Die "jw" hat nicht gerade den Ruf, das Flaggschiff für ehrlichen und investigativen Journalismus in alle (politische) Richtungen zu sein. Vielmehr scheinen einseitige Wahrnehmung, unvollständige Wiedergabe, Polarisierung und Zuspitzung besondere Spezialitäten dieser Gazette zu sein. Wer sich selbst davon ein Bild machen möchte, schaue mal selbst auf deren Netzpräsenz (
www.jungewelt.de). Zu lesen sind dort allzu oft nur Beiträge, die dem dort gehegten und gepflegten Weltbild (etwas angestaubter auch als "Klassenstandpunkt" zu bezeichnen) entsprechen.
Viel bedeutender als die Frage, ob und unter welchen Umständen das Gespräch mit Margot Honecker zustande gekommen ist, ist doch, dass in dem Fernsehbeitrag deutlich geworden ist, dass diese immer noch verbohrte, fast schon greise Frau, frei von allen Selbstzweifeln, auch im hohen Alter der Menschenverachtung Vorschub leistet, indem sie das SED-Unrecht ebenso wie die Unterdrückung von Millionen Menschen schönredet und die Opfer des auch von ihr gestützten totalitären Regimes u.a. als "bezahlte Banditen" verhöhnt.
Sie selbst, in weiten Teilen der eigenen Bevölkerung unbeliebt und als "Lila Drachen" gefürchtet, war politisch verantwortlich u. a. für Tausende von Zwangsadoptionen der Kinder von Regimegegnern und anderen missliebigen Menschen, ist dafür nach der Wende nie zur Rechenschaft gezogen worden - weder von der sich damals zur echten Demokratie wandelnden DDR noch vom wiedervereinigten Deutschland. Ein eklatantes Versäumnis!
Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren - vielleicht wäre es den damaligen Politikern, die noch 1987 die Honeckers mit allen staatlichen Ehren (Roter Teppich, militärische Ehrenbezeugungen, beide deutschen Flaggen und Hymnen) in Bonn empfingen, nach der Wende 1989/90 unangenehm gewesen, im Zuge evtl. Gerichtsverfahren mit diesem - zumindest im nachhinein als unrühmlich empfundenen - Staatsakt und weiteren unangenehmen Fragen konfrontiert zu werden...
Schon etwas älter, aber immer noch lesenswert, ist der Zeitungsbeitrag der früheren DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier:
www.welt.de/welt_print/article2884337/Der-lila-Drache-und-das-Maerchen-von-der-schoenen-DDR.htmlFrau Klier ist Gründungsmitglied des Vereins
Vereins Bürgerbüro e.V.. Dieser hat sich - Zitat - "die Aufgabe gestellt, Personen zu helfen, die unter Willkürakten des SED-Regimes fortlaufend zu leiden haben, das öffentliche Bewusstsein für die Leistung derer zu stärken, die in der Zeit der DDR-Diktatur Opfer für die Freiheit und die Achtung der Menschenrechte gebracht haben."
Meinen Respekt allen Menschen gegenüber, die sich dort und in vergleichbaren Organisationen gegen das Vergessen und für die Opfer totalitärer Regime engagieren!