Autor Thema: Schadenfreude im Internet – Geldstrafe  (Gelesen 1068 mal)

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Peter

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Schadenfreude im Internet – Geldstrafe
« am: Freitag, 13. Oktober 2006 - 10:21:37 »

Am Mittwoch, 11.10.06, erschien auf Seite 4 in der Norddeutschen Rundschau ein Bericht unter der Überschrift:

Schadenfreude im Internet – Geldstrafe

Autor Lars-Peter Ehrich berichtet dort über einen dummen Schreiberling im seinerzeitigen Itzehoe-Forum, der für seinen Beitrag juristisch zur Rechenschaft gezogen wurde - zu Recht.

Da das Itzehoe-Forum ja einerseits mein Baby war (mit Andreas Radajkin zusammen), andererseits wir in der Nachfolge dieser Forumtradition stehen und es zu alledem höchstinteressant ist, veröffentliche ich den Artikel hier, zumal die entsprechenden NR Ausgaben sicher mittlerweile auf dem Altpapier liegen ...


Zitat
Schadenfreude im Internet – Geldstrafe
Erst brannte ein Audi der Staatsanwaltschaft, dann die Luft in einem Itzehoer Internet-Forum. Seine Begeisterung über den Anschlag wird teuer für einen 31-Jährigen: Er muss 1200 Euro Strafe zahlen.
Itzehoe/sh:z
– „Back with a bang!“ (Mit großem Knall zurück) – so jubelte Mike M. vor knapp zwei Jahren in einem Internet-Forum über den Brandanschlag auf einen Audi der Staatsanwaltschaft. Die Quittung bekam der 31-Jährige gestern vor dem Itzehoer Amtsgericht: einen Strafbefehl über 1200 Euro wegen „der Billigung von Straftaten“. Mike M., der jetzt am Rande des Schwarzwalds in Lörrach wohnt, erschien nicht zur Verhandlung.

Am Abend des 15. November 2004 war der Audi A6 der Itzehoer Staatsanwaltschaft in Brand gesteckt worden. Es entstand Totalschaden. Der Täter oder die Täterin wurde nicht ermittelt. Die Bilder vom verkohlten Auto inspirierten Internet-Nutzer zu Beiträgen im „Itzehoe-Forum“. So auch zwei Tage nach der Tat, um 16.40 Uhr, Mike M.: „Wir waren es! 1929-2004! Back with a bang!“ Geschrieben unter dem Pseudonym „Claus Heim“.

Claus Heim? 1929-2004? Mike M., den die Behörden dem rechten Spektrum zurechnen, kannte sich offenbar aus mit der Landvolkbewegung, die Ende der 20er Jahre in Schleswig-Holstein Demonstrationen gegen die Weimarer Republik organisierte und zum Steuerboykott aufrief. Ein Flügel wurde immer radikaler und verübte reihenweise Bombenanschläge. An der Spitze: „Bauerngeneral“ Claus Heim aus St. Annen in Norderdithmarschen, der schließlich im Zuchthaus landete, dann wieder frei kam, aber nichts mit den Nationalsozialisten zu tun haben wollte.

Ein Widerständler gegen die „Obrigkeit“ nach dem Vorbild Claus Heims – so wollte sich Mike M. offenbar sehen. Als „Scherzkeks mit üblem Geschmack“ beurteilte ihn der nächste Forum-Besucher, der auf den Jubel-Beitrag antwortete. Dieser wurde nach 40Minuten gelöscht, als der Betreiber den radikalen Inhalt bemerkte. Doch die Kripo war bereits durch einen Bürger alarmiert worden und kam dem Verfasser schnell auf die Spur. Sein Computer wurde sichergestellt.

Zunächst leugnete Mike M. die Tat und verwies darauf, dass auch andere den Rechner hätten nutzen können. Bei weiteren Vernehmungen legte er ein Geständnis ab, behauptete aber, es so nicht gemeint, sondern nur auf einen vorangegangenen Beitrag eines Autoren namens „Zecke“ reagiert zu haben.

Das mochte er anscheinend gestern vor dem Itzehoer Amtsgericht nicht erzählen. Gegen den Strafbefehl, der daraufhin erlassen wurde, kann MikeM. Einspruch einlegen. Die Folge wäre eine neue Verhandlung – dann allerdings müsste er persönlich vor Gericht erscheinen.

lars peter ehrich