Autor Thema: Ein Fleck und seine Geschichte  (Gelesen 2222 mal)

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Offline Brilonius

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Ein Fleck und seine Geschichte
« am: Mittwoch, 22. Oktober 2008 - 16:00:31 »
Ich lese und schreibe gerne Geschichten von banalen, kleinen Mißgeschicken, Alltagsgeschichten eben, die schadenfrohe Zuschauer leicht amüsieren, die Hauptdarsteller jedoch erst einmal verzweifeln lassen, später aber - es ist ja noch mal gut gegangen - versöhnlich stimmen: Es hätte alles viel schlimmer kommen können.
Ich erinnere mich an eine Geschichte, im Sommer:

Birgit zeigte auf unsere Küchendecke - wir frühstückten gerade: "Da ist ein Wasserfleck!" Erschrocken blickte ich nach oben: Tatsächlich,  da oben beulte sich die Tapete, ein 2- Handflächen großer nasser Fleck war zu sehen. Ich stieg auf einen Stuhl und untersuchte den Fall. Es gab keinen Zweifel, die Stelle war feucht, häßlich und irgendwie bedrohlich. Beratschlagung: Warum und vor allem, was nun?

Wir waren uns einig: Ganz in der Nähe lief in dem Deckenzwischenraum ein Entlüftungsrohr, das eigentlich den Küchendunst ins Gästeklo und von dort mit Hilfe eines Ventilators ab nach oben zum Dach hinaus befördern sollte (Wir fanden damals dieses Entlüftungssystem unmöglich und haben eine andere Lösung gefunden). Vielleicht war ja dieses Rohr undicht und, und....., der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt. Einstimmiger Beschluß: Weiter beobachten! Der Fleck trocknete weg, Gott sei Dank!

Am nächsten Tag regnete es und schwupp, der Fleck war wieder da, allerdings 20 cm neben dem alten. Wir eilten nach draußen und blickten besorgt nach oben auf's Dach. 2 Entlüftungsrohre guckten aus dem Dach - irgendwie sahen sie schief aus. Ein Dachdecker mußte her. Der Meister begutachtete den Fall, hörte sich unsere Vermutung an, nickte und sagte: "Vielleicht liegt es auch am Dachfenster."

Wir machten einen Termin für eine genauere Untersuchung und 3 Tage später schlurften 2 lustlose Typen auf unsere Auffahrt. Sie sahen mich an, sagten kein Wort, und ich mußte noch einmal alles erklären. Einer hielt die Leiter, der andere stieg auf's Dach, untersuchte die besagten Rohre und triumphierte: "Ich hab's. Ein so großer Spalt" - er deutete mit Daumen und Zeigefinger einen Abstand von 5 cm an - "ist zwischen Rohr und Dachpfanne!"  "Und wie kommt das Wasser bis zur Küchendecke?" fragte ich schüchtern. " Das Wasser läuft außen am Rohr entlang und tropft dann irgendwo ab." Überzeugt war ich nicht, bei den vielen Biegungen bis zu unserer Küchendecke. "Den Spalt müssen wir abdichten!" Das leuchtete mir ein, so oder so.

Die beiden Dachdecker setzten sich ins Auto, frühstückten und fuhren anschließend nach Itzehoe, um irgendwelches Material zu holen. Nach einer halben Stunde kamen sie zurück, einer kletterte wieder auf's Dach, der andere kroch auf unserem Boden herum. "Die Rohre sind außerdem noch falsch zusammengesetzt!" Das also auch noch. Nach 2 Stunden war der Schaden behoben, wir bedankten uns bei den beiden Herren, wünschten uns gegenseitig einen schönen Tag und waren erleichtert.

2 Tage später: Ich kam vom Sport, duschte ausgiebig und lief fröhlich die Treppe hinunter. "Der Fleck ist wieder da!" Birgit zeigte nach oben. Tatsächlich, da war er wieder, größer und bedrohlicher als vorher. Ein Anruf beim Dachdecker. "Montag 7 Uhr fahren wir vom Hof und sind 15 Minuten später da."

Ganz beruhigt waren wir trotzdem nicht. Es hatte nicht geregnet und der Fleck ist trotzdem zurückgekommen. "Vielleicht ja nur Restwasser", versuchten wir uns zu beruhigen. "Ich rufe mal Tobias an." "Schaden kann's nicht", dachte ich, "vielleicht hat der Häuserversteher eine Idee." Tobias nach einer Weile: "Euer Fleck liegt genau unter der Dusche im Badezimmer, vielleicht sind die Fugen undicht."

Ich zerrte gleich die Baupläne heraus, schritt draußen mit Vermesserroutine von der Hausecke ein bestimmtes Maß ab und siehe da, er hatte Recht. "Eigentlich hätte ich da auch drauf kommen können", dachte ich mir, bin es aber nicht. Jetzt mußten wir nur noch die Fugen unter die Lupe nehmen. Auch da hatte er Recht, einige schienen nicht mehr ganz dicht zu sein. Also ein Fall für Klempner-Karl! Birgit kratzte vorher die Fugen sauber - ich hätte gerne geholfen, aber Ihr müßt wissen, ich habe Rücken und Kreislauf -, Karl versiegelte dann die Fugen und brachte ganz nebenbei noch eine neue Duschhalterung an.

Jetzt macht Duschen wieder richtig Spaß, es kann regnen wie aus Eimern: Wir sind völlig entspannt und kein banger Blick geht mehr an die Küchendecke.


Katja

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Re: Ein Fleck und seine Geschichte
« Antwort #1 am: Mittwoch, 22. Oktober 2008 - 16:40:53 »
Ein Lese-Genuß! Danke, Brilonius!!!

Bitte mehr.....  :D

Johomo

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Re: Ein Fleck und seine Geschichte
« Antwort #2 am: Mittwoch, 22. Oktober 2008 - 16:58:56 »
Musstest Du denn die Dachdecker noch bezahlen?

Alex

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Re: Ein Fleck und seine Geschichte
« Antwort #3 am: Mittwoch, 22. Oktober 2008 - 18:18:22 »
Ich kam vom Sport,
Birgit kratzte vorher die Fugen sauber - ich hätte gerne geholfen, aber Ihr müßt wissen, ich habe Rücken und Kreislauf .
Soso, Du kannst also Sport treiben, aber Birgit nicht beim Fugen kratzen helfen ;)
Bei welchem Sport werden denn der Rücken und der Kreislauf nicht gefordert ???.
Paß bloß auf das Birgit Dir nicht auf die Schliche kommt. ;D

Offline Brilonius

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Re: Ein Fleck und seine Geschichte
« Antwort #4 am: Mittwoch, 22. Oktober 2008 - 18:38:16 »
Zitat
Soso, Du kannst also Sport treiben, aber Birgit nicht beim Fugen kratzen helfen . 
Bei welchem Sport werden denn der Rücken und der Kreislauf nicht gefordert .
Paß bloß auf das Birgit Dir nicht auf die Schliche kommt.

Ich befürchte, Birgit hat mich auch schon durchschaut. Aber der bessere Handwerker ist sie auf jeden Fall, auch ohne Kreislauf und Rücken.

Gruß, Brilonius