Autor Thema: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!  (Gelesen 8447 mal)

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ae8090

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Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #30 am: Mittwoch, 26. August 2009 - 08:45:54 »
Ich erspare mir/uns mal den ganzen Zitatensermon - wir wissen worum es geht.

Ich war bei der Anhörung des Bundeswahlauschusses nicht dabei, sondern habe nur ein paar Ausschnitte im TV gesehen. Scheint bei Blubb ja anders gewesen zu sein. Ich glaube es den Ausschussmitglieder allerdings gerne, dass man bei derartig haarsträubenden Begründungen wie "Die übrigen Landesverbände sind noch im Untergrund" bestenfalls Lachkrämpfe bekommt. Wahrscheinlicher jedoch würde ich mich verarscht vorkommen. Und das ist m.E. nachvollziehbar. Offenbar wollten einigen selbsternannte Oberwitzbolde das Forum der Demokratie für misslungene Comedy-Auftritte verunglimpfen.

Derartig verantwortungslos kann man natürlich auch mit Demokratie umgehen, aber man muss sich doch fragen, was diese Menschen bereit sind, einzusetzen, um diese Demokratie vor ihren Feinden (und damit meine ich die NPD genau so wie Teile der Linken, damit meine ich islamistische Extremisten genau so wie den versprengten Haufen deutscher Kaisertreuer etc) zu schützen. Nur eine verantwortlich wahrgenommene Demokratie ist eine starke Demokratie, die auch die notwenden Grundrechte und Freiräume für ihre Bürger udn Bürgerinnen bewahren und schützen kann.

Der Ausschuss, dem, sofern ich recht informiert bin, Vertreter/inen sämtlicher im Bundestag vertretenen Parteien angehören (SPD, CDU, CSU, FDP, Grüne/B90, Linke - wen vergessen?) hat übrigens folgende Aufgaben:

•Feststellung, welche Parteien im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren (§ 18 Abs. 4 Nr. 1 BWG)
•Feststellung, welche Vereinigungen, die nicht unter § 18 Abs. 4 Nr. 1 BWG fallen und bis zum 90. Tag vor der Wahl ihre Beteiligung angezeigt haben, für die Wahl als Parteien anzuerkennen sind,
•Entscheidung über Beschwerden gegen die Zurückweisung oder Zulassung einer Landesliste,
•Entscheidung über die Erklärungen über den Ausschluss von der Listenverbindung,
•Abschließende Feststellung des Ergebnisses der Landeslistenwahl im Wahlgebiet.

Quelle: bundeswahlleiter.de

Irgendwer muss ja, genau wie Du, Blubb, es geschrieben hast, feststellen, ob zu einem gewissen Stichtag die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind (entsprechende Zeiten und mit entsprechender Größe im Bundestag oder in den Landtagen, andernfalls: sind alle Formulare ausgefüllt, sind die Unterstützerunterschriften da etc) und dann darüber befinden: Ja, Partei A erfüllt diese Voraussetzungen, Partei B eben nicht. Und. Nix anderes macht der Bundeswahlausschuss.

Natrülich könnte man darüber reden, ob es in Zukunft eine zB einwöchige Nachbesserungsfrist geben kann. Verbesserungsmöglichketen gibt es (fast) überall. Dann hätte Frau Pauli die Möglichkeit gehabt, ihren "Kaiser Wilhelm" noch unter das Formular zu setzen und gut ist.

Andreseits: Nehmen wir mal an, Blubb und ich würden beide um ein öffentliches Amt konkurrieren, sagen wir mal um das des Landrates hier in Steinburg. Blubb möchte politisch für Steinburg dieses, ich jenes. Es gibt eine Frist, zu der die notwendigen Unterlagen eingereicht werden müssen. (zB eine bestimmt Anzahl an Unterstüptzerunterschriften, aber auch ein Nachweis darüber, ob überhaupt das passive Wahlrecht besteht etc). Du Blubb schaffst das natürlich spielend, hast sogar 484 Unterschriften mehr, als gefordert.

Ich schaffe das nur fast, mein Bewerbungsformilar ist unzureichend ausgefüllt und außerdem fehlen 56 Unterschriften.

Ist es nun undemokratisch, würde ich von der Wahl ausgeschlossen? Oder wäre es nicht vielmehr eine klare Benachteilungung von Dir, lieber Blubb, wenn ich trotzdem zugelassen würde. Ich vermute mal, Du wärest sehr erbost, würdest vielleicht sogar vermuten, die Verantwortlichen stünden politisch mir näher. Nachvollziehbar!

Zumal, und das ist mein Hauptargument gegen eine solche "Nachbesserungsfrist": Bekommt die dann jede/r abgelehnte Bewerber/in? Oder nur jene/r, deren/dessen Versäumnisse kleinerer Natur sind? Wer entscheidet dann, was "kleinere Versäumnisse" sind? Hält hier die Willkür nicht fröhlichen Einzug? Zumindest die Möglichkeit derselben?

Nein, der Bundeswahlausschuss macht nichts anders, als festzustellen: Hop oder top, schwarz oder weiß. Der hat die notwendigen Formalia erfüllt und der andere nicht. Fairer geht es schlicht nicht.



übrigens:

Zitat
Städten fehlen nur noch wenige Wahlhelfer
Berlin (dpa) - Ohne sie geht am 27. September gar nichts: In ganz Deutschland werden etwa 630 000 Wahlhelfer benötigt. Vier Wochen vor der Bundestagswahl sind fast alle Posten vergeben, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa ergab. In einigen größeren Städten fehlen zwar noch einige hundert Helfer, doch die Wahlleiter sind zuversichtlich, noch genügend Freiwillige für das Ehrenamt zu finden. Den größten Ansturm auf die Helferstellen gab es in Städten, die die gesetzlich vorgeschriebene Pauschale von 21 Euro aufgestockt haben.

erschienen am 26.08.2009 um 06:56 Uhr
Quelle: welt.de

wie das in Eurer jeweiligen Kommune ist, kann ich nicht beurteilen. Bei uns im Dorf macht den Wahlvorstand üblicher- und dankenswerterweise der Gemeinderat (außer bei den Kommunalwahlen natürlich), aber das muss ja nicht überalle so sein und vor allem in Städten ist das so auch gar nicht möglich. Demokratie lebt von bürgerschaftlichen Engagement, von Menschen, die auch sichtbar Verantwortung übernehmen und sich für die Gemeinschaft engagieren. Darum nochmals mein Aufruf: Fragt nach, ob bei Euch noch Wahlhelfer gesucht werden und stellt Euch dafür zur Verfügung.

Blubb

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Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #31 am: Mittwoch, 26. August 2009 - 09:03:10 »
Das Problem ist weiterhin, dass jedes andere Verwaltungsorgan seine Entscheidung, die aufgrund von falschen rechtlichen Erwägungen getroffen wurde - was hier mindestens in zwei Fällen relativ klar zu bejahen ist -, im Zuge des §§ 48, 49 VwVfg seine Entscheidung revidieren kann. Beim Bundeswahlausschuss gibt es diese Möglichkeit nicht. Das ist sehr sehr problematisch.
Eine Nachbesserungsfrist zu einem angemessenen Zeitpunkt für alle halte ich auch gar nicht für so fragwürdig. Da reicht ein Hinweis: "Das und das fehlt noch" und dann reicht man es eben nach - sagen wir mal bis drei oder vier Monate vor der Wahl.

Zu dem obigen Problem gesellt sich noch die Tatsache, dass es hier keinen effektiven Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses gibt, was auch bei bei "normalen" Entscheidungen der Verwaltung möglich ist.

Diese beiden Makel plus den Auftritt von Herrn Egeler im konkreten Fall - was ich vor allem auf die zweite Anhörung Anfang August beziehe - lassen bei mir doch erhebliche Zweifel aufkommen, ob dieses Verfahren so in Ordnung (Ich sehe hier auch eine Willkür- und Missbrauchsanfälligkeit) ist. Zumal Du ja richtig erkannt hast, dass es irgendeine Form der Zulassung zur Wahl geben muss, aber so geht das nicht, denn das ist aktuell nämlich genau das, was du bestreitest: Undemokratisch.
« Letzte Änderung: Mittwoch, 26. August 2009 - 09:49:58 von Blubb »

ae8090

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Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #32 am: Mittwoch, 26. August 2009 - 11:00:47 »
...
Zumal Du ja richtig erkannt hast, dass es irgendeine Form der Zulassung zur Wahl geben muss, aber so geht das nicht, denn das ist aktuell nämlich genau das, was du bestreitest: Undemokratisch.

schön zu lesen, dass Dich Argumente offenbar überzeugen und Du von Deiner Forderung nach ersatzloser Streichung des Zulassungsverfahrens abrückst. Jedoch muss ich entschieden Deiner Aussage widersprechen, dass dieses Vorghehen undemokratisch sei. Mitnichten! Alles außer reinem Formalismus wäre in der Tat fragwürdig. Aber der Ausschuss prüft rein formal übrigens: in allen (sic!) Fällen.

Du unterstellst, in zwei Fällen habe er nicht rein formal entschieden. Bitte Butter bei die Fische: Welche beiden Fälle? Mit welcher Begründung bei welcher Sachlage wurde welcher Bewerber abgelehnt?

Ferner: Warum ein Ausschuss nicht nicht irgendein Verwaltungsbeamter? Genau deshalb, weil es zum Wesen der Demokratie gehört, dass solche Dinge öffentlich geschehen; zB damit wir hier darüber diskutieren können. Wäre ein einzelner Verwaltungsbeamter damit betraut, säße er in seinem Amtskämmerlein, würde einen entsprechenden Bescheid versenden und die Öffentlichkeit könnte dann nur über die Pressemitteilung der betroffenen Partei / des betroffenen Einzelkandidaten informiert werden. Ganz ehrlich Blubb: Möchtest Du Dich in einer Frage solchen Ranges auf die Pressemitteilung beispielsweise der NPD verlassen? Ich lieber nicht.

Zum Thema Rechtsschutz: Du meinst sicherlich die Klagemöglichkeit. Albrecht hatte schon sehr einleuchtend dargelegt, warum das erst nach einer Wahl geht: Mann müsste sonst Jahre vor einer Wahl mit dem Zulassungsverfahren beginnen, damit der Instanzenweg gewahrt bleiben kann. Nee, so haut dsas nicht hin. Die Wahl ist am 27. September, die zweite Sitzung des Bundeswahlausschusses war, wie du korrekt schreibst im August. Das ist schon wesentlich weniger als die von Dir geforderten drei bis vier Monate. Legten wir die zugrunde, hätte der Wahlausschuss im Mai tagen müssen, was im Klartext bedeutet, dass die betreffenden Parteien wesentlich weniger Zeit gehabt hätten, die geforderten Auflagen zu erfüllen. Ist das tatsächlich Dein Anliegen? Kleinen und vielleicht politisch unerfahrenen Parteiel den Zugang dadurch zu erschweren, dass sie weniger Zeit haben?

Und zum Klageweg als solchem: Ja, das kommt erst nach der Wahl. Mit der Gefahr, dass das BVerfG die Wahl am Ende und im Nachhinein für ungütig erklärt und sie wiederholt werden muss. Und falls Du jetzt argumentieren willst: Ach das machen die doch nicht, eine Krähe hackt der anderen schließlich kein Auge aus. Sei Dir da man nicht so sicher. Das BVerfG hat schon so manches Mal zum Ärger der Regierenden in Bonn und jetzt Berlin seine Unabhängigkeit bewiesen.

Und einen Präzedensfall gäbe es schließlich ja auch, zwar nicht auf Bundes- aber auf Landesebene. In Hamburg wurde in den 80er Jahren vom Hamburgischen Verfassungsgericht eine Bürgerschaftswahl einmal für Verfassungswidrig erkärt, weil eine Parteil (es war die CDU) gegen demokratische Grundregeln bei der Aufstellung der Listenkandidaten verstoßen hatte. Die Bürgerschaft wurde komplett neu gewählt.

Das hat den Hamburgischen Staat jede Menge Geld gekostet. Ja, Demokratie ist teuer. Keine Demokratie ist noch teurer!

Albrecht

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Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #33 am: Mittwoch, 26. August 2009 - 11:40:26 »
Eine Nachbesserungsfrist zu einem angemessenen Zeitpunkt für alle halte ich auch gar nicht für so fragwürdig. Da reicht ein Hinweis: "Das und das fehlt noch" und dann reicht man es eben nach - sagen wir mal bis drei oder vier Monate vor der Wahl.
Bei rechtzeitigem Einreichen der erforderlichen Unterlagen vor Ultimo wird auch auf fehlerhafte Unterlagen hingewiesen und um Nachbesserung gebeten. Wenn die Unterlagen allerdings erst 5 Minuten vor Abgabeschluss eingereicht werden, ist eine Vorprüfung und Korrektur eben nicht mehr möglich. Das war die Situation bei der Einreichung der Landesliste der Pauly-Partei in Bayern.

Der Bundeswahlausschuss hatte die Partei zur Bundestagswahl zugelassen. Es wurde aber nur in Bayern eine Landesliste eingereicht, da in allen anderen Ländern die erforderlichen Unterschriften nicht erreicht wurden. Gegen die Zulassung der Landesliste durch den Landeswahlausschuss hat sich Pauly an den Bundeswahlausschuss gewandt, der die Nichtzulassung der Landesliste wegen Unvollständigkeit bestätigte.

In einem Eilverfahren vor dem Verfassungsgericht über die Zulassung zu entscheiden, kann eine Wahl genauso ungültig werden, wenn nämlich im Hauptverfahren anders entschieden wird.

Blubb

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Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #34 am: Mittwoch, 26. August 2009 - 15:06:47 »
A. Ich habe nicht behauptet, dass es sich beim Bundeswahlausschuss um irgendeinen Verwaltungsbeamten handelt, sondern um einen Teil der Verwaltung, zumindest aber der Exekutive. So wären z.B. Verwaltungsverfahrensvorschriften analog anwendbar. Bei einem anderen Schluss, würde man entweder auf einen unzulässigen Bruch der Gewaltenteilung kommen oder zur Schaffung eines in Art. 101 GG verbotenen Ausnahmegerichtes. Oder zu welchem Teil der staatlichen Gewalt gehört der Bundeswahlausschuss sonst?

B. Ich habe nicht gesagt, dass man aufgrund von inhaltlichen Gründen, sondern aufgrund falscher rechtlicher Erwägungen entscheiden hat. Im Fall der Partei "Die Partei" wurde dieser der Parteistatus aberkannt, und das aufgrund eines ominösen Faxes und obwohl man seitens der Partei darlegen konnte, dass die Voraussetzungen der Parteieigenschaft vorliegen. Dabei handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, sprich wenn die Voraussetzungen vorliegen, muss die Verwaltung zu einer positiven Entscheidung kommen. Eine Ermessenentscheidung ist nicht gegeben. Nun hätte man aber in analoger Anwendung der §§ 48, 49 VwVfg seitens des Ausschusses zu einer anderen Entscheidung kommen müssen. Dies ist aber nicht geschehen.
Im Fall der Freien Union ging es um die Nachholung der Unterschrift von Frau Pauli. unter die Zulassung der Landesliste in Bayern. Diese wäre, und da bin ich - wie in einem der obigen Links beschrieben - nicht allein, durchaus möglich gewesen. Hier wurden also in zwei Fällen die Rechtslage verkannt, d.h. man handelte rechtswidrig.

C. Albrecht hat eigentlich schon das Problem des fehlenden effektiven Rechtschutzes erkannt, denn das Eilverfahren kann einen solchen gar nicht bieten. Dafür musste man theoretisch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz ein - für solche Fälle - eigenes Verfahren schaffen, denn dieses gibt es nicht. Dafür braucht man einen Instanzenzug auch nicht zu installieren, denn dafür gibt es eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, nämlich die ordnungsgemäße Druchführung der Wahl. Andere Verfahren, wie z.B. das Parteiverbotsverfahren oder die Verfassungsbeschwerde, enthalten auch keinen Instanzenzug und sind trotzdem ein effektiver Rechtsschutz. Nur ein eigenes Verfahren für Nichtzulassung von Parteien zur Bundestagswahl schafft Rechtssicherheit und sit somit ein effektiver Rechtsschutz.

Blubb

  • Gast
Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #35 am: Donnerstag, 29. Oktober 2009 - 23:03:53 »
Gestern habe ich einen exzellenten Artikel von Martin Morlok gefunden - zugegebenermaßen mit auch mir unbekannten Fakten und Lösungen für das Problem.

Martin100

  • Gast
Re: OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland!
« Antwort #36 am: Freitag, 30. Oktober 2009 - 06:22:09 »
Hallo,

Hallo,

Gestern habe ich einen exzellenten Artikel von Martin Morlok gefunden - zugegebenermaßen mit auch mir unbekannten Fakten und Lösungen für das Problem.

das in Kiel eine Regierung an der Macht ist an die nicht die Mehrheit der Stimmen hat, hat die OSZE
wohl noch nicht mit bekommen :-)

Normalerweise müßten Nachts alle auf den HC Hochhäusern stehen und "Allah-u-Akhbar" rufen.

Gruß Martin