Dann trau ich mich mal und ziehe ein Fazit zur diesjährigen Tour:
Vor der Tour wurden Alberto Contador und Andy Schleck als die großen Favoriten gehandelt. Cadel Evans galt zwar als chancenreicher Außenseiter (der aber leider immer nur Zweiter wird), hinzu kamen noch einige andere Fahrer, die es zu beachten galt. Als erstes zu nennen war Alberto Contador (sehr umstritten wg. möglicher nachträglicher Dopingsperre) und seine Popularität ist deswegen gen Null gesunken.
Es kam mal wieder (fast) ganz anders, wofür Fans die Tour auch so schätzen. Den Stress der Tour machten diesmal weniger die befürchteten und zu erwartenden Stürze beim Massensprint aus, sondern das z.T.unglaubliche Chaos mit den Begleitfahrzeugen (z.B. Medienvertretern)!
Diese Hektik betraf viele Favoriten wie z.B. auch Andreas Klöden (aussichtsreich und in Topform), der genau so ausschied wie Alexandre Vinokourov oder Bradley Wiggins, die damit ihre Karrieren auf dem Rad beendeten.
Die erste Woche prägte Thor Hushovd, der das Gelbe Trikot eroberte und die zweite ging an den Franzosen Thomas Voeckler, der nach einer erfolgreichen Flucht wieder Gelb tragen durfte und dieses Trikot bis in die Alpen verteidigte. Von den Favoriten zeigten sich die Schleck-Brüder oft zu wenig offensiv - sie verloren in den Abfahrten Zeit, besonders Andy. Der Rückstand wurde allerdings in den Alpen kompensiert und vor allem Andy begeisterte alle - Medien, Publikum und Konkurrenz - durch einen frühen Angriff auf der Königsetappe, den er nach 60 Kilometer auf dem Galibier erfolgreich beendete.
Am nächsten Tag holte er sich das Gelbe Trikot, verlor es aber beim Zeitfahren gegen Cadel Evans, der damit auch die Tour gewann. Evans fuhr unauffällig und schlau, bewahrte sich vor den Stürzen, obwohl er als ausgesprochener Pechvogel gilt - und ihm mangels Masse keiner aus seinem Team wirklich half. Er war unauffälliger unterwegs als sein härtester Konkurrent Andy Schleck, aber effizient und setzte voll auf seine Zeitfahrqualitäten. Zum Ende zahlte sich seine Taktik bekannterweise aus - er ist der erste australische Toursieger überhaupt.
Da er oft genug knapp dran war, die Tour zu gewinnen, ist er auch ohne Etappensieg ein würdiger Gesamtsieger.
Zu den anderen Favoriten:
Alberto Contador zeigte sich (leider nur) zeitweise kämpferisch, teilweise ließ ihn seine schwache Form zurück fallen. Insgesamt fuhr er eine ordentliche Tour, aber der Giro mit den überragenden Antritten hat offensichtlich zu viel Substanz gekostet. Ivan Basso war auch ein Mitfavorit, fiel aber vor allem in den Alpen zurück, Samuel Sanchez punktete durch Angriffe in den Bergen, holte sich das Bergtrikot, verlor aber zuviel Zeit, um das Podium ernsthaft attackieren zu können.
Die Schleck-Brüder Andy und Fränk wurden schließlich hinter Cadel Evans Zweiter und Dritter, was einem Brüderpaar noch nie gelungen ist. Mit mehr Offensive in den Pyrenaen wäre der Gesamtsieg vielleicht möglich gewesen, der aber an Cadel ging, der in den Bergen überraschend stark war.
Herzlichen Glückwunsch an einen würdigen Toursieger - der obendrein (noch nicht) direkt mit dem Doping-Wahnsinn in Verbindunng gebracht wurde. Hoffentlich bleibt es so ;)