur die ersten Anzeichen für einen Nervenzusammenbruch oder gar für eine unheilbare Krankheit?
Ich war einmal auf einem Jürgen-Höller-Seminar (Motivationstraining) und ein Satz ist mir davon in Erinnerung geblieben: gibt nie, gib NIEMALS auf! Okay, ich wollte es versuchen! Höller sitzt ja jetzt im Knast und ich...ich war mit meinen Mädels in Schottland!

Ich überlegte, wie ungerecht die Welt ist: warum war Höller nicht mit mir in Schottland und meine Mädels im Knast? Mit diesen philosophischen Ergüssen gedanklich schwanger föhnt ich mir die Haare – 20p hatte ich schon ausgegeben....das erinnerte mich daran, daß ich noch einmal Geld tauschen musste!
Ach ja, habe ich schon erwähnt, daß meine Mädels es für angebracht hielten, daß ich die Gemeinschaftskasse verwalten sollte? Ich müsste ja sowieso tanken, einkaufen und Essen bezahlen, dann könnte ich doch auch....und überhaupt, ich könne ja auch viel schneller umrechnen! Dummstellen schafft Freizeit!
Aber diesen Zahn hatte ich ihnen ja wohl hoffentlich gezogen, als ich im Rausgehen noch schnell den Kessel aufgesetzt habe....oder nicht?
Ich ging einen Schritt schneller, denn vor meinem geistigen Auge sah ich schon, wie Dampfschwaden das Innere des Wohnmobiles ausfüllten, dicke Tropfen von der Decke hingen.....ich riß die Tür auf – und ....roch den Kaffee!!!!
Was soll ich Euch erzählen? Ich brachte ein durchaus freundliches „Guten Morgen!“ zustande!!! Es war morgens um 6:25h!!

Wenn man schon um 7:00h frühstückt, anschließend das Wohnmobil aufräumt und saubermacht (Fegen ist Pflicht!! Tannennadeln unter den (bar-)Füssen pieken entsetzlich!), beginnt man das eigentliche Tagesgeschäft ziemlich früh: schließlich waren wir nicht zum Vergnügen hier, oder doch?
Also brachen wir auch sehr zeitig auf, in die Innenstadt von Banff zum Einkaufsbummel Nr. 978!
Es scheint zwar merkwürdig, dennoch sind die Sehenswürdigkeiten nicht auf meine Mädels ausgelegt und öffnen ihre Pforten meist erst zwischen 10 und 11 Uhr am Vormittag! Und so konnten wir und Banff anschauen, ein bißchen Geld ausgeben (vorher wechseln!) und damit die Zeit überbrücken, bis das Duff House seine Türen für uns öffnen sollte.

In diesem Herrenhaus hätte ICH einkaufen können! Wunderbare alte Möbel, Wandteppiche mit entzückenden Tier- und Blumenmotiven (zugegeben „etwas“ zu groß für unser Häuschen!! Wir haben keine Wand in den Abmessungen 5 x 8 Meter!), traumhaft schönes Porzellan, das in einem antiken Esszimmer eingedeckt für ein Gala-Diner zu bewundern war...wenn ich schon einmal etwas haben wollte: Unverkäuflich sei alles, erklärte mir ein als Butler verkleideter Angestellter, der bemerkte, wie ich einen Zettel aus der Tasche zog, um einen „Wunschzettel“ zu schreiben. Der 3. Stock dieses Anwesens wird für immer wechselnde Ausstellungen genutzt; als wir dort waren, konnten wir eine Ausstellung verschiedener Handarbeiten bewundern!
Häkeldeckchen, gestrickte Baby-Wäsche, Fußbänke mit Petit Point-Stickereien, Gobelins, Kreuzstichtischdecken und vieles mehr...
Wieder im Erdgeschoß angekommen , habe ich die Witterung aufgenommen, die mich zielsicher wie ein Bluthund zur Beute, immer zu einer Tasse frisch gekochtem Kaffee führt! Tatsächlich – im ehemaligen Empfangszimmer war nun eine Cafeteria untergebracht!

Frisch gestärkt und im Kopf immer noch meinen Wunschzettel, machten wir uns auf, um den Coast Trail weiter Richtung Süden zu fahren. Immerhin hatten wir die Hälfte unserer Reise schon hinter uns gebracht und befanden uns nun fast unmerklich auf dem Weg zurück.
Unweit von Banff lockte uns ein Städtchen nur mit seinem Namen „Gardenstown“.
Laut Karte liegt es genau am Meer und so erhoffte ich einen „Geheimtipp“ zu finden, denn Garten in Verbindung mit Meer brachte meine Phantasie in Schwung.

Ich hätte es wissen müssen – irgendetwas stimmt nicht mit diesem Ort!! Schon bei der Ortseinfahrt hätte ich umdrehen sollen: eine „Tankstelle“ –eigentlich waren es nur zwei Zapfsäulen- lag genau am Berg. Vollzutanken war hier unmöglich, denn das Wohnmobil stand so sehr am Hang, daß sich die Zapfpistole zwar automatisch abstellte, die Tankuhr aber später nur ¾ Voll anzeigte. Ein Kassenhäuschen gab es nicht, man musste in einem Lebensmittelladen bezahlen! Hier ging die Anzeige aber nicht korrekt, so daß die freundliche Dame hinter dem Thresen nun nicht wusste, ob ich für 20,45 oder für 29,45 getankt hatte. Die Wahrheit war, und ich sagte es ihr auch: 28,45 Pfund! Schnell noch ein paar süße Kuchen (sahen verflixt gut aus: mit Kokos und Schokolade – wie ein kleiner Negerkuß!) und ein paar Petit fours eingepackt – wahrscheinlich mehr Umsatz für die „Tankwartin“ als die ganze Woche zuvor nicht zusammen ! Und weil Tankwarte immer gern Auskunft geben, fragte ich, ob ich mit diesem Camper (und deutete auf unser Gefährt) denn bis zum Hafen fahren und dort auch parken könnte. Sie bejahte, eifrig nickend, aber ich sollte mich an die Hinweisschilder „zum Hafen“ halten. Was ich auch tat – ich dumme Nuss!

Es sah so einfach aus – die Straßen zwar steil und furchtbar eng, aber Gegenverkehr gab es in diesem Örtchen wohl das letzte Mal 1924! Immer auf der Suche nach den Gärten, die diesem Ort den Namen gaben, aber niemals die Hinweisschilder „zum Hafen“ aus den Augen – fuhr ich langsam aber sicher um eine Biegung und stand.....auf der Hafenmauer! Sackgasse – ohne Möglichkeit zu wenden! Rechts das Meer, links eine Mauer – Türe öffnen und fliehen war unmöglich! Schräg rechts hinter mir parkte ein Auto – links führte eine 22%ige Steigung wieder aus dem Ort heraus! Aber die musste ich erst einmal VORWÄRTS erwischen, was bedeutete, ich musste rückwärts um das parkende Auto herum in die schmale Straße rechts einbiegen!! Hört sich einfach an, oder? Aber immer noch – bei dem bloßen Gedanken daran – bricht mir der Schweiß aus!
Obwohl wir bei unserer Ankunft keine Menschenseele gesehen haben, bevölkerte sich der Ort des Geschehens in Windeseile! Ich hatte später die Tankwartin in Verdacht!! Sicher war sie auch so etwas wie eine Bürgermeisterin, die ihren Mitmenschen einmal wieder eine Attraktion bieten wollte! Eine dusselige Deutsche, die ihr riesiges Gefährt in eine nahezu unmögliche Situation manövrierte!! Und wahrscheinlich war sie es auch, die einen Anwohner des Hafens dazu aufgefordert hatte, sich mir in seinem PKW von vorne zu nähern!
Ich schickte also meinen Beifahrer nach hinten, verbot sämtliche Gespräche oder auch nur lautes Luftholen und zirkelte Millimeter um Millimeter um die Kurve bis ich das Wohnmobil in eine Position gebracht hatte, in der ich die steile Ausfahrtstraße vorwärts erreichen konnte.
22% Steigung sind schon eine ganze Menge – und das einzige Mal fand ich, das Wohnmobil sei untermotorisiert! Aber ich schaffte es und erhielt auch prompt Szenenapplaus – von den Mädels und – so konnte ich im Rückspiegel noch erkennen- auch von den Anwohnern!

Auf einer geraden, nahezu horizontalen Straße hielt ich links an – bat um etwas zu trinken und ein Stück Schokolade und es dauerte gerade einmal 5 Minuten, da hörte auch das Zittern in meinen Knien auf!
Sollte jemand von Euch einmal nach Gardenstown kommen, schaut doch mal nach, ob dort irgendwo im Ortsarchiv meine Geschichte zu lesen ist, oder vielleicht sogar ein Bild vom Fahrzeug auf der Hafenmauer in der Tankstelle im Tante-Emma-Laden hängt.
Übrigens dachte ich ernsthaft daran, noch einmal zurück zu fahren, und die Frau im Laden zu verhauen!!
Nun wollte ich nur noch weg – und es war mir scheißegal (Entschuldigung!!!!), ob es hier nun noch irgendwo Gärten gab oder nicht!

Wir folgten den Coast Trail weiter und fanden nach ca. 40 Kilometern einen wunderbaren Strand. In einer kleinen Bucht brüteten Seevögel aller Arten und man konnte dort sogar noch die Überreste einer frühhistorischen Festung erkennen.

Merkwürdigerweise haben wir dort einen Pärchen in einem kleinen Camper getroffen, die wohl die unglaublichste Spezies von Kölnern waren: stur und unfreundlich! Na ja, vielleicht hatten sie das Wohnmobil ja auch nur geliehen in Köln! Wir waren ja auch nicht aus Ahrweiler!!!

Wir hielten uns gerade so lange dort auf, bis die Sonne die kleine Bucht nicht mehr ausfüllte und zogen weiter Richtung Fraserburgh.
Diesen Tag hätten ich für mich eigentlich voll streichen und unter „nicht erwähnenswert“ abhaken können, wenn wir dort – zwischen Fraserburgh und Peterhead- nicht einen traumhaft schönen Platz zum Übernachten gefunden hätten: mitten in den Dünen, 20 Schritte zum Wasser – kein „no overnight parking“-Schild, das nun doch mein schlechtes Gewissen geregt hätte... PERFEKT!!!

Nun, wenn Ihr mögt mehr in Teil 8....

Katja:
Teil 8

 

Schottland Teil 8 oder: Doch noch eine Hochzeit


Nur ungern verließen wir diesen traumhaft schönen (Nacht-)Platz, um weiter Richtung Aberdeen zu fahren. Aberdeen selbst wollten wir uns NICHT ansehen, denn wie überall an der Ostküste sind die größeren Ortschaften auch gleichzeitig auch riesige Industrieansammlungen, die vielleicht interessant, aber nicht unbedingt sehenswert für uns Touris sind.
Außerdem ist der Coast Trail eigentlich so wunderschön, als daß man ihn meilen- ...Entschuldigung ....kilometerweit fahren kann, ohne auch nur einen Moment Langeweile zu empfinden.
Die Straße macht es für den Fahrer nicht einfach, nicht doch ab und zu den Blick schweifen zu lassen über die unglaubliche Küstenlandschaft mit dem wunderbaren Farbenspielen der Natur. Denn auch hier handelt es sich zum großen Teil um schmale Straßen, die ein plötzlich entgegen kommendes Fahrzeug erst unmittelbar vor dem Crash erkennen läßt. Ausweichbuchten sind rar und so fährt man/frau eben langsam. Hier hätte ich manchmal gewünscht, daß eines meiner Mädels sich doch bitte auch einmal hinter das Steuer setzt!

Immer, wenn dieser Wunsch in mir hochkam, dachte ich daran, daß sie dann aber auch Balmoral Castle auf der Karte entdecken würden, an dessen einziger Zufahrtstraße wir vorbei kommen würden. Ich hatte nämlich beschlossen, diesen Punkt NICHT anzufahren und hätte ich dieses ausgesprochen, wäre eine Diskussion darüber unvermeidlich gewesen.

Warum, werdet Ihr fragen, Balmoral soll doch herrlich sein, nicht umsonst ist hier die Sommerresidenz der königlichen Familie! Nun, Ihr Lieben, das ist nicht so einfach zu beantworten, darum hole ich ein wenig aus, und erzähle Euch von der Begebenheit, die sich einmal vor ca. 4 Jahren in Rothenburg ob der Tauber abgespielt hat. Ich hatte beruflich in Herrsching am Ammersee zu tun und fand es eine nette Geste, Linde und Lore zu fragen, ob sie nicht mitkommen und sich dort einen schönen Tag machen wollten, während ich einen blöden Vortrag hielt, über ein Thema, das ich längst vergessen habe. Allzu gern stimmten sie zu, was den Vorteil hatte, daß ich nicht allein fahren musste. Die Strecke maß ca. 630 km und ich hatte geplant, dort zu übernachten. Auf dem Rückweg wollte ich in Rothenburg noch schnell mal eben bei Käthe Wohlfahrt herein schauen und –wieder mitten im Sommer- in wunderschön-kitschigem Weihnachtsschmuck zu stöbern. Rothenburg ist eine ganz hübsche kleine Stadt mit viel Flair, wo sogar die McDonalds Filiale einen gewissen Stil besitzt. Und überhaupt: kennt Ihr die Schneebälle, diese süße Köstlichkeit? Das allein war ein Grund, weswegen ich dort halten musste! Nun gut – ein Parkplatz war ruck zuck gefunden (kostenfrei) und auf dem riesigen Marktplatz angekommen, sahen die Mädels ihn sofort: Gotthilf Fischer! Beide Mädels entwickelten sich plötzlich zu über 60-jährigen Groupies, liefen laut fiepend über das Kopfsteinpflaster, zogen währenddessen aus der Handtasche ihr Notizbüchlein, um den völlig verwirrten Gotthilf um ein Autogramm zu bitten! Gott, war mir das peinlich!!!! Als die beiden dann –mit hochrotem Kopf, aber glücklich über einen Kugelschreiber-Kringel (was ein Autogramm sein sollte!) wieder zu mir zurück kamen, habe ich zur Strafe gefragt: „Wußtet ihr eigentlich, daß Gotthilf ein Toupet trägt?“ Das ganz entschiedene „NEIN!“ kam von anderer Seite: eine empörte, auf jung getrimmte Mittsiebzigerin hatte meine Aussage gehört. „Nein“, wiederholte sie noch einmal „Ich bin Friseurin und würde sofort sehen, wenn jemand ein Haarteil trägt! Und er hat das gar nicht nötig, bei seiner Haarpracht!“ Um Gottes Willen, noch ein Fan! Und wie sie dieses „er“ betonte....wie schön muß es sein, wenn man Fan von irgendjemandem ist!!! (Und er trägt DOCH einen Fiffi!!)
Nun gut, aber zurück zum Thema: wenn ich nun meine Mädels nach Balmoral gefahren, wir dort unter Umständen tatsächlich einen Royal zu Augen bekommen hätten,....wie wäre die Reaktion wohl DANN gewesen??? Nein, ich wollte bestimmt nicht, daß die Bodyguards meine Mädels den Arm umdrehen, nur weil sie sich kreischend um ein Autogramm von Prinz William zu bekommen, ihm vor die Füße geworfen hätten. Schon das Konterfei auf einer Briefmarke zu Ehren des 21. Geburtstages von Willi ließ meine Mädels fast in Extase ausbrechen....was sollte es denn dort bloß geben? Nein, nein, also fuhr ich lieber – schlich mich an der Abfahrt vorbei und hielt erst an, als wir nach Stonehaven kamen.

Stonehaven ist ein wunderschöner, kleiner Ort, der mit sehr viel Charme zum Bummeln einlud. Auch eine Apotheke konnten wir dort finden – mussten es auch, denn Lore hatte zu wenig von ihren Tabletten eingepackt, die sie dringend braucht! Doch auch hier gibt es scheinbar sehr viel Bürokratie, denn ohne Rezept konnte uns der überaus freundliche Apotheker leider nicht helfen. So ein Mist, denn Lore hatte vor 3 und vor einem Jahr jeweils einen Schlaganfall und das erste Mal wurde mir ein bißchen schwummerig, wegen dem, was passieren könnte.... nein, zu einem Arzt hier wollte Lore nicht, sie würde die Dosierung einfach halbieren und sich damit dann „über die Runden bringen“. Lore ist –einen Vorsatz gefasst- genauso stur wie ich! Also waren alle vereinten Zureden vergebens – Lore wollte nicht zum Doc! Außerdem hätte sie noch für heute und morgen die Komplette „Dröhnung“ und dann würden wir weitersehen....
Dieser Gedanke im Hinterkopf machte mich nicht froh! Und das aus zweierlei Gründen: zum einen hatte ich natürlich panische Angst davor, daß Lore mangels Medikamenten aus den Latschen kippt, weil gerade DIESE Pillen ziemlich wichtig sind und zum anderen musste ich unsere Tour umstellen.
Das hieß, daß ein Highlight fehlen würde: Thirsk in Yorkshire, dort wo der echte James Herriot gewirkt hat! (nur für den unglaublichen Fall, daß jemand von Euch NICHT weiß, wer das war: Der Doktor und das liebe Vieh –sagt Euch sicher etwas!)
Wie gut, daß ich meine Tour nicht VORHER bekannt gegeben habe: spätestens JETZT hätte Lore das Zeitliche gesegnet – von der aufgebrachten Weiberschar gemeuchelt ob der entgangenen Urlaubsfreuden. Also hielt ich den Mund, litt schweigend, denn auch ich wäre gern dort hingefahren.
Ich versuchte also diesen Gedanken auch noch zu verdrängen, wie ich vorhatte, die vergessenen Tabletten für die nächsten 2 Tage noch aus meinem Hirn zu verbannen – dann sollten wir weitersehen! Es klappte nicht ganz und so erwischte ich mich dabei, wie ich Lore beobachtete: war da nicht ein Anfall von leichter Röte im Gesicht festzustellen? Sprach sie nicht gerade langsamer als sonst? Trank sie genug? – kurz: ich hörte die Flöhe husten!

Doch zurück zur Tour: in Stonehaven angekommen war der erste Blick meiner Mädels ....Ihr wisst es längst!! Okay, zu diesem Zweck suchten wir uns einen Platz, an dem wir morgens um 11 Uhr einen Kaffee bekommen könnten – und ihn wieder wegbringen!
Die einzige Lokalität, die bereit war, uns einen Kaffee auszuschenken, war ....bitte nicht schlagen: ein irischer Pub!!! Ich wies die Mädels nicht explizit darauf hin und überlegte mir ein passende Ausrede, sollten sie doch die Harfen auf den kleinen Schildchen sehen, die den Verzehr von Guiness anpriesen....Gott, war mir das einlich! Es achtete keiner darauf, auch nicht, daß dieser Kaffee (ETWAS dicker, als normal!) satte € 4 kostete – nicht zusammen, sondern pro Tasse!!!
Ich erspare Euch die Einkäufe aufzulisten, die wir dort erledigten, aber seid gewiß: wir wurden wieder einige Pfunde leichter! Sooooo niedliche Schilder mit Katzen....Bilderrahmen mit solchen.....Postkarten aller Art...ich musste zuschlagen, und das erste Mal seit Beginn unserer Reise hatte ich ein Verlangen, etwas Bestimmtes einzukaufen: ein Cape (oder besser eine Art Schal), der aus fein gewebter Wolle der schottischen Schafe und in einem wunderschönen Tartan-Muster ganz prima im Herbst über einen Pullover oder Mantel zu tragen wäre. Ihr glaubt ja nicht, wie ein Wunsch plötzlich zur fixen Idee werden kann...dabei hatte ich dafür meine Mädels schon ein paar Mal verflucht – nun war ich selbst nicht besser!!!! Dieser Schal ging mir nicht mehr aus dem Kopf – ich hatte ihn ca. 300 km früher gesehen (!!!ich dummes Stück hatte NICHT zugeschlagen, sondern mich über meine Mädels amüsiert!!) und nun war er da – in meinem Kopf und nicht um meine Schultern. Ein Traum in dunklem grün und weichen-warmen Lila-Tönen!
Okay, mache Wünsche erfüllen sich eben nicht, dachte ich, ein bißchen traurig. Aber da ich die Hoffnung NIE aufgebe, auf meine Mädels als Detektive zählte, die mir bei der Suche nach einem ebenso schönen Stück behilflich sein sollten, auf die Auswahl in Edinburgh hoffte...ich würde meinen Schal schon noch bekommen! Vorsichtshalber nahm ich die Maße und den Schnitt ab, um mir eventuell zuhause doch etwas ähnliches nachzunähen....

Von Stonehaven machten wir uns auf, um Richtung Edzell Castle und Gardens zu fahren. Auch hier sind die Straßen noch ein Stückchen schmaler und die Gefahr , daß uns jemand entgegen kommt, war allgegenwärtig und meine Fahrweise durchaus als angemessen zu betrachten. Überall diese wunderschönen Gärten vor und hinter den Häusern, dann aus den Ortschaften heraus und durch dichten Wald, wo die Sonne durch den Blätterhimmel ein unglaubliches Muster auf die Straße warf! Wieder ein herrliches Schauspiel der Natur, ohne Eintritt und ohne....ja, ohne daß meine Mädels es mitbekamen...sie schliefen den Schlaf der Gerechten, sind wir doch schon sehr früh aufgestanden!
Plötzlich riß ein lauter Knall meine Mädels aus dem Schlaf – und mich aus meinen Gedanken! Ein kleiner Transporter in einem irren Tempo, die Kurven schneidend, hatte unseren Außenspiegel erwischt und mit einem furchtbaren Getöse an die Karosserie geschlagen. So schnell, wie er da war, war er auch schon wieder weg! Natürlich hatte auch er diese Karrambolage merken müssen... Idiot!! Er fuhr einfach weiter! Nun ist das Wohnmobil für eine Verfolgungsfahrt nicht motorisiert, meine Mädels für ein solches Unterfangen nervlich ungeeignet und so ließ ich ihn schweren Herzens des Tatort verlassen, ohne ihn zur Rede stellen zu können! Der Spiegel hing noch im Rahmen, allerdings hatte ich ein Spiegel-Puzzle, der nun -wie ein Kaleidoskop - witzige Motive in mein Blickfeld brachte – allerdings nicht mehr, was auf der rechten Seite hinter mir vor sich ging! (wer denkt sich diese Redewendungen aus: hinter mir vor sich!!!???)
Trotz dieses Zwischenfalles –ich hatte mich auch wieder abgeregt- erreichten wir Edzell gegen 12:45h. Wieder einen Stempel in unser Sammelheft, aber auch die Mitteilung, daß wir noch ein wenig warten müssten: um 13:30h sollte nämlich eine Hochzeit auf dem Gelände dieses ehemaligen Schlosses stattfinden...aber wir sollten bitte warten, denn der Besuch der Ruinen und des Garten lohne sich auf jeden Fall!
Ich parkte unser Zuhause im Schatten, setzte einen Kaffe auf, schmierte ein paar Brote (wieso eigentlich immer ich?) und wir beobachteten den Zufahrtsweg dieses Anwesens gespannt, ob und wer dort heiraten sollte.
Absichtlich hatte ich NICHT übersetzt, daß es sich um eine echte schottische Hochzeit- also im Kilt und mit Dudelsack-Musik- handeln sollte. Sie können alles essen, aber nicht alles wissen, außerdem könnte ich ja immer noch sagen: EXTRA für euch habe ich den Besuch heute hier so arrangiert! Wenn es nicht schön oder außergewöhnlich geworden wäre, hätte ich den Mund gehalten. Wir hatten gerade unser Butterbrot in der Hand, da kam der erste Wagen. Geschmückt mit Blumen– also genau wie bei uns! Aber da war eine Fahne mit einem Wappen auf dem Kotflügel – also musste es eine besondere Familie sein, die sich hier zur Zeremonie traf. Für meinen Geschmack war der Bentley ein bißchen zu protzig...
Ich weiß nicht, ob Ihr die Proportionen eines Wohnmobiles kennt, darum erzähle ich Euch lieber, was ich beobachten konnte! Als Fahrer hatte ich den Vorteil (Aussteigen und Filmen oder fotografieren hatte ich VERBOTEN!!), vorne sitzen zu dürfen – die große Windschutzscheibe als panorama-fähigen Durchblick! Meine Mädels (4 nicht sehr schlanke Personen!) lehnten nun auf der Arbeitsfläche der Küche, um von dort aus durch das ca. 60 x 30 cm kleine Fenster zu schauen! Wie gerne hätte ich jetzt mein eigenes Verbot umgangen und ein Bild von den Hinterteilen meiner Mädels gemacht! Und von den Köpfen, die sich aneinander gequetscht vor dem winzigen Fensterchen in einer Reihe postierten, um nur keinen Blick von den Gästen und der Braut zu verpassen!!! Ein Bild, daß Ihr Euch, meine Lieben, jetzt in eurer Phantasie ausmalen solltet – nehmt dieses Bild und macht es noch komischer, dann habt Ihr einen Bruchteil dessen, was sich mir bot! Herrlich!!!

Aus dem Auto stieg ein Schotte im Kilt, was meinen Mädels ein Ohhh und ein Aaahhh entlockte. Hatten die Tomaten auf den Augen??? Der Kerl war 1,90m groß und mindestens genauso breit! Hals und Kopf gingen in einer Linie ineinander über, wellten sich in Hautfalten vor dem Übergang zum Rücken. Pechschwarze, kurzgeschnittene Haare zeugten von einen kürzlichen Besuch beim Friseur – nur hatte der die Augenbrauen vergessen!!! Die wucherten dem jungen Mann –der sicherlich der Bräutigam war, nämlich so ins Gesicht, daß er trotz seines Lächelns einen ziemlich finsteren Eindruck machte. Ich schwöre Euch: meine Mädels hätten einen Anfall bekommen, wenn sie ihn –in Jeans und Turnschuhen bekleidet- nachts auf der Straße getroffen hätten! Hier war er allerdings der Bräutigam, der sehr ungeduldig –immer auf die Uhr schauend- auf seine Auserwählte wartete! Mehr und mehr füllte sich der kleine Parkplatz, zunächst im Schatten (ich klopfte mir auf die Schulter-wir standen ja schon im Schatten!!), dann waren alle Plätze belegt. Nur die Braut kam nicht! Der Pastor war schon da und las sich in seine Predigt ein. Wir hatten ihn kennen gelernt, als wir im Shop die Stempel holten! Er kam aus der Nähe, hörte, daß wir Deutsche waren und erzählte uns in einem Deutsch-englisch, daß er mal in Heidelberg gewesen sei, wo die Schwester seiner Frau und .....interessiert euch nicht, oder? Mich auch nicht, aber er war sehr freundlich, im Alter meiner Mädels und so hatte ich ein bißchen „Freizeit“, mir die Pflanzen anzuschauen, die vor dem Shop zum Verkauf standen. Einige dieser Blümchen kannte ich, andere nicht – aber eines hatten sie gemein: sie waren ungeheuer teuer (reimt sich und stimmt!!)

Als meine Mädels dann unruhig wurden, vorne übergebeugt von einem Bein auf das andere traten, wusste ich, daß ein weiteres großes Auto anrollte. DAS musste endlich die Braut sein – PUSTEKUCHEN!!! Es war nicht die Braut, sondern allenfalls die Braut-Mutter! Ein Kleid in einem wirklich hübschen Fliederton, ein neckisches Hütchen schräg auf dem Kopf....nee, das konnte nur Braut-Mum sein!
Während meine Mädels noch rätselten, kam ein weiteres Auto: der Dudelsack-Spieler! Auch im Kilt , mit allem Drum und Dran, was zu einer echten Tracht gehörte, ging er Richtung Ruine, die immer noch in schönstem Sonnenschein auf die Zeremonie wartete. Ich drehte das Fenster weit herunter, weil ich (haltet mich nicht für bekloppt!!) das Dudelsackspiel sehr mag! Bei Amazing grace lehnte ich den Kopf zurück, schloß die Augen, lauschte den Klängen und wurde einfach weggetragen…..müßig zu sagen, daß ich auch hier mit Gänsehaut da saß und hoffte, diesen Moment einfangen und festhalten zu können, oder?! Was nun auf dem Parkplatz los war, konnte ich nicht verfolgen, aber als ich von meinen Mädels mit einem hysterischen „da ist sie-da ist sie!“ aus den schönen Träumen gerissen wurde, wusste ich, meine Pflicht hatte mich wieder! Noch einmal untersagte ich das Aussteigen, weil ich befürchtete, die Deutschen auch in diesem Land als absolute Deppen dastehen zu lassen, wenn sich 4 Frauen zeternd und winkend, mit einer (oder mehreren ) Kameras vor die Gästeschar einer Hochzeit stellten und so eventuell den Ablauf erheblich stören würden! Böse Blicke ließen mich nicht weich werden....allerdings „erlaubte“ ich ihnen, sobald die Gäste und das Paar selbst im Schloß wären, wenigstens am Zaun zu schauen! Ich bin ja kein Unmensch!

Nun gut, von der Zeremonie selbst bekamen wir nicht viel mit – wohl aber wurde ich –ansatzweise- noch einmal auf eine Traumreise geschickt, als der Dudelsack zu spielen begann....
Wie die Braut nun aussah, weiß ich nur von den Erzählungen meiner Mädels – kein Chic, hübsches Kleid, aber es saß nicht, die Blumenmädchen waren hübsch gekleidet, aber warum trugen sie Turnschuhe?
Nach 2 Stunden war alles vorbei und es störte mich dann auch nicht mehr, daß das Paar noch für Hochzeitsfotos im Schloß posierte: ich ließ meine Mädels los!
Der garten dieses Edzell Castle ist eine Wucht!! Auf einem seitlichen Beet wachsen alle möglichen Pflanzen, dicht an dicht, und ergeben ein Meer aus Blüten und Farben. Lavendel und Jasmin strömten einen betörenden Duft aus, weiße und dunkelrote Pfingstrosen luden die Bienen ein, doch ein wenig auf ihnen zu verweilen. Wunderschöne Rosen in allen Farben und Größen riechen hier noch wie Rosen und es erstaunte mich wieder einmal, wie wenig man hier scheinbar von Blattläusen oder Schnecken weiß! Im Garten selbst ziert ein echter englischer Rasen den ehemaligen Innenhof dieses kleinen Lust-Schlosses, das niemals in seiner Geschichte einen Angriff oder eine Belagerung erleben musste. Hier hatten die Burgherren Zeit und Muße, einen Garten anzulegen, mit kleinen Bux-Hecken wunderschöne Ornamente wachsen zu lassen, um im Sommer in einem kleinen Häuschen (noch sehr gut erhalten) an der Schloßmauer einfach die Kühle und Entspannung zu suchen! Vor meinem geistigen Auge sah ich förmlich, die Burgfräuleins über die Wiese laufen....ob sie damals wohl auch –wie ich heute- die Schuhe ausgezogen haben, um den Rasen, der wie ein flauschiger Teppich aussieht, mit bloßen Füßen zu fühlen??
Viel zu schnell verging die Zeit dort und als die ersten Regentropfen fielen, machten wir uns auf, um weiter zu fahren Richtung St.Andrews.

Davon in Teil 9 – wenn Ihr noch Lust habt

Katja:
Teil 9

Schottland Teil 9 – oder wie mich die Frau im Spiegel einholte

Nachdem wir Edzell Castle and Gardens hinter uns gelassen hatten, führte uns der Coast Trail Richtung St. Andrews.
Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Golfplätze aneinander gesehen, wie auf diesem Stück unseres Weges. Wo eine Wiese nicht Fähnchen und sauber-akkurat gemähte Grüns aufwies, luden Campingplätze ein, ein bißchen zu bleiben. So weit das Auge schauen konnte, war nichts als Landschaft zu erkennen: und WAS für eine Landschaft!

Ich hatte das Gefühl, meine Mädels könnten einen Einkaufsbummel verdient und so fuhren wir ziemlich zielstrebig –ohne anzuhalten und die Gegend zu bewundern – direkt nach St. Andrews.
Wie gut, daß ich meinen Mund gehalten habe, nichts von einem Einkaufsbummel erwähnte und erst im Städtchen selbst erkennen musste, daß ja Sonntag war! Oooops, das wäre ein Drama geworden: Du hast doch gesagt, wir gehen einkaufen – Ich wollte noch nach einer Ente schauen!- Haben die hier wohl auch diese Puppen? Oh manno!!!
Schließlich sagte ich dann aber: „Hat jemand Lust auf einen Sonntags-Einkaufsbummel? Der Lidl hat hier auf! Sogar sonntags!“ In Windeseile wurde sogar dieser Lidl-Markt gekapert; meine Mädels schrecken vor nichts zurück!

Parken konnten wir –direkt neben einem Golf-Patz mitten in der Stadt- am Strand und hätten –wenn wir gewollt hätten, das kleine Aquarium besichtigen können. Wollten wir NICHT (gab´s keinen Stempel dafür!) und außerdem lockte die Stadt selbst.

In St. Andrews gibt es eigentlich gleich 3 tolle Dinge zu bewundern: die Ruine der Kathedrale, die Ruine des Schlosses und die wunderschönen Bauten der Universität! Letztere ziehen sich durch die ganze Stadt, und ich staunte, daß auch Studentenwohnheime wie kleine Herrensitze aussahen! Von einer in Deutschland üblichen Studentenbude im Hochhaus-Dschungel war hier gar nichts zu sehen: statt Wäscheständern waren liebevoll arrangierte Blumenkübel auf dem Balkon, statt IKEA-Gardinen schmückten feine Spitzenstores die Fenster. Überall sahen wir Menschen, die mit ähnlich verfrorener Nase (es ist schweine-kalt und irre windig gewesen), die genau wie wir fasziniert durch die Straßen liefen, immer den Blick auf die wunderbaren alten Häuser.
Allerdings erschien es uns genauso unüblich für eine Studentenstadt, daß nicht EINE Studentenkneipe zu finden war, wo wir unsere steifgefrorenen Finger an einer Tasse Kaffee hätten wärmen können. Wie gut, daß wir unsere eigene Kaffeeküche mit hatten!!!

Die Kathedrale von St. Andrews (hier bekamen wir einen Stempel!!) war eine Schau. Fast nur Außenmauern sind noch erhalten und ragen wie spitze Finger in den Himmel. Einige kleine Wendeltreppen führen steil ins Nichts oder auf eine der Aussichtsplattformen, von denen man das gesamte Areal der Anlage überblicken konnte. Eine rot-steinerne Mauer umschließt den Grund der Kathedrale, die früher wie ein kleines Schloss regiert werden musste.
Es gab eine Klosterküche, einen Klostergarten (hier wuchsen noch Küchenkräuter; ein scheuer Blick über die Schulter ließ mich einen Aufseher erkennen und davon abbringen, für das Abendessen ein wenig zu „wildern“), man konnte Wandelgänge erkennen, auf denen einst Mönche schon gegangen waren – jetzt wir.

Überall in den Ruinen hatten Möwen ihre kargen Nester gebaut – eigentlich sind es keine richtigen Nester: sie legen ihre Eier nur in ein bißchen, wenig akkurat zusammen gesammeltes Geäst! Die kleinen Möwen, die heftig und laut schreiend auf Nahrung warteten, lebten sehr gefährlich! Auf einem Sims von max. 50 cm Breite und vielleicht 30 cm Tiefe hüpften sie ihren Eltern entgegen, wenn sie etwas Essbares erwarteten.
Ich schaute einfach weg: Mensch, ihr Möwen, ihr seid richtige Rabeneltern!!!

Inmitten der riesigen Anlage, die bestimmt einmal sehr beeindruckend gewesen sein musste und jetzt auch noch ist, liegt ein alter Friedhof. Einige Grabsteine sind noch sehr gut erhalten, bei anderen konnte ich die Inschriften nicht mehr erkennen. Die ältesten Steine, die ich gefunden habe, datierten aus dem Jahr 1648... ich bin nicht sicher, daß ich lange genug geschaut habe. Vielleicht hätte ich dort noch ältere Beweise menschlicher Beerdigungsarten gefunden.
Langsam kam die Sonne doch ein wenig zum Vorschein und inmitten der Mauern wurde es sehr angenehm warm.
Das fand wohl auch ein älterer Herr, der sich mal eben zu einem kleinen Schläfchen auf einer Bank ausstreckte, die gleich neben den Grabsteinen aufgestellt war.
Meine Mädels konnten nicht lachen, als ich bemerkte, er würde sicher schon mal Probeliegen! Ich fand mich wieder überaus witzig! Sagt selbst: das war ein Brüller, oder?!

Ein paar Schritte von der Kathedrale entfernt, fanden wir (ebenfalls mitten in der Stadt) die Ruine des ehemaligen Schlosses von St. Andrews (auch hier einen Stempel!!). Irgendjemand wurde hier einmal aus dem Fenster geworfen, was zu einer mächtigen politischen Sache (und wahrscheinlich auch wieder zu einem Krieg) führte – wer dort gefallen oder wen man dort gestoßen hatte, habe ich vergessen! Es würde Euch auch sicherlich nicht interessieren, darum schlage ich es jetzt nicht nach!
Meine Mädels waren ein bißchen enttäuscht, denn auch diese Sehenswürdigkeit war nicht mit einer Cafeteria ausgestattet. Aber ein Klo gab es.....und das fanden sie auch mit schlafwandlerischer Sicherheit!

Sicher wären wir noch länger in St. Andrews geblieben, wenn...ja, wenn einfach ein paar mehr Geschäfte geöffnet hätten – so verzogen wir uns zu unserem Wohnmobil, freuten uns über den Kaffee und die Kekse und machten uns wieder auf den Weg, einen netten Campingplatz zu finden.
Ein „no overnight parking“ –Platz kam für mich – wegen Lores angegriffenen Gesundheitszustandes – nicht mehr in Frage. Ich brauchte die Sicherheit, für den Fall eines Falles schnell einen Arzt zur Hand zu haben.... Wir fanden einen super-schönen Platz kurz vor Buckhaven , also genau auf unser Ziel Edinburgh zu.

Dieser Platz allein war schon eine Show – aber die Betreiber waren die Nettesten, die wir auf unserer Tour kennen gelernt hatten: als der Mann erfuhr, daß wir weiter Richtung Edinburgh unterwegs waren und nur eine Nacht bleiben wollten, holte er in Windeseile sämtliche Karten hervor, die uns einen sicheren und schnellen Weg zu den schönsten Campingplätzen in und um Edinburgh aufzeigen sollten.
Leider konnte er mir die Karte nicht vorlesen, denn seine Brille wäre verschwunden.... kurzerhand nahm er die seiner Frau, setzte sich also eine wirklich feminine Brille auf und über sein Gesicht huschte ein Lächeln, als er meinte, wie gut, daß er und seine Frau ähnlich schlechte Augen hätten...so konnte er mir ganz schnell auf der Karte zeigen, wo ER hinfahren würde, um Urlaub zu machen!
Und dem nicht genug – wie von Zauberhand lagen plötzlich auch noch Prospekte DIESER Plätze auf dem Tisch! Ein weiterer Camper, der nur schnell einen Liter Milch kaufen wollte, gesellte sich dazu, und ich konnte eine ziemlich heftige Diskussion verfolgen, ob nun der Woodlands-Platz oder der Mussleburgh-Platz besser, schöner und toller wäre! Als ein dritter Gast dazu kam, hatte ich 3 verschiedene Meinungen, rund 10 Prospekte und einen Schlüssel für die Waschräume in der Hand – ebenso wie ein Wegweiser über DIESEN Platz mit der Standplatz-Nummer und vielen guten Wünschen....wirklich unglaublich nett und hilfsbereit, diese Schotten! Ach ja, beim Verlassen der Rezeption fand ich die Brille – fein säuberlich auf den Tageszeitungen abgelegt!
Wenn der Finderlohn immer so ein gewinnendes Lächeln ist, welches ich geschenkt bekam, dann suche ich nur noch verlorene Brillen!

Lores Gesundheit machte mir ziemliches Kopfzerbrechen – sie selbst hatte damit scheinbar weniger Probleme!
Ich weiß nicht, ob es fair war, meine Ängste bzgl. Lores Gesundheit mit den Mädels zu teilen, doch ich brauchte einen Rat oder die Meinung der anderen, weshalb ich „allgemeines Pipi-Machen“ befahl. Ziemlich verdutzt folgten sie mir (das hatte es ja noch nie gegeben – Katja lädt ein zum Klo!!)– außer Lore, der ich Bettruhe verordnete!

Und so standen Linde, Annegret, Gerda und ich auf dem Weg zu den Waschräumen und diskutierten darüber, wie wir weiter verfahren sollten. Eigentlich diskutierten wir nicht wirklich, denn wir waren –einmal ausgesprochen- alle einer Meinung: wir verkürzen die Reise, damit Lore schnellstmöglich zu ihrem Doc kommt.

Das bedeutete für uns, den nächsten Morgen nach Edinburgh zu fahren, dort nur einen Tag zu verbringen (statt der geplanten zwei), und am übernächsten Morgen Richtung Canterbury zu fahren, dort auch nicht einen Tag zu verweilen, sondern nur die Kathedrale anzuschauen – auf´s Schiff und dann nach Hause.
Durch die Änderung in dem Programm hätten wir 2 Tage „gewonnen“ oder von unserem Urlaub verloren - je nach Betrachtungsweise-, doch wir konnten damit leben.

Alles in allem hatten die Abstimmung gerade einmal eine Zigarettenlänge gedauert und ich war froh, daß meine Mädels und ich einer Meinung waren. Die dunkle Wolke schwebte nun nicht mehr am Himmel über uns (es war herrlichster Sonnenschein!), sondern in unseren Köpfen selbst.

Weil das Buch (ich Idiot – nur EINS!!!!), welches ich mitgenommen hatte, schon lange ausgelesen war, ich aber immer unbedingt TÄGLICH etwas lesen muß, bat ich meine Mädels, mir doch etwas von ihrer Lektüre zu überlassen.
So hatte ich die Auswahl gleich mehrerer verschiedener Zeitschriften und Groschenromane. Das kleinere Übel wählend nahm ich einen Stapel Zeitschriften von Gerda, vielleicht wäre als Alternative dort noch ein Kreuzworträtsel ´drin! So wurde ich an diesem Abend im Bett in die Welt der Reichen und Schönen entführt, denn Gerdas Zeitungsgeschmack geht in Richtung „Tina“, „Frau im Spiegel“ und „Bunte“. Während ich die erste Zeitschrift gelangweilt durchblätterte, stieß ich auf einen Bericht, der mit Prinz William zu tun hatte! Weil er seiner Mutter auf diesem Foto so unglaublich ähnlich sah, er einen wirklich sympathischen Eindruck macht und mich aus der Zeitung so anlächelte, las ich den Bericht! (Was tut man nicht alles in Ermangelung eines Besseren!?!?!)
Was soll ich sagen? Während so langsam meine Augen zufielen (so interessant war der Bericht!!!) las ich gerade noch „...Student in St.Andrews“....sofort war ich wieder wach und nahm diese Sekunde wahr, meinen Mädels wieder einen „Einlauf“ zu verpassen: „Hey, habt ihr nicht heute morgen gesagt, ihr wusstet nicht, daß St. Andrews eine Universitätsstadt ist?? Nun erfahre ich aus dieser von Euch total zerlesenen Zeitung, daß Euer Prinzlein hier zu Schule geht!!!“
Betretenes Schweigen – keine Rechtfertigung aus der eine hitzige Diskussion entbrennen könnte ....okay, dann eben nicht – Schlafen macht schön!


Der nächste Morgen begann wieder recht früh – oder für meine Mädels spät! Denn ich hörte schon gegen 5 Uhr, daß sich irgendjemand laufend im Bett drehte und eigentlich gern ein Örtchen aufgesucht hätte....grinsend überlegte ich, daß meine Standpauke über „ein rücksichtsvolles Miteinander in den frühen Morgenstunden“ gefruchtet hatte.

Aber ehrlich: wer weiß nicht, welche Höllenqualen man leiden kann, wenn man muß, aber nicht darf??? Also reckte ich mich lautstark und signalisierte nun der gequälten Seele damit, dass eine Rücksichtnahme auf mich nicht mehr nötig sei. Wie ein Wirbelwind sprangt Gerda mit meinem ersten „hmhram“ aus dem Bett, wünschte schnell flüsternd noch einen „Guten Morgen“ und lief wie ein junges Gnu aus dem Wohnmobil! Die Tür wurde nicht geworfen, sondern leise zugedrückt (trotz der Hektik ein bemerkenswertes Detail!!)! Einmal angefangen, konnte das morgendliche Ritual weitergehen.... Ich lag nach 30 Sekunden dann allein in meinem Alkoven, verschränkte die Arme selbstzufrieden hinter dem Kopf und reckte mich –genüßlich in meinem Erfolg suhlend: wer sagt eigentlich, daß ältere Mitbürger nicht mehr in der Lage sind zu lernen???

Zur Belohnung machte ich das untere Bett, stellte Kaffewasser auf, und als meine Mädels mit deutlich erleichtertem Gesichtsausdruck wiederkamen, duftete schon das Frühstücks- Lebenselixier! Ich fühlte mich gut!!! ;D))

Sehr zeitig erreichten wir Edinburgh ....

Und das wird Teil 10 der Geschichte, wenn Ihr mögt!

Katja:
Schottland Teil 10 – Edinburgh – eine Stadt mit Herz


Als wir Edinburgh erreichten, merkten wir zu allererst, wie schwierig es ist, trotz der frühen Stunde einen Parkplatz zu bekommen. Es gibt wirklich sehr viele Parkhäuser, die allerdings nicht auf die Höhe von Wohnmobilen eingerichtet sind.
Es stellte sich auch nicht die Frage für mich, einfach die Höhenbegrenzung zu übersehen, u.U. ein Cabrio aus unserem Gefährt zu machen, denn die Doppeldecker-Busse dieser Stadt sind sicherlich für eine Sightseeing-Tour wesentlich geeigneter. Mit sehr viel Blauäugigkeit versuchte ich, direkt vor dem Schloß zu parken. Wenn Engel reisen, lacht die Sonne....und der Gott der freien Parkplätze ist ihnen gnädig.
Ca. 500m unterhalb der Burg fanden wir tatsächlich überraschend viele freie Stellplätze – ich wurde skeptisch! Diese Skepsis sollte sich als berechtigt herausstellen, denn als ich die Gebühren sah, wusste ich warum der Andrang hier ziemlich spärlich war: für 2 Stunden bezahlt man hier satte 15 Mark Parkgebühr!!

Es war mir völlig wurscht, denn ich erzählte den Mädels nichts von meiner irren Ausgabe aus der Gemeinschaftskasse und prahlte damit, ich sei ein der letzte echte Pfadfinder der Neuzeit!
Edinburgh Castle liegt auf einem Berg mitten in Schottland´s Hauptstadt. Von hier oben hat man einen wunderbaren und vor allem weiten Blick , wenn es das Wetter zulässt – und wir hatten ein Wetterchen, sage ich Euch!!! Der Aufstieg zur Burg war ziemlich steil und ich freute mich an dem Ausblick so sehr, daß ich meine Mädels nicht beobachtete.
Sie waren ein wenig hinter mir zurückgeblieben, gingen – nein SPAZIERTEN gemütlich hinter mir her....okay, sie wussten ja nicht, welche unverschämt hohe Gebühr es kostete, den Platz zu mieten!!
Schließlich wartete ich und sah dann, was alle außer mir schon gesehen hatten: Lore ging es gar nicht gut – sie biß zwar die Zähne zusammen, doch der Fußweg machte ihr schwer zu schaffen. So hakten die „Lauffreudigen“ Lore rechts und links unter und zogen sie den Berg hinauf. Oben angekommen, war ich diejenige, die nach Luft schnappte und trotzdem gut eine Zigarette gebraucht hätte.....doch an Pause war nicht zu denken: ich musste den Stempel holen!

Das erste mal verfluchte ich diese blöden Stempel, denn das Ticket hätte uns dazu berechtigt, an den 12 Kassen (alle mit mindestens 35-50 Menschen in Schlange davor!) zu umgehen und mit freiem Eintritt in das Schloß Zeit zu sparen! Nein – Stempel musste sein und so hatte ich eine gute Viertelstunde Zeit zuzusehen, wie das Mädchen vor mir sich ausgiebig beraten ließ, weil sie auch ein Explorer-Ticket für sich und ihren Freund kaufen wollte. Ja, ein Kopfhörer-Ticket, der einen sprachgeführten Rundgang durch das gesamte Schloß ermöglich, wolle sie auch. Ach so, im Schloß selbst wäre der Ausgabeschalter dafür! Schön, daß das Gerät auch in soooo vielen Sprachen zu haben wäre – sogar japanisch? Das ist ja interessant!

Bevor ich um mich schlagen konnte, bezahlte sie die lächerliche Summe von ca. 80 Pfund, grüßte noch einmal ganz freundlich nach hinten und zuckte entschuldigend mit den Schultern... was soll´s – wir hatten ja Urlaub und waren nicht auf der Flucht!
Als ich nun endlich am Kassenhäuschen stand, musste ich mir auch noch die unverständigen Blicke der Kassiererin gefallen lassen, die mich ansahen, als würde sie am liebsten fragen: Warum sind Sie nicht gleich durchgegangen? – weil Briten sehr, sehr höflich sind, tat sie es nicht und erfuhr auch nicht, welches meine Reaktion darauf gewesen wäre...

Meine Mädels hatten unterdessen einen Eiswagen gekapert und sich ein kühles Schokoladeneis organisiert – ganz allein! Ich war stolz, wie eine Mutter, deren Sohn zum ersten Mal alleine seinen Namen geschrieben hatte!!!
Das für mich gedachte Eis war mittlerweile von der Sonne geschmolzen, von meinen Mädels daraufhin auf ein Minimum zurückgeleckt und so erhielt ich nur einen kümmerlichen Rest eines stattlichen, wohlschmeckenden Eishörnchens mit Schokoladen-Riegel in die Hand gedrückt!

Der Innenhof des Schlosses wurde gerade für eine Veranstaltung verändert, denn in einer knappen Woche später sollten dort ein open air – Konzert stattfinden. Eine weitere Woche später und wir hätten sogar noch eine Parade anschauen können....auch diese Ankündigung übersetzte ich nicht! Schließlich sollten auch Ende dieser Woche die Highland – Games losgehen....

Das Schloß selbst –in den Hügel gebaut- ist eine wirkliche Augenweide. Obwohl ich nun schon einmal dort gewesen war, fielen mir mehr und mehr Dinge auf, an die ich mich eventuell nicht mehr erinnerte oder sie zuvor noch gar nicht angesehen hatte.
Überall auf dem Gelände stehen Informationstafeln, wo man sich gerade befindet, welchen Weg man am besten nimmt, welche historisch bedeutsamen Dinge dort stattgefunden haben... Lore suchte sich ein Plätzchen auf einer sonnigen Bank und versicherte uns, dort zu warten und sich keinen der vielen kilt-gekleideten Schotten zu angeln, um mit ihm durchzubrennen. Mir war nicht nach Scherzen zumute, dennoch hatte ich die „Moral der Truppe“ im Kopf.

Nun schreibe ich etwas, was ich so peinlich finde, daß es eigentlich nie nicht zu Papier...Entschuldigung: Bildschirm gebracht werden sollte!! Da es mir passiert ist, ich mich selbst nicht so gern als Depp dastehen lasse, ich Euch aber bisher immer nur von meinen Mädels´ „Verfehlungen“ berichtet habe....okay, dann gibt es eben einen „echten Katja“:

Im Schloß ist eine Ausstellung von Militaria untergebracht. Sämtliche Feldzüge der Geschichte Schottland´s kann man als Besucher dort im Schnelldurchlauf erfahren (wieder so eine unsinnige Wortwahl: im DurchLAUF erFAHREN!!).
Fein säuberlich hinter Glas kann man hier zum Beispiel das Offizierspatent von Prinzessin Anne bewundern, die als Ehrenmitglied des schottischen soundsovielten Garderegimentes geehrt wird.
Alte Feldpost aus einem der unzähligen Briefe zeugen von dem Heimweh eines unbekannten Soldaten namens Henry, der seiner Frau auf vergilbtem Papier und in gestochen scharfer Handschrift nach Hause geschrieben hat. Scheinbar hatten sie ein Baby, welches der Soldat noch nie sah.....traurig – aber auch romantisch, oder?
Na gut, und weil ich eben auch noch die letzten Zeilen dieses Briefes lesen wollte, der mich zu Tränen rührte, streckte ich den Hals noch länger....und stieß mit dem Kopf gegen die Scheibe! Diese schepperte so sehr, daß nur ungefähr 30 Leute um mich herum zusammenfuhren, mich mit einem mitleidig, empörten und teilweise sogar bitterbösen Blick ansahen! Wenn ich ein Mausloch entdeckt hätte, wäre ich darin verschwunden!
Soviel zu meiner Neugierde, aber mit der Erklärung, daß ich, wenn ich alles weiß, es überhaupt nicht mehr bin! ;o))

Wir streiften als geschrumpfte Gruppe ein wenig durch das Gelände der Burg und sammelten Lore ein, die – wie sie es versprochen hatte- immer noch ganz brav auf uns wartete! Die kilt-gekleideten Schotten müssen alle Tomaten auf den Augen haben, denn Lore ist eine sehr attraktive Mitt-Sechzigerin!!
Okay, sie saß noch da und hatte wohl entweder ein schönes Erlebnis oder es ging ihr tatsächlich gut, wie sie uns versicherte. Eine frische, leicht gerötete Gesichtsfarbe ließ Skepsis nicht zu! Und als sie dann auch noch um einen Kaffee bat, waren die Bedenken im Nu zerstreut!
Natürlich tranken wir unseren Kaffee – Starbuck´s hatte auch im Schloß von Edinburgh Einzug gehalten – und DER Kaffee schmeckt SUPER!!!

Ein wenig in Eile waren wir dann ja doch, weil die Parkuhr schon vor einer halben Stunde abgelaufen war...in der Hoffnung, auf KEIN weiteres Knöllchen (wie teuer sollte das denn sein, wenn die Parkgebühren schon so unverschämt waren!?), gingen wir langsam zum Wohnmobil zurück! Ja, und reisende Engel scheinen auch vom Gott der Knöllchen wohlwollend bedacht zu sein –es prangte KEINES am Fahrzeug! So seufzte ich, zog noch einmal das Gemeinschafts-Portemonaie und steckte Münze für Münze hinein, um uns zwei weitere Stunden Edinburgh zu gönnen.

Den Weg in die Innenstadt hatten wir (es ging ja den Berg hinunter!) ziemlich schnell erreicht! Eine Einkaufsstraße lag direkt an einem schönen Park – was lag also näher, meinen Mädels DAS Kaufhaus Großbritanniens zu zeigen: Marks und Spencer!
Lore winkte ab, weil sie eine Bank gefunden hatte, die ihr scheinbar besser gefiel, als der Gedanke, sich mit uns in einem Kaufhaus zu vergnügen. Sie konnte nicht mehr, würde aber gern einfach nur hier so sitzen, die Menschen beobachten und auf uns warten.....ich war sehr in Sorge!
Halbherzig -und mit meinen Gedanken mehr bei Lore auf der Bank- gingen wir durch die Abteilungen von „Marks & Sparks“ (so nennen die Briten diese Einkaufsoase) und daß wir NICHTS fanden, lag wohl an unserem schlechten Gewissen, Lore allein gelassen zu haben!
Also ließen wir eventuelle Einkaufsorgien sein und kehrten zurück zur verdutzten Lore – die uns eigentlich noch gar nicht wieder erwartet hatte. Es ginge ihr doch gut, beteuerte sie, nur das Laufen machte ihr Probleme....und so disponierte ich um:

Da wir ja nun unsere ursprünglichen Pläne, Edinburgh in 2 Tagen zu Fuß erkunden, umstellen mußten, beschlossen wir in einen der unzähligen Sightseeing-Tour-Busse zu steigen, um uns die Stadt bei herrlichem Wetter von der oberen (und offenen) Etage des Doppeldeckers anzusehen. Viel bequemer und weniger anstrengend wäre es ja sowieso!
Außerdem könne man wunderschöne Fotos machen, weil man ja so schön hoch sitzt!
Und das war das Stichwort: Anne bat mich, den Fotoapparat zu nehmen, weil ich ja immer mehr und schneller etwas Schönes sehe, als die anderen.....Dummstellen schafft Freizeit??? Neee, Dummstellen ermöglichte hier einen konzentrierten, ungetrübten Blick auf das Programm! Widerwillig nahm ich die Kamera und .....legte sie neben mich, um sie dort nicht zu gebrauchen!
Die Tour erwies sich nicht nur wegen des tollen Wetters als wunderschön, sondern man hatte wirklich einen phantastischen Blick auf alles, was es an Sehenswürdigkeiten dort gibt: winzig kleine, uralte Häuser, Kneipen, mit eigener Geschichte, an einem Platz, wo früher Menschen gehenkt wurden, große und kleinere Prachtbauten, in denen Prominente wohnen, .....kurz: es war wirklich einmalig, zumal wir alle Kopfhörer hatten, die uns in deutscher Sprache einen guten Reiseführer ersetzten!

Als die 2 Stunden Park-Uhr fast um waren, kamen wir in die Gegend, wo unser Auto wartete: kurzerhand wies ich meine Mädels an, sofort alle Klamotten zu greifen und schleunigst den Bus zu verlassen....ich war überrascht, wie schnell sie reagierten! Der Bus fuhr weiter und wir hatten gerade einmal 200m zu unserem Wohnmobil!
Dort angekommen war die Parkzeit wirklich auf die Minute abgelaufen und 3 Autos hinter uns schrieb eine Politesse schon die auf, die nicht so pünktlich zurück waren! Ein bißchen Schadenfreude kam auf und gern hätte ich nachgefragt, wie hoch die Kosten eines Knöllchens hier waren. Ich erfuhr es nicht, weil Annegret mit erreichen des Fahrzeuges fragte, ob ich denn viele Bilder gemacht hätte!
Oooops, ich hatte gar keines gemacht und .....wieder peinlich!!!...die Kamera sogar noch im Bus vergessen!!!!! Helle Aufregung machte sich unter dem Mädels breit – und ich muß sagen, auch mir war nicht sehr wohl zumute!!!
Aber aufregen nützt nichts, jedenfalls nicht, wenn man nicht handelt: und so manövrierte ich das riesige Wohnmobil (wie kommt es eigentlich, daß die Größe dieses Gefährtes proportional zum Verkehr anzuwachsen schien?) mitten durch den Verkehr von Edinburgh zu dem Platz, wo die Busse zur Sightseeing-Tour starten. Eine Haltebucht für Busse gegenüber der Doppeldecker war genau wie für das Wohnmobil gemacht – und ich übersah –(schließlich war es ein Notfall!) das Parken-verboten-Schild!! Im Sprint überquerte ich die 4-spurige Straße zu der Seite, wo ich die in orange gekleideten Ticketverkäufer gesehen hatte – dort fragte ich ein wirklich nettes Mädchen, ob eventuell ein Fotoapparat gefunden worden wäre....

Über walkie-talkie erhielt sie die Nachricht: ja, eine Minolta wurde gefunden, kommt in ca. 10 Minuten am office an! Ich weiß nicht, ob ich sie wirklich geküsst habe – jedenfalls hätte ich es tun können!! Ganze 5 Minuten später erreichte ich das Wohnmobil MIT Kamera und erntete dafür die bewundernden Blicke meiner Mitreisenden! Damit hätte keiner gerechnet – und ich –wenn ich ehrlich bin- auch nicht wirklich! Ich hatte zwar gehofft, .....
Und da bewahrheitet es sich wieder: man soll die Hoffnung niemals aufgeben!

Als ich darauf bestehen musste, daß das Mädchen für diesen unerwarteten Glücksfall von mir ein Trinkgeld annehmen sollte, hatte sie Tränen in den Augen. Es wäre selbstverständlich, murmelte sie noch und ich hatte das Gefühl, sie getroffen zu haben. Als ich dann sagte, es wäre nur Geld, mit dem sie sich vielleicht eine Freude machen konnte, für die Freude, die sie MIR bereitet hat, lächelte sie.

Ein Mädchen mit Herz – wie die Stadt, die wir jetzt verließen.....ich wäre gern noch geblieben!

Weiter in Teil 11 – wenn Ihr mögt




Katja:
Teil 11

Schottland Teil 11 – oder Abschied


Unseren letzten Abend in Schottland verbrachten wir auf einem Campingplatz, den man gut und gerne als „high-tec“ hätte bezeichnen können: Zahlenkombination für das Eingangstor, einen für die Duschräume und einen für die Toiletten.
Meine Mädels bekamen erst „Freigang“, nachdem sie diesen Code auswendig vor- und rückwärts aufsagen konnten. :o)
Das war eigentlich reiner Selbsterhaltungstrieb, denn ich befürchtete, sonst inmitten eines schönen nächtlichen Traumes aus demselben gerissen zu und von einer Mitreisenden flüsternd nach dem Code befragt zu werden....stellt Euch vor: in Highlander´s Armen zu schmachten und dann „Katja, wie war noch mal der Code für´s Klo?“ Mal ehrlich – diesen Stimmungs-Killer hättet Ihr auch nicht ertragen, oder?

Und dann ....fehlten in dieser Nacht einfach die schönen Träume...morgen wäre die Zeit vorbei und ein kleines bißchen Wehmut machte sich dann auch beim Frühstück breit. Keiner wollte so richtig „in Stimmung“ kommen, keiner achtete darauf, daß ich Canterbury –als letztes Ziel unserer Reise- anpries, wie Sauerbier!
Ich kann Euch nicht sagen, woran es lag – es war einfach so....wir mussten nach Hause, Lore ging es gar nicht gut – und wir hätte alle sehr viel dafür gegeben, noch einmal Richtung Dornie zu fahren, die glitzernden Wasser der Lochs zu sehen; noch einmal den Himmel über dem blau-grünen Meer zu bestaunen, wie sich Getreidefelder im Vordergrund wiegen... noch einmal den Duft der Highlands einzusaugen – festzuhalten im Herzen... kurz: es war ein sehr trauriges Frühstück und der Tag KONNTE gar nicht schön werden!
Die Fahrt nach Canterbury absolvierte ich wie in Trance – achtete nicht mehr darauf, welche Schönheiten sich auch in England vor uns auftaten. Wir nahmen nicht mehr den Coast Trail, denn auch wenn uns der Abschied unglaublich schwer fiel, wir hatten den Wunsch, es schnell hinter uns zu bringen.
Canterbury lag rund eine Tagesstrecke von uns entfernt und wir waren sicher, nichts würde uns hier so nahe gehen, wie es die Highlands geschafft hatten!

Darum kann ich Euch nicht erzählen, welche Strecke wir genommen haben – ich weiß es nicht mehr! Ich kann Euch nicht erzählen, wo in der Nähe von Canterbury wir ein letztes Mal auf den Campingplatz fuhren, um die letzte Nacht auf britischem Boden zu verbringen....es ist alles weg!

Entgegen den Meinungen der Reiseführer konnten wir sehr wohl mit schottischen Pfund in England bezahlen – und gaben ein Vermögen für ein Abendessen aus, das uns auch nicht schmeckte. Eine Kneipe mit dem schönen Namen „Queen Elizabeth“ ließ eigentlich etwas anderes vermuten...doch auch wenn sie sich Mühe gegeben haben sollten, uns ein leckeres Essen zu servieren – wir hätten es sowieso nicht gemerkt.
Und ich tat etwas, was ich eigentlich noch nie gemacht hatte: ich trank ein (kleines) Bier – obwohl ich wusste, daß ich noch ein paar Kilometer zu fahren hatte!
Nein, ich bin nicht stolz darauf, will Euch nur zeigen, daß unsere Stimmung UNTER dem Null-Punkt war, denn auch meine Gefährtinnen hielten sich , was den Alkohol-Konsum betrifft, nicht vornehm zurück!
Ein Campingplatz war relativ schnell gefunden, und wir waren weder angenehm, noch unangenehm überrascht...es war eben ein Campingplatz! Nichts hätte uns die letzte Nacht hier in Großbritannien versüßen können – nicht einmal ein Highlander, der als blinder Passagier mit uns gekommen wäre...
Die letzten Flaschen Wein wurden geöffnet, die letzten Chips in die Schüssel getan – Kniffeln wollte keiner...wir waren unendlich traurig – und darin ALLE einig!
Der nächste Morgen begann wieder SEHR früh und die gedrückte Stimmung war nicht gewichen.
Die letzten Bilder sollten hier in Canterbury geschossen werden und als man mich fotografieren wollte („Mach doch mal einer ein Bild von unserem Chauffeur!“) rastete ich sogar aus! Nein, auch darauf bin ich nicht stolz, doch meine Mädels WISSEN, daß ich mich zum einen nicht gern fotografieren lasse und es hasse, wenn Bilder so schrecklich gestellt sind!
Als ich nun –hinter dem Steuer unseres Wohnmobiles- darauf wartete, daß irgendjemand die Schranke vom Platz öffnete, wurde der Fotoapparat herausgereicht, um mich zu „überlisten“ – und da habe ich ein paar sehr unfreundliche Worte gesagt – neee, ist eigentlich untertrieben....ich habe ziemlich geschimpft! Mehr noch, ich habe meine Mädels angebrüllt – und es tat mir schrecklich leid!
Einen Fehler zu machen, ist schlimm, sich aber nicht dafür entschuldigen zu können, ist noch viel schlimmer, also hielt ich an der nächsten Möglichkeit an und nahm meine Mädels in den Arm! Ich sagte ihnen, daß ich es nicht so gemeint hätte und ich einfach nur traurig wäre, daß wir nun fast am Ende unserer Reise waren....na ja, und plötzlich heulten wir alle!

Das tat gut! So gut, daß wir ziemlich in einem Atemzug meinten, wir sollten gerade deswegen den letzten Tag noch so richtig genießen – und das versuchten wir!

Canterbury hat einen „park & ride“- Service, der gerade Campern eine gute Möglichkeit bietet, in die Innenstadt zu fahren, ohne auf der Suche nach einem Parkplatz zu verzweifeln. Am Rand der City gibt es einen Terminal, der Touristen bis in die Innenstadt bringt, um dort den Bus zu verlassen, um sich die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Der richtige Bus war schnell gefunden, und mit einen Tagesticket (für rund 5 Euro) wurden wir alle in einem Doppeldecker-Bus Richtung Kathedrale chauffiert! Das Wohnmobil blieb auf dem Parkplatz und wurde sogar BEWACHT!

In der Stadt angekommen, belächelte ich noch einmal die Kaufwut meiner Mädels. Plötzlich sah ich sie tuscheln, kichern und ziemlich geheimnisvoll tun. Irgendetwas war im Busch – allerdings konnte ich nicht länger darüber nachdenken, denn Lore bat mich, mit ihr nach draußen zu gehen – es ginge ihr nicht gut – diese Luft dort in dem Laden.... Auf einer kleinen Bank ließen wir uns nieder und ich rauchte die teuerste Zigarette meines Lebens: ich hatte meinen Zigaretten-Konsum deutlich niedriger eingeschätzt und musste auf die dortigen, sündhaft teuren „Räucherstäbchen“ ausweichen! Da kann einem das Rauchen vergehen: über 12,-- DM für eine Schachtel Zigaretten ist wirklich UNVERSCHÄHMT, oder???
So genoß ich jeden Zug, achtete mit einem Auge auf Lore, die eigentlich gar nicht übel aussah, und mit dem anderen beobachtete ich die Eingangstür des Ladens, aus dem der Rest meiner Mädels nun bald kommen würden!
Und die Zigarette war gerade ausgetreten (Kippe in den Mülleimer!!!!), da kamen die 3 mit hochrotem Kopf aus dem Laden gestürzt, jede mit mindestens einer Tüte bewaffnet und liefen freudestrahlend auf uns zu! Aufgeregt schnatterten sie alle durcheinander – und ich hatte Mühe, ihnen gedanklich zu folgen! Wahrscheinlich hatten sie wieder ein irres Schnäppchen gemacht....! ich war darauf gefasst, mir wieder 1000 Scheußlichkeiten anzusehen, zu allem wohlwollend zu nicken und .... da bekam ich eine der Tüten in die Hand gedrückt! „Für Dich! Weil Du Dir solche Mühe gegeben hast für uns!“ hieß es – alle 4 nickten heftig, alle 4 Wangenpaare waren zart gerötet.

Ich sah in die Tüte und ...fing an zu heulen: meine Mädels hatten mir in dem Laden genau den Schal gekauft, den ich mir auch gekauft hätte, wenn ich Augen dafür gehabt hätte! Sie haben genau die Farben ausgesucht, die ich beschrieben habe – das Garn so weich und flauschig gewählt, daß es sich fast wie Cashmere anfühlte....
Es ist ganz schön schwierig, alle meine 4 Mädels gleichzeitig in den Arm zu nehmen. Und so stand ich – mitten in Canterbury´s traumhaft schöner Innenstadt- schniefend und tränenüberströmt und drückte alle meine Mädels ganz heftig zum Dank....

Immer noch schniefend führte ich sie dann in die Kathedrale, zeigte ihnen alles, was ich vor nahezu 24 Jahren schon einmal in einem Referat für die Schule erarbeitet hatte – erzählte von den Geschichten, die sich hier zugetragen hatten, von der Architektur, den Geistlichen, die sich hier verewigt und den Königlichen, die hier aufgebahrt wurden.... es war alles wieder da – und ich kriegte den Schnabel gar nicht wieder zu. Es sprudelte aus mir heraus und ich musste mich nur 2 x selbst bremsen, als wir in die „stillen“ Bereiche kamen, die zur Andacht und Ruhe baten!
Auch hier – in der Kathedrale selbst- hatte der Kommerz Einzug gehalten: ein Shop bot Waren an und wieder schlugen meine Mädels zu! Sollten sie – ein letztes Mal noch ein paar Pfunde loswerden! Und siehe da....sie taten es – allein – ohne Dolmetscher! Ich war riesig stolz auf meine Mädels!

Zwischen Canterbury und dem Hafen von Dover liegen nur 17 kurze Meilen. Ich hoffte, daß wir in den falschen Bus stiegen, der uns NICHT wieder zum Parkplatz, sondern zurück in die Highlands bringen sollte....auch meine Mädels seufzten, als wir das Wohnmobil erreichten. Es war ein Seufzer, der ganz tief aus dem Herzen kam und drückte den Wunsch aus, noch ein wenig länger hier zu bleiben. Gern hätte ich ihnen (und mir) diesen Wunsch erfüllt!

Und wenn man sich schon einmal wünscht, daß etwas „in die Hose“ geht (zum Beispiel die Fähre nicht geht, schlechtes Wetter über dem Ärmelkanal vielleicht sogar einen Transfer die nächsten 14 Tage UNMÖGLICH macht!), geht alles glatt! Als wir den Hafen erreichten, mussten wir ganze 15 Minuten darauf warten, auf das Schiff zu kommen! Es war einfach keine Zeit mehr, um in Trauer noch einmal auf die weißen Felsen von Dover zurück zu blicken...keine Zeit!
Es war so, als wenn sich sogar der Wettergott gegen uns verschworen hatte: ein heftiger Nebel ließ uns nicht einmal einen letzten Blick erhaschen...und die Strömung trug uns sehr schnell nach Calais!

„Wolltest Du nicht noch in Dover tanken?“ war die erste Frage, die mich auf europäischem Festland erreichte. Mit einem langgezogenen „Jahhaaaaa, eigentlich....“ musste auch der Dümmste mitbekommen haben, daß es um unseren Spritvorrat nicht sehr gut bestellt war! Ich hatte absichtlich nicht getankt, denn der Kraftstoff in England war sehr teuer. Außerdem auf französischem oder belgischen Boden könnten wir unsere Kasse ein wenig schonen....
Na ja, außerdem waren ja noch für gut 80 km Sprit im Tank, also sollten wir doch.... ich dachte diesen Gedanken nicht zu ende!
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schlimm es ist, wenn ein Schild Euch sagt, daß die nächste Tankstelle noch 70 km entfernt ist? Wir sind durch Frankreich hindurch gefahren, ohne auch nur eine Tankstelle an der Bahn zu entdecken!!! KEIN Hinweis darauf, daß wir irgendwann einmal auftanken könnten... mir wurde warm!

Noch 10 km bis zur Tankstelle – und die Warnleuchte arbeitete schon seit ca. 35 Kilometern. Mir wurde noch heißer! Ich sah uns im Geiste schon schieben....Zusätzlich zu dem Gefühl der Panik, machte sich auch der Kaffee bemerkbar, den ich auf dem Schiff getrunken hatte,....zwei Dinge also, die ich unter Kontrolle bringen musste –Panik um den letzten Tropfen Sprit und Panik um die Tropfen, die NICHT kommen sollten.... nun verstand ich meine Mädels!

Ich weiß nicht, wie ich beides unterdrücken konnte....aber ich war noch nie so froh, eine Tankstelle anfahren zu können – und das gleich aus 2 Gründen....wir hatten es geschafft. Annegret, die neben mir saß, bemerkte eine kleine Schweißperle, die sich langsam...gaaaanz langsam auf meiner Stirn bildete und der Erdanziehungskraft entgegen tropfte!

Sehr erleichtert, was die verschiedenen Nöte anging, aber immer noch ein bißchen wehmütig, setzten wir den letzten Abschnitt unserer Reise fort.

Was soll ich sagen? Als ich meine Mädels zuhause abgesetzt hatte, zog es mich mächtig nach Hause...ich hatte Heimweh – das erste Mal auf dieser Reise: ich wollte zu meiner Familie, der 2- und 4-beinigen, ich wollte in meinem Bett schlafen und so verkündete ich – sehr zum Entsetzen meiner Mädels- daß ich gegen Mitternacht noch den 230 km langen Weg nach Hause antreten wollte. Es gab für mich kein Halten mehr – um 2:30h stellte ich den Motor ab – ich war Daheim!
Epilog


Und weil Ihr so lange auf Teil 11 habt warten müssen, werde ich Euch den allerletzten Teil gleich hier hinten ´dran hängen!

Wieso Teil 12, werdet Ihr fragen – mit Recht! Aber ich habe mir „mein Werk“ noch einmal durchgelesen und finde, daß meine Mädels schlecht beschrieben wurden! Nicht vielleicht wirklich „schlecht“, aber sicherlich stark über- und durch den Kakao gezogen (manchmal). Darum finde ich, Ihr habt ein Recht darauf, sie einmal so kennen zu lernen, wie sie wirklich sind:

Also bitte ich Euch zu lesen, auch wenn es nicht unbedingt etwas mit Schottland zu tun hat.

Als ich meine Reisegefährtinnen kennen gelernt habe, sind wir gerade nach umgezogen, und zwar in die Wohnung in Annegret´s und ihres Mannes Friedel´s Haus. Obwohl wir damals nicht die perfekten Mieter waren, weil wir mit 3 K´s behaftet waren (Kind, Katze, Kaninchen – Tierhaltung nicht erwünscht), hat Annegret uns in der wohnungsknappen Zeit diesen Traum von Wohnung doch vermietet.
Mehr noch: sie hat, wenn wir in Urlaub fuhren unseren Jerry (zunächst allein), später auch Hildchen so rührend versorgt, als wenn es ihre Kinder waren. Annegret und Friedel haben uns in ihre Familie mit aufgenommen, und wir waren gleich zu Anfang dort Zuhause. In der Umzugsphase hat sie uns bekocht, uns frisches Obst und Gemüse aus dem Garten gebracht, hat geduldet, daß wir in ihrem Haus eine Wand durchgebrochen haben, den Dachboden ausbauten, als wir mehr Platz haben wollten. Sie hat meine Geranien geduldet, die ihre neu geflieste Terrasse erst mit roten, dann mit braun-zermanschten Blütenblättern berieselten. Letzteres sieht man immer noch!
Annegret hat uns wie selbstverständlich in die Dorfgemeinschaft eingeführt, so daß wir ganz schnell wirklich auch in dem kleinen Ort selbst Zuhause waren. Ihr ist es auch zu verdanken, daß wir uns nicht nur sehr, sehr wohl dort fühlten, sondern daß ich überhaupt „meine Mädels“ kennen gelernt habe.
Annegret ist ein so besonders lieber Mensch – und ich danke ihr für jeden Tag, den wir zusammen dort verbringen durften!

Meine Gerda ist nicht nur eine liebe Reisegefährtin, sondern auch eine ganz liebe Freundin geworden. Zu ihr kann man jederzeit kommen, wenn man etwas auf dem Herzen hat, einfach quasseln möchte oder nur ein Mittagessen haben will. In ihrem kleinen Häuschen (ihr Mann ist vor gut 10 Jahren gestorben) mitten im Wald wohnte sie bis vor gar nicht allzu langer Zeit mit einer alten Tante zusammen. Obwohl Tante Anni gar nicht eine echte Verwandte war, pflegte Gerda sie fast bis zum Schluß allein. Was das bedeutet, kann nur jemand wissen, der selbst einen alten, kranken Menschen bis in den Tod begleitet hat. Gerda verzichtete gern auf Urlaube, abends mit Freunden essen oder ins Theater zu gehen...es war selbstverständlich für sie, alles zu geben. Als diese Tante dann starb, hatte Gerda endlich Zeit, all das zu tun, was sie schon früher gern getan hätte. So sind unsere Reisen nur ein Anfang gewesen, denn Gerda war darüber hinaus schon in Italien und Spanien....weitere Reisen werden sicher folgen, wenn ihre Gesundheit mitspielt! Und weil Gerda seit einiger Zeit nicht mehr allein wohnt (einer ihrer Söhne hat das Haus umgebaut und wohnt nun mit seiner Familie auch dort), kann sich Gerda darauf verlassen, daß ihre Tiere (momentan nur 2 Katzen und ein Hund – früher auch Schafe, Ziegen und Hühner) versorgt werden. Gerda wird im kommenden Frühjahr 70 Jahre alt. Sie ist eine ganz liebenswerte Frau, die ich sehr schätze.


Meine Lore ist nun schon seit über 30 Jahren Witwe, hat in dieser Zeit 4 Jungs großgezogen. Durch ihre Arbeit als Schneiderin hat sie immer noch so viel zu tun, daß sie manchmal gar nicht weiß, wie sie ihrer liebsten Beschäftigung nachkommen kann: auf dem Sofa liegen und fernsehen! Von dort aus ist sie nur schwer zu weg zu bewegen, doch einmal aufgestanden, ist Lore „nicht mehr zu bremsen“! Aber das dauert.....
Vor 3 Jahren und vor einem Jahr hatte Lore je einen Schlaganfall, was sicherlich auch daher rührt, daß sie ungern krank ist, so gut wie nie zum Arzt ging und sich einfach nicht erlauben konnte, „irgendein Wehwechen“ zu haben.
Die Quittung bekam sie dann mit ihrem 1. Schlaganfall. Immer noch geht sie nach wie vor nicht gern zum Doc, aber das liegt wohl eher daran, daß er ihr aufzeigt, wie wenig sie sich um sich selbst kümmert. Der zweite „Schuß vor den Bug“ ereilte sie in Form eines weiteren Schlaganfalles – aber Lore wird einfach nicht schlau ...siehe vergessene oder nicht genügende Tabletten ... und trotzdem ist Lore eine phantastische Frau, vor der ich allergrößte Hochachtung habe. Lore näht übrigens die tollsten Kleider....jaha – ich habe auch 2 wunderschöne Etui-Kleider bei ihr nähen lassen ;o)) ihre Kleider und Jacken sind echte Klassiker...die sogar mich (fast) zur Dame machen ;o)))

Und last but not least ist da noch meine Linde – eigentlich die selbstständigste aus dem „Mädel-Rudel“! Linde hat die 60 auch schon lange überschritten und leitete bis vor ein paar Jahren noch ein Heim für Behinderte. Durch sie (Linde UND die Behinderten) habe ich gelernt, wie einfach das Leben sein kann – man sehe es nur durch die Augen von „Kindern“...
Ohne „Mann und Maus“ (Sohn erwachsen, vom Mann getrennt)konnten Linde schon einige Reisen unternehmen – in ihrer „Sammlung“ fehlen nur noch Australien und Neuseeland. Nun ist Linde vom Wahn gepackt, sie sei bald zu alt für solche Reisen.... ich habe mir schon den Mund fusselig geredet...sie hört einfach nicht hin! ;o) wahrscheinlich werde ich sie einfach mit einem Ticket „überzeugen“ müssen...ich war nämlich auch noch nicht in Australien und Neuseeland...

Ich danke euch, daß Ihr bis hierher gelesen habt.
Es war schön, für Euch zu schreiben.

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