Autor Thema: Reisebericht Schottland  (Gelesen 2898 mal)

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Katja

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Reisebericht Schottland
« am: Samstag, 16. Juni 2007 - 21:08:51 »
Wenn einer eine Reise tut....


...dann kann er was erzählen! Und wenn Ihr mögt, werde ich Euch erzählen, was wir so alles erlebt haben auf unserer Reise nach Schottland.


Zunächst sollte ich erklären, wie es zu dieser Reise überhaut kam: unsere Clique besteht aus 5 Frauen, von denen ich die Jüngste bin und damit vielleicht auch (manchmal wenigstens) der Motor. Wenn in unserer Kniffel-Kasse (Kniffeln ist ein Würfel-Spiel, auch Yatzee genannt!) genug Geld eingespielt wurde, machen wir eben so eine Reise, die die anderen „Mädels“ ob ihres Alters oder ihrem fehlenden Antrieb eben nicht mehr allein machen würden/könnten/wollten.
Unsere erste Fahrt führte uns nach Ägypten, die zweite in die Türkei und die letzte eben nach Schottland.

Wenn man bedenkt, daß „meine Mädels“ alles meine Mütter oder gar Großmütter sein könnten, würde der Gedanke nahe liegen, ich wäre als „Nesthäkchen“ und Kind/Enkel-Ersatz die am meisten verwöhnteste....FEHLANZEIGE!! Meine Mädels sprechen kein (oder kaum) englisch und sind eher unselbständig, wenn sie sich außerhalb ihres heimatlichen Gefildes aufhalten. Und einen Camping-Urlaub zu machen, ....nein, DAS war ja sooooo aufregend!

Ein so großes Auto zu fahren und dann auch noch auf der verkehrten Straßenseite – nein, DAS wollten sie nun auch nicht!

Also habe ich diese 14 Tage damit verbacht, gleich eine lange Liste an Berufen auszuüben: Chauffeur, Zimmermädchen (wer kann schon eine Sitzgruppe zum Doppelbett –und wieder zurück- umfunktionieren?), Köchin, Krankenschwester (vom langen Sitzen bekommen ältere Herrschaften scheinbar immer Hämorrhoiden – von den anderen Wehwechen ganz zu schweigen), ich spielte Fremdenführer, war Dolmetscher, kaufte ein.....
Und wenn Ihr mich jetzt bedauert – TUT ES NICHT – denn ich wusste, was auf mich zukommt! Eines wusste ich allerdings nicht: KEINES der Mädels war in der Lage, Karten zu lesen!
Das in Verbindung mit fehlenden Englischkenntnissen führte einige Male zu echten Brüllern: „Komisch, ich finde diesen Ort gar nicht auf der Karte: Break welcome“ war nur einer davon!

Komisch wurde allerdings auch, wenn sich die Mädels abends in ihr Bett begaben: die Zweit-Jüngste, aber gleichzeitig auch die Schwerste - wollte partout das obere der Doppelstock-Betten belegen! Ein Bild für die Götter, wenn sich 90kg Lebendgewicht über die fragile Leiter in ein 80cm breites und nur etwa 50 cm hohes Bett quälten...Runter war der Weg für sie einfacher: sie rutschte über die Kante und ließ sich fallen!

Spätestens da wusste ich, daß es angebrachter ist, die Stützen (unter dem Wohnmobil) doch auszukurbeln!!! Ich schlief nämlich im Alkoven und konnte dabei die Gesetze der Physik ganz deutlich studieren: je schwerer das ssst, desto größer der Bums! Die Federn des Wohnmobiles (ohne Stützen)gab am hinteren Ende des Bettes so stark nach, daß das Nachfedern den Alkoven mächtig in Bewegung brachte – und beim ersten „Absprung“ meiner Reisegefährtin mir eine Beule!

Die anderen hatten es einfacher: bereits nach einer halben Stunde „Bettenbauens“ (Ikea ließ grüßen) konnten sie ins Bett sinken! Das letzte Mädel (auch wohlwollend als „vollschlank“ zu bezeichnen) musste bloß irgendwie neben der Leiter durch eine 50 x 80 cm große Öffnung ins Bett kriechen! Ohne mich selbst als ungemein sportlich darzustellen (ich halte es mit Churchill: no sports!) war ich die einzige, die relativ einfach in und aus dem Bett steigen konnte! Ich hatte einen Logen-Platz in meinem Alkoven ....und Ihr könnt Euch vorstellen, wie ich das abendliche Verrenken der anderen genossen habe!

Ohne die älteren Leser unter Euch zu diffamieren: ab 50 wird die Blase schwach – eine Tatsache, die jeder Mediziner bestätigen wird! Ich weiß es nun aus Erfahrung (nicht, weil ich schon 50 bin, sondern meine Gefährtinnen zum Teil deutlich älter sind).... Ist man Zuhause, geht der gelegentliche Gang auf das Örtchen ja im täglichen Rhythmus unter....sind aber 4 Mädels über 50, ist man (ich) doch froh, wenn ein wohnmobileigenes Klo vorhanden ist! Sonst wäre die Strecke nach Schottland sicherlich wegen der notwendigen PP (Pinkel-Pausen) ein längeres Unterfangen geworden– meine groben Schätzungen haben ergeben, daß wir alle 200 km mit 25 Minuten Pause zu rechnen gehabt hätten. Bei ca. 1600 km (eine Tour) wären es also 8 Pausen oder über 3,3 Stunden stillstehendes Warten meinerseits gewesen...

Trotzdem habe ich (in egoistischem Eigennutz – ich musste das Chemie-Klo ausleeren!!)) darauf bestanden, daß die „Hauptsachen“ in einem außerhalb des Wohnmobiles gelegenen Örtchen erledigt werden sollten...ich kann ja so gemein sein! Der interne englisch-Kurs begann dann auch mit den Worten: "May I have the key to the toilets, please?"...

Könnt Ihr Euch vorstellen, wie viel man sich zu erzählen hat, wenn man auf engstem Raum 12 Stunden Autofahrt vor sich hat?? Ich konnte es, und so hatte ich unsere Abfahrtzeit auf unchristliche 3 Uhr morgens bestimmt! So – dachte ich – hätte ich ob der frühen Morgenstunde nicht schon nach 4 Stunden ausgefranste Ohren – Fehlanzeige! Meine Mädels sind unberechenbar gewesen!! Spätestens jetzt weiß ich, was die Schilder in Reisebussen „Nicht mit dem Fahrer sprechen“ bedeuten...ich hätte gern auch ein solches gehabt! Statt dessen prangte ein anderes Schild auf dem Armaturenbrett, das – rotumrandet- eine ebenfalls rot durchgestrichene Zigarette darstellte! Bis heute habe ich nicht eindeutig herausgefunden, was dieses Zeichen zu bedeuten hat! Ich kann mir aber vorstellen, daß es ein Verbot für den Beifahrer war (das Schild befand sich direkt vor dessen Sitz!), dem Fahrer (also mir!) eine Zigarette anzubieten! Okay, mit dieser kleinen Einschränkung konnte ich leben – meine Mädels rauchen sowieso nicht!! Ein weiteres dieser ominösen Schildchen befand sich auf der Tür zum Bad – es sollte wahrscheinlich bedeuten, daß dort keine Zigaretten aufbewahrt werden durften! Wer lagert schon seine Zigaretten auf der Toilette??

Die ersten 550 Kilometer nach Calais lagen also ziemlich schnell hinter uns! Allerdings hatte unser Gefährt erst 6.333 km gelaufen und die „Einfahr-Phase“ war sicher noch nicht ganz abgeschlossen. Ich befürchtete schon, daß ca. 80 Power-PS kaum ausreichen würden, um alle Personen und (BITTE NICHT AUSSER ACHT ZU LASSEN) alle Nahrungsmittel in einer annehmbaren Geschwindigkeit zu befördern. Ich wurde allerdings positiv überrascht, denn mit einer durchschnittlichen 100km/h Reisegeschwindigkeit waren wir bereits um 10:30 h in Calais angelangt (beachtet bitte, daß wir zwischendurch einige Örtchen in Holland, Belgien UND Frankreich besichtigt hatten!!)

Unsere Fähre (ich hatte KEIN Ticket gelöst) ging dann auch um ¼ nach 11 bereits über den großen Teich, so daß wir gegen 13 Uhr schon (12 Uhr Ortszeit) britischen Boden befuhren!

Nun kam das, was ich oben bereits angedeutet habe: KEINES meiner Mädels konnte Karten lesen! Kreisverkehr, „verkehrte“ Seite (Linksverkehr), in einer Hand die Karte, in der anderen Hand eine Zigarette und einen Becher Kaffee....es muß also ziemlich abenteuerlich ausgesehen haben, wie ich unser Wohnmobil durch die ersten Kurven manövriert habe! Meine Mädels wurden ziemlich still und ich schwor, gleich am ersten Abend eine kurze Unterweisung in Sachen Karten-Lesen zu geben. Es sollte anders kommen...

Mein Ehrgeiz war geweckt, denn ich wollte unbedingt so weit wie möglich aus den Ballungsgebieten um London heraus, bevor wir uns ein Quartier für die Nacht aufbauen sollten. Außerdem war es ja noch viel zu früh... Kilometer um Kilometer fuhr ich also unserem Ziel entgegen (die gelegentlichen PP´s erwähne ich jetzt mal nicht mehr!); wir ließen London rechts liegen, passierten Birmingham, Manchester und Preston und erreichten die schottische Grenze bei Gretna Green am gleichen Tag um 21:55 Uhr! Welcher Idiot hat sich nur diesen Fahrtzeiten-Begrenzungsquatsch ausgedacht??

In einem kleinen Wäldchen nahe einem ganz entzückenden kleinen Häuschen fanden wir einen idyllischen Platz, an dem wir unsere erste Nacht im Wohnmobil übernachten konnten. Der leichte Nieselregen wich einem ausgewachsenem Wolkenbruch! Der Grill blieb also eingepackt und die letzten Reste von Kartoffelsalat und Frikadellen wurde aufgetischt!

Obwohl ich eigentlich kein Bier pur mag, war nun für mich der Zeitpunkt gekommen, eines zu trinken! Ich hatte es verdient – dachte ich! Außerdem wollte ich nach ca. 3 Litern Kaffee auch endlich mal etwas Kaltes, flüssiges zu mir nehmen...und noch einmal außerdem hatte ich mit einem Ohr gehört, daß Gerda nebenbei erwähnte, sie würde nachts „etwas schnarchen“! Wie sonst sollte ich mich da betäuben??

Gerda´s „bißchen Schnarchen“ erwies sich als ausgemachtes Getöse, das sogar dem aufgezogenem Gewitter alle Konkurrenz gemacht hat! Wie gut, daß ich vorsichtshalber Ohrenstöpsel mitgenommen hatte!
Gegen 5:30 Uhr (Ortszeit) war es dann mit der Stille zwar noch nicht vorbei (dem Erfinder der Ohrenstöpsel gebührt das Bundesverdienstkreuz!!!), jedoch machten sich die Blasen meiner Gefährtinnen bemerkbar! Wie ich oben bereits geschildert habe, bekam ich einen Einblick in die Tiefen der Physik, wobei ich in der Aufwachphase, die zugegebenermaßen SEHR kurz war, ehrlich gesagt mehr an ein Erdbeben gedacht hatte!

Mit dem Pipi-Machen muß es etwas auf sich haben, daß man gern auch als „Kettenreaktion“ bezeichnen kann: geht eine, müssen alle! Ergebnis: es war Sonntagmorgen 6 Uhr Ortszeit und ich war wach....und schlecht gelaunt - wegen der Ignoranz meines heiligen „ich-schlafe-sonntags-immer-bis-mindestens-halb-10“-Prinzips!!! Also griff ich halb im Tran nach meinen Zigaretten, turnte aus meinem Alkoven (der gleichzeitig als Klamotten-Depot für alle fungierte) und ging vor die Tür zum „eine frühstücken“. Das tadelnde „doch nicht auf nüchternen Magen – und dann auch noch im Nachthemd“ überhörte ich geflissentlich – wie kann man kurz nach dem Aufstehen nur schon ganze Sätze reden????

Meine ganze miese Stimmung wurde aber schlagartig besser, als ich einen tierischen Besucher entdeckte: einen Steinadler! Daß ich ihn ohne Brille trotzdem als solchen identifizieren konnte, sagt Euch, wie nahe ich ihm war!!! Vielleicht hätte ich ihn nicht erkannt, wenn ich nicht mein halbes Leben in der Nähe einer Adlerwarte gelebt hätte! Es war phantastisch! In freier Wildbahn!!! Hier war ich richtig!

Als ich den anderen meine Entdeckung mitteilen wollte, dazu in das Auto zurück ging, erwartete mich das erste Chaos: die Mädels versuchten, das Bett abzubauen. Stellt Euch vor: 4 technisch völlig unversierte, ältere Frauen versuchen aus einem Bett zwei Bänke und einen Tisch zu richten! Wenn ich nicht helfend eingegriffen hätte, wäre es vielleicht ein modernes Kunstwerk geworden... so konnten wir gegen 6:45 frühstücken! Und das auf einen Sonntag.

Wie unser Besuch in der alten Schmiede von Gretna Green ablief, erzähle ich euch im Teil 2 meines Berichtes

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #1 am: Mittwoch, 18. Juli 2007 - 11:54:27 »
Teil 2

Besuch der alten Schmiede in Gretna Green

Gretna Green war vor Urzeiten ein Anlaufpunkt derer, die sich –meist entgegen dem Willen ihrer Eltern- schnell und ohne viel Wirbel trauen lassen wollten. Es ist nicht verwunderlich, daß ein schottischer Pastor damals auf die Idee kam, denn mit dieser Idee kam der bescheidene Wohlstand in den kleinen Ort an der schottischen Grenze. Plötzlich gab es Hotels, Gaststätten etc. und natürlich mussten die Brautleute ihren Obolus bezahlen...Trauzeugen wurden ebenfalls bezahlt – ja, auch damals kostete Heiraten eine Menge Geld. Die wohl wichtigste Einnahmequelle war aber wohl ein kleines Zimmer, welchen angrenzend an der Schmiede, manchmal mitvermietet wurde! (ein Schelm, der böses dabei denkt!!) Zogen sich die Brautleute nach der Trauungszeremonie dorthin ALLEIN zurück, konnte sogar ein eiligst nachgereister Herr Papa nichts mehr gegen die eben geschlossene Ehe machen... Wohnmobile gab es noch nicht, damals 1700 hastnichtgesehen!

Im Teil 1 habe ich ja schon berichtet, zu welcher unchristlichen Zeit wir auf den Beinen waren! So war es kaum verwunderlich, daß wir gleich nach dem Öffnen die ersten Gäste dort waren.

Das erste Kuriosum, was sich uns zeigte, war ein waschechter Schotte im Kilt, der staubsaugerschwingend die Spuren vom Vortage beseitigte! Es war ein Anblick, der allein schon die weite Fahrt gelohnt hat! Der Putzlappen (schließlich waren auf den Vitrinen noch die Abdrücke der gestrigen Besucher zu sehen!) und das Glasrein vervollkommneten das Bild noch.
Stellt Euch vor: ein echter Highlander, stattlich in Größe und Umfang - eisenbeschlagene Schuhe, derbe, grob-gestrickte woll-weiße Kniestrümpfe und statt eines Breitschwertes schwang er Putzlappen und Staubsauger!!!
DAS war für meine Mädels DER Mann!!
In Verbindung mit der Heiratsgeschichte dort, spielte ihnen die Phantasie wohl mehrere Streiche...stellten sich den Highlander wohl gerade im heimischen Lippe vor! Unter diesen Rock zu schauen, trauten sie sich aber nicht – noch nicht! Planten aber, sich Spiegel auf ihren Schuhen anzubringen....

Wir hatten wirklich alle Mühe, uns auf die Ausstellung zu konzentrieren...ein alter Amboß, tolle Kutschen, mehrere Heiratsurkunden (die Vitrinen waren blitzeblank!!)... fühlten uns tatsächlich um mehrere hundert Jahre in der Zeit zurück versetzt! Wenn da nicht das penetrante Geräusch dieses alterschwachen Staubsaugers gewesen wäre...

Eine ganze Weile, einen Einkaufsbummel durch die Souvenir-Shops und auch eine Tasse echten englischen Kaffees später (Bodensee-Kaffee!! Man konnte wirklich den Boden sehen!!)) brachen wir auf, zu dem eigentlichen Ziel unserer Reise: Inverness an Loch Ness!

Die lächerlichen 440 km waren im Vergleich zur am Vortag abgespulten Strecke wirklich schnell hinter uns gebracht. Pünktlich mit dem Passieren des Ortseingangsschildes gingen plötzlich sintflutartige Regenfälle hernieder, was unseren Grillabend wieder wörtlich ins Wasser fallen ließen!

Außerdem hatten wir noch keinen passenden Platz für die Nacht gefunden! Ich erinnerte mich an einen Platz, an dem meine Familie und ich einmal vor Jahren einen wunderbaren Ort zum Übernachten gefunden hatten....mitten im Wald, mit kleinem Bachlauf...wieder war mein Ehrgeiz da und eine halbe Stunde später hatte ich den Weg gefunden! Allerdings muß wohl in den vergangenen Monaten dort ein Waldbrand gewütet haben, denn große Teile dieser Idylle waren einfach weg... nicht so aber die steile, steile Straße, die sehr zur Bestürzung meiner Mädels auch noch einspurig, aber nicht Einbahnstraße war!!!
“....und wenn uns einer entgegen kommt?“ „Vor 13 Jahren kam auch keiner!“ war meine Antwort – nicht logisch, aber originell, oder?!

Zwischen ein paar Bäumen, die nicht der Feuersbrunst zum Opfer gefallen waren, fanden wir einen geschützten Platz (ich vergaß NICHT, die Stützen auszukurbeln!!)
Zum Schlafen, war es einfach noch zu früh, weshalb wir beschlossen, noch eine Runde zu Würfeln. Nun war dieses Wohnmobil zwar mit 6 Schlafplätzen ausgerüstet, hatte allerdings am Tisch nur 4 Plätze (hat bestimmt ein Mann entwickelt!). Daher „bastelte“ ich mir einen Hocker aus 12 Stück 1,5-Liter Wasserflaschen, legte ein Kissen darüber und dankte Gott, daß er mich vor Hämorrhoiden verschont hatte!
Gnädigerweise „erlaubten“ mir meine Mädels eine Zigarette zum Bier (würde ich nach der Fahrt zum Alkoholiker?? Die zweite Flasche innerhalb von noch nicht einmal 24 Stunden!!!), unter der Bedingung, daß wir das Fenster öffneten! Bevor ich noch eine Warnung herausschreien konnte, war das Fenster offen – und obwohl wir ein Mückengitter davor hatten, kamen sie, diese schrecklichsten aller Ungeheuer Schottland´s: Midges!!!

Für alle, die sie nicht kennen: Midges sind Mücken-Viecher, aber so klein, daß sie mit Loopings durch die engen Maschen des Gitter fliegen können! Aber blutrünstiger als ihre fest-land-europäischen Artgenossen sind sie allemal!!
Oberschenkel rechts hatte 7 Einstiche, Oberschenkel links wies 9 auf....immer noch jucken sie wie Hölle! Es macht keinen lady-liken Eindruck, wenn man (ich) gedankenverloren am seinem Allerwertesten kratzend in der Schlange an der Kasse steht!! Das erinnert mich daran, daß ich noch einen Brief an die Bayer-Werke schreiben muß: Autan ist Scheiße!!! (´tschuldigung!!)

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #2 am: Freitag, 20. Juli 2007 - 08:14:50 »
Schottland-Reise Teil 3 – oder: was heißt eigentlich „No overnight parking“?

Wieder einmal ziemlich früh auf den Beinen, da meine Mädels mit ihrer morgendlichen „Toilette“ alle Hoffnungen, doch ein wenig länger zu schlafen, zunichte gemacht haben.
Es ist erstaunlich, wie schnell man (ich) s(m)ich daran gewöhnt, zu so unchristlicher Zeit aufzustehen. Auch meine Mädels haben sich bereits daran gewöhnt, um mich einen großen Bogen zu schlagen (sofern das in der Enge eines Wohnmobiles überhaupt möglich ist!), bis ich einen Kaffee und mindestens eine Zigarette bekommen habe.

Erst dann wird aus (m)einem „Hmpf“ (frei übersetzt: guten Morgen!) eine verständliche Vokabel! Bisher habe ich immer gedacht, daß das Kochen mit Gas -bis zur Erfindung des E-Herdes- eigentlich zu den Neuerungen der frühen 50er Jahre gehörte...dementsprechend sollte es für meine Mädels auch kein Problem darstellen, einen Kessel mit Wasser aufzusetzen, um den leben spendenden Kaffee zu brühen!

Fehlanzeige! Zwar stellte sich Annegret, die zweitjüngste, nur ein kleines bißchen dusselig dabei an, fackelte auch unser mobiles Zuhause auf Zeit nicht mit einem Streichholz ab (wozu hat der liebe Gott eigentlich Feuerzeuge erfunden?) – aber das, was als „Ergebnis morgendlicher Kochkunst“ dabei heraus kam, war nur mit viel gutem Willen als „Kaffee“ zu bezeichnen! Natürlich muß Kaffee stark und schwarz sein, aber bitte: er muß auch aus der Tasse FLIESSEN! So hatte bereits am Montag die Hälfte der Reisegruppe Nasenbluten – und ich den festen Vorsatz, am nächsten Morgen selbst Hand anzulegen!
Dummstellen schafft Freizeit – oder wie würdet Ihr das nennen??

Auch in Schottland machen die Geschäfte erst gegen 9 Uhr auf, so daß wir Inverness ziemlich einsam erkundeten! Also beschloß ich, in die Touri-Falle „Loch Ness-Center“ zu fahren, das auf dem Weg Richtung Fort Williams an der A 82 liegt. Dort konnten die Mädels das erste Geld tauschen und eine unglaubliche Wandlung ging in ihnen vor: scheinbar hat das schottische Geld für meine Mädels die Wirkung, in der Tasche zu brennen und für Schmerzen zu sorgen, denn genauso schnell, wie es umgetauscht wurde (Devise gegen Devise) hatten meine Mädel den ungeheuren Drang, es in Ware umzutauschen!
Quietsch-grüne Nessies aus Plüsch (mit Schottenmütze und Dudelsack) sollte die Enkelkinder erfreuen (ich hätte meine Oma erschlagen, wenn sie mir so ein Souvenir mitgebracht hätte!!), ein Trachtenpüppchen (übrigens hatten alle das gleiche Gesicht und erschienen mir wie die schottische Ausgabe einer Barbie!) fehlte der Schwiegertochter noch in der Sammlung, es gab Enten (für´s Regal aus Kunststoff, Glas und Porzellan), und weil man ja von überall auf der Welt (??) schon einen Engel hat, durfte auch der „echte schottische“ nicht fehlen.

4 ältere Damen im Kaufrausch hörten nicht auf meine Warnungen, daß sie alles Gekaufte im nächsten Supermarkt sicherlich für die Hälfte des Preises bekommen würden!!! Sie wollten schon immer Pfunde loswerden - hier war es einfach!!!!

Das Glas Marmelade für stolze 2,50 (Wo ist das Zeichen für engliche Pfunde auf dieser Tastatur??) wurde verschmäht (es wären rund € 3,25), das Radiergummi (in Nessie-Form) für 1 Pfund 99 allerdings als Mega-Schnäppchen auch eingepackt! Der Schlüsselanhänger mit dem Wappen der Mac Gregor´s (schließlich heißt der Arbeitskollege Zuhause so!) wechselte den Besitzer für umgerechnet stolze € 6,--, der Fingerhut mit einem (noch) unbekannten Schloß würde Christel erfreuen (wer war das eigentlich??)...

Völlig immun war ich allerdings auch nicht und so erstand ich in einer kleinen Glasbläserei eine wunderhübsche kleine Katze aus blauem Glas, die zwischen ihren Pfoten eine winzig-kleine Maus hielt!
Schwer beladen erreichten wir das Wohnmobil (ein Abstecher auf das Touri-Klo war unvermeidlich!!) und ich hatte das Gefühl, daß der erste Teil der Besichtigungstour schon einmal sehr erfolgreich gewesen war!

Meine Mädels sahen das genauso und ich war eigentlich ein bißchen enttäuscht, daß ich Nessie wieder nicht live und in Farbe sehen konnte! Wahrscheinlich hätten meine Mädels sie so oder so nicht gesehen, denn statt einen Blick über den wunderschönen Loch Ness gleiten zu lassen, beherrschten sie nun das Umrechnen Pfund-Euro sehr praxisbezogen nahezu perfekt! Nessie, Du hättest helfen können!

Auf dem Weg nach Fort William (direkt hinter dem Original Loch Ness Center) liegt die Ruine von Urquhart Castle. Sehr erstaunt ob der Veränderungen in den letzten Jahren (bei meinem ersten Besuch konnte man fast an die Ruine selbst fahren!), erreichten wir eine weitere touristische Attraktion!
Ein riesiges, modernes Gebäude (architektonisch nicht gerade passend!) war jetzt der Eingang zur Ruine selbst! Natürlich waren auch hier ein Shop, ein Restaurant und ....Toiletten!! (Wo kommt bloß die viele Flüssigkeit her??? Der Kaffee war eindeutig NICHT schuld!!).

Der Erwerb von „Historic Scotland-Tickets“, der uns den kostenlosen Eintritt zu ungeheuer vielen Sehenswürdigkeiten auf unserer Reise ermöglichen sollte, war relativ schnell erledigt: ein 7-Tage-Explorer-Pass kostet für Erwachsene 20 Pfund, für Senioren 15,-- - schon bei dem Besuch von „nur“ 3 Sehenswürdigkeiten hat man so den relativ hohen Preis heraus! Lipper sind die deutschen Schotten – und so war es klar, daß wir die Tickets mehr als auskosten wollten!

Ich dumme Nuss, ich, habe dann auch noch erklärt, daß man die Sehenswürdigkeiten, bei denen wir künftig freien Eintritt haben, an einer kleinen, blauen Fahne erkennt, in der eine weiße Burg abgebildet ist – und die Verkehrs- und Hinweisschilder sind in Schottland PERFEKT! Es gibt rund 60 Schlösser, Ruinen und Burgen zu entdecken...mir schwante eine fürchterlich anstrengende Reise!

Urquhart Castle zeigte sich bei strahlendem Sonnenschein und der Loch Ness hatte eine wunderbar blau-grüne Farbe! Weil wir nur einen Fotoapparat dabei hatten, der noch old-fashioned mit Filmrolle funktioniert, müsst Ihr auf Bilder verzichten! Aber es war traumhaft!!
Eigentlich wollte ich noch gar nicht weg, aber meine Mädels hatten „Hummeln im Hintern“, wohl auch Angst, das Ticket nicht ausnützen zu können....und so machten wir uns ziemlich bald wieder auf nach Fort William.

Die Fahrt führte uns durch herrlichste Landschaft der Highlands und wir machten mehr als einmal Rast, einfach nur um die wunderbare Aussicht zu genießen. Auf einem „View Point“ erfuhren wir, daß hier (in der Nähe des Ben Nevis, der höchsten Erhebung in GB) ein Trainingscamp der berühmten „Green Barrets“ gelegen war.
Ein Denkmal erinnert hier noch an die vielen Opfer der Weltkriege; trotz der Sonne fröstelten wir ein wenig, als wir dort die vielen frischen Blumen sahen, die als Erinnerung immer noch abgelegt werden! Mitten im Nichts wird der Gefallenen gedacht – das macht nachdenklich!

Fort William ist eine kleine, saubere Stadt, die –wie ganz viele in GB- durch ihren Charme und ihre „Aufgeräumtheit“ besticht. Nahezu jedes Haus hat einen hübschen kleinen Garten vor der Tür – und wieder lud die Fußgängerzone zu einem ausgedehnten Einkaufsbummel ein!
Die vielen kleinen Imbiss-Buden verströmten einen Duft, der mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ! So war es klar, daß wir ein kleines Self-Service-Restaurant ansteuerten und typisch Englisch zu Mittag aßen: Burger und Chips!
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie jemand 66 Jahre alt wird und noch NIE im Leben einen Burger gegessen hat?? Ein Schnellkurs in „wie-beklecker-ich-mich-nicht-beim-Burger-Essen“ wurde erfolgreich absolviert und Lore meinte, wir könnten es ruhig noch einmal machen!!

Ein Käffchen hinterher (er war wieder das genaue Gegenteil von unserem Frühstückskaffee!!!!) und schon waren wir gestärkt zum Einkaufsbummel Teil 2! Während die Mädels irgendein Kaufhaus unsicher machten, sah ich mich auf dem Areal einer kleinen Kirche um. Merkwürdig: Fort William muß eine ziemlich gesunde Stadt sein, in der wenig Menschen sterben: die ältesten Grabsteine waren von 1800undirgendwas, während sich die neueren Datums ziemlich rar machten! Who wants to live forever??

Endlich am Wohnmobil zurück entdeckte ich einen komischen Klebezettel….was soll das denn?? – Oh ja! Ich hatte die Parkzeit um 12 Minuten überschritten – 20 (in Worten: zwanzig) Pfund-Knöllchen!!! Die hätte man bitte (Briten sind ja sooooo höflich!!) in der Polizei-Stelle am Markt zu bezahlen....bin ich bescheuert?? Nicht in diesem Fall – also ignorierte ich den Aufkleber (er prangte künftig direkt an der Innenseite der WoMo-Tür!-als Mahnung!!!), ebenso wie das Gezeter der Mädels und „schlich“ aus der Stadt, um in der Nähe einen Platz für die Nacht zu suchen!

Den fanden wir ziemlich bald – mitten in einem kleinen Wäldchen – und erkannte, daß mein Englisch doch ein wenig eingerostet sein musste: was heißt eigentlich „No overnight parking“?? Ich glaube, ich wollte es gar nicht wissen, denn der Platz war perfekt: inmitten von Heidelbeeren, wunderbar leuchtendem Heidekraut und relativ wenig Midges (die auch noch verschwanden, als ich den Grill anwarf!) – also: Markise ´raus, ebenso wie die Stützen!!! – und eine Flasche Bier an den Hals! Tagewerk des Kilometerfressens war für mich an diesem Tag erledigt!

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #3 am: Sonntag, 22. Juli 2007 - 13:40:40 »
Schottland-Reise – Teil 4 oder „Fotografieren leicht gemacht“

Irgendwie hatte ich das Gefühl, meine Mädels seien ein wenig enttäuscht von dem, was ich über die hoch-schottische Landschaft erzählt habe und was sie bisher tatsächlich erlebten. Dabei gibt es für mich keinen Platz auf der Welt (und ich hab´ schon ganz viele Plätze gesehen!!), der für mich romantischer, abenteuerlicher, aufregender und wunderbarer ist, als das schottische Hochland. Darum habe ich nichts, aber auch gar nichts gesagt, wie unser weiterer Verlauf der Fahrt aussehen würde. Und habe –so für mich, ganz insgeheim- beschlossen, mein Versprechen (sie alle wieder gut nach Hause zu bringen) zu vergessen, wenn sie nicht mit mindestens einem verzückten „boh, ist das schön hier“ aufwarten....sollten sie doch sehen, wie sie wieder von der Insel kämen...Heute sollte uns der Weg Richtung Dornie führen und zu meinem ABSOLUTEN Lieblingsziel: Eilean Donan Castle!

Vorsichtig, gaaaanz vorsichtig habe ich dann erklärt, daß der Besuch dieses Schlosses NICHT in unser Explorer-Ticket fällt und wir sehr, sehr wahrscheinlich (ganz bestimmt sogar – aber sie sollten ja Hoffnung haben!!) Eintritt zu zahlen hätten.
Scheinbar hat mir wieder keiner zugehört, denn das erwartete vorwurfsvoll gestöhnte „oh je“ blieb aus! Dafür stöhnte ich, denn unser Wassertank meldete mit rotem Licht gen Null zu gehen! Aber auch hier sind die Schotten ein wirklich gastfreundliches Volk: an JEDER Tankstelle können Camper unendgeldlich Wasser nachtanken und –wenn vorhanden- auch die Entsorgungsstelle für Chemie-Klos benutzen! Wenn Ihr glaubt, 100 Liter seien schnell aufgefüllt - FEHLANZEIGE!!! Wenn aus dem Schlauch nur tröpfchenweise Wasser plätschert und ich an einen an der Prostata erkrankten älteren Herrn erinnert werde, kann der Vorgang durchaus einige Minuten dauern!!! Und gerade dieses Plätschern veranlasste meine Mädels ihr neu erlerntes „May I have the key for the toilet, please?“ erfolgreich anzuwenden – ob ich auch mal muß, wurde nicht gefragt!! Durchhalten!!!!

Um die Fahrtzeit ein wenig zu überbrücken fragte ich nach den Gelüsten der Mädels – ich dumme, dumme Nuss: sogleich kamen 100 Bitten/Anregungen/Fragen an mich gerichtet, von denen ich Euch einige nicht vorenthalten will! Wenn sie nun ein bißchen wirr scheinen, tröstet Euch ein wenig damit, daß auch ich den Gedankengängen meiner Mitreisenden nicht immer folgen kann – und wir kennen uns schon über 13 Jahre!! Nun die Wünsche:
- „Halt doch mal an, wenn Du ein Klo siehst – ich muß mal!“
- „Halt doch mal an, wenn Du Heidekraut UND Ginster auf einem Fleck siehst – ich will ein Foto machen!“
- „Was kostet eigentlich eine Bootsfahrt auf dem Loch Ness?“ (Wir haben die Loch Ness-Region bereits seit mehreren zig Kilometern hinter uns gelassen!! Anm.d.Red.)
- “Gibt es dort vielleicht auf Tartan vom Meter zu kaufen?”
- „Weiß jemand, wo meine weißen Socken hingekommen sind?“ (Sie waren längst grau geworden und hatten sich so „getarnt“!!)
- „Muß ich mich umziehen oder kann ich mit kurzen Hosen da hinein?“ „Nein, Anne, DAS brauchst Du hier NICHT, das war in der Kairoer Moschee so!“
- „Gibt es hier keine Schafe mehr, die ihren Pelz noch haben? Ich wollte ein Bild machen!“ (ich verfluche meine Idee, Anne die Aufgabe des Fotographen zugeteilt zu haben!!)

Etc. etc. etc....Der einzige Wunsch, der sich dann aber penetrant hielt, war der nach dem Motiv von Heide und Ginster zusammen, ergänzt von Schafen und Hochland-Rindern (als Motiv für das Album natürlich – alles andere hätte ich abgelehnt!)
Nach ein paar Kilometern war ich soweit anzuhalten, um ein unschuldiges Büschlein Heidekraut Mutter Erde zu entreißen, um sie so lange mit im WoMo zu führen, bis eine Gegend mit Ginster käme...ich überlegte mir eine Strafe!!!

Auf diesem schönsten Fleckchen Erde, das der liebe Gott geschaffen hat, quasselten die Mädels von Enkelkindern, Dauerwelle und ob es an der schottischen Küste auch irgendwo Matjes gibt! Ich hielt an, verbot den anderen das Aussteigen und genoß einen Moment –ganz für mich alleine- diese wunderbare Landschaft! Ich stand einfach schauend da, rauchte genüsslich eine Zigarette und wartete....ja worauf eigentlich? Auf den Highlander wahrscheinlich, denn jeder, der diesen Film kennt – hört sicher noch „hay, meine Blume!“...und das sollte jetzt gefälligst auch jemand zu mir sagen, weil es so schön gepasst hätte! Statt dessen hörte ich „Katja, bleiben wir hier noch lange? Kann ich mal eben auf´s Örtchen?“
Puffff – sämtliche Illusionen verschwanden – die Wirklichkeit hatte mich wieder!

Ob nun meine Verzücktheit ansteckend war, weiß ich nicht! Aber die Mädels wurden ruhiger und ruhiger (ich schaute schnell mal nach hinten, ob nun der Mittagsschlaf mit gnädiger Stille über sie gekommen ist!) und – wie ein Wunder- waren auch sie gefangen von dem unglaublichen Anblick der grasbewachsenen Hügel, eingehüllt in ein diffuses Licht, in dem die Sonne nur langsam die Regentropfen von den Grashalmen zum leichten Nebel werden lässt. Wie Diamanten glitzerte es auf dem Wasser des Loch Durch und man fühlte sich wirklich in eine Zeit vor der Zeit zurück versetzt! Mein Gott, ist dieses Stücken Erde wunderbar!!!
Viel zu schnell kamen wir am Castle an – aber gerade noch rechtzeitig, um dort Eintrittkarten zu kaufen und im schwächer werdenden Licht in die Atmosphäre dieses restaurierten urtümlichen Schlosses in uns aufzunehmen.
Die passende Geschichte konnte ich erzählen (wieder dieser Eigennutz – dann hielten sie (meistens) den Schnabel!):
Seit 1362 war dieses Schloss im Besitz des MacRae-Clans und wurde wegen der strategisch günstigen Lage immer wieder versucht einzunehmen. Dies gelang den Jakobitern aber doch irgendwann in den 1700er Jahren und wurde (weil diese Lümmel sich mit der Regierung nicht so gut verstanden) während eines Angriffes der Regierungstruppen um Jahr 1719 bombardiert. Dieses Bombardement hat das Schloß nicht so gut überstanden und es stand über 180 Jahre ziemlich verlassen da. Der Zahn der Zeit nagte auch noch an diesem wunderschönen Gemäuer, bis John MacRae (mit Doppelnamen: MacRae-Gilstrap) es 1911 zurückkaufte und die Restaurierung begann. Alle MacRae´s dieser Welt (viele aus Kanada) ließen sich nicht lumpen und schickten Geld und Material (Holz aus Kanada z.B.) zum Wiederaufbau des Schlosses. Der Bauleiter war (wer hätte das gedacht!!) ebenfalls ein MacRae und zwar Farquhar mit Namen. Farquhar und John teilten sich die Arbeit, indem John Geld ´ran schaffte und Farquhar die Arbeit beaufsichtigte. Gut, daß beide schon zu alt waren, um am ersten Weltkrieg teilzunehmen – und obwohl Geld und Material knapp waren, schafften sie die Fertigstellung 1932. Und natürlich hat auch diese Geschichte einen traurigen Touch: Farquhar starb während der letzten Arbeiten und hat die Vollendung seines Werkes nie sehen können!
Traurig, traurig....meine Mädels waren entsetzt – solche Geschichten lesen sie sonst nur in der „Frau im Spiegel“ und das letzte Mal mussten sie so schwer schlucken, als Kaiserin Farah Diva vom Schah von Persien wegen ihrer Kinderlosigkeit verstoßen wurde....(glaube ich!)

Da Teile dieses Schlosses (wenigstens zeitweise) bewohnt werden, standen auch private Familienfotos herum. Das weckt sogar meine Neugierde, denn irgendwie war ich wohl immer noch auf der Suche nach Connor McLoed! In typischer Tracht – mit dem MacRae-Tartan, einige richtig finster dreinblickende Highlander, ....aber wer hält schon einen Vergleich mit Christopher Lambert stand?! Man sollte die Hoffnung ja nie aufgeben!!

Daß wir spät – aber nicht zu spät – am Castle ankamen, hatte einen zunächst einen scheinbaren Vorteil: der Parkplatz war leer, aber nicht ganz leer!
Ein Parkplatzwächter ließ mich ahnen, daß dieses ominöse Schild „no overnight parking“ heute auch für uns gelten sollte!! Aber ein bißchen weiter, auf dem nicht-befestigten Teil, zwischen einigen Erdhügeln fand ich, was ich kaum zu hoffen gewagt hatte: einen Stellplatz für die Nacht MIT Blick auf „mein“ Eilean Donan Castle!!!
Und wenn jemand überhaupt nicht romantisch veranlagt ist, dem werde ich spätestens dann ein verzücktes „oh, ist DAS schön!“ entlocken können, wenn ich irgendwann mal die Fotos digital abfotografiert habe.

Den Sonnenuntergang genoß ich ganz allein (nein , ehrlich gesagt mit 197 anderen Augenpaaren – Midges haben doch auch nur 2 Augen, oder?) wieder mit Glimmstengel, einer Flasche Bier und viiiiel Ruhe, im Nachthemd auf einem Stein sitzend auf einem einzigartigen Logenplatz am Loch Durch!

Kennt Ihr das Gefühl, wenn einem vor Wonne ein Schauer nach dem anderen über den Rücken jagt? Wenn Ihr denkt, Ihr müsstet gerade DIESE Sekunde an- und für ein paar Stunden festhalten? Wenn das Bild, welches Ihr vor Euren Augen habt, so perfekt ist, daß es fast wehtut? Wenn Ihr glaubt, nie wieder in Eurem Leben so 150%ig zufrieden zu sein, wie genau in diesem Augenblick?
Wenn Ihr diese Gefühle nicht kennt, rate ich Euch DRINGEND zu einem Besuch in Schottland mit einer Fahrt nach Dornie!

Kitschig??? Okay, aber nur für die, die es nicht kennen! Alle anderen werden mir jetzt nickend und seufzend beipflichten!
An diesem Abend glaubte ich, den Höhepunkt der Reise bereits erlebt zu haben.

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland Teil 5 + 6
« Antwort #4 am: Montag, 30. Juli 2007 - 08:20:14 »
Teil 5+6

Schottland Teil 5 – oder können Mädels schwul werden?


Ihr glaubt gar nicht, wie gut ich in dieser Nacht geschlafen habe – und in meinen Träumen ....nee, das geht euch nix an!!! ;o))
Nur sehr, sehr schwer haben wir uns also vom Eilean Donan Castle getrennt – wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich dort gut noch bleiben können...die nächsten 5 – 10 Jahre! Doch meine Mädels drängten bereits zum Aufbruch, denn der Whsiky rief!!
Ein bißchen wehmütig ließen wir also das schönste Stück Erde der Welt hinter uns zurück und fuhren wieder auf der einzigen WoMo-tauglichen Straße Richtung Drumnadrochit (am Loch Ness) und weiter Elgin, um die Glenfiddich Destillerie in Dufftown zu besuchen. Mehrere PP´s und Einkaufsrausche haben wir auf dem Weg dorthin überlebt und die Fahrt verlief völlig ereignislos.
Allerdings hatte ich mich wohl ein bißchen mit der Zeit vertan, denn wir erreichten die erste Whisky-Brennerei (Glen Grant) um 15:30! Um 16:00 sollte diese aber schließen und selbst beim besten Willen reichen 30 Minuten kaum für eine ausgiebige Probe – noch nicht einmal dafür, daß meine Mädels ihre Handtaschen fanden, die Jacken aus dem Schrank zerrten und suchend (nach was wohl??) aus dem Auto stiegen!
Dabei sollte unser ausgiebiges Mittagessen doch eine Grundlage gewesen sein, mindestens „angeschickert“ aus dem Tempel des Whiskys zu kommen... Als eine leichte Enttäuschung aufkommen wollte, beschloß ich, meinen Mädels eine Dusche zu gönnen! Im wahrsten Sinne de Wortes, denn ich steuerte einen traumhaft schönen Campingplatz an!

Ihr meint, es liegt ein Widerspruch in der Verbindung „traumhaft schön“ und „Campingplatz“?? Ich würde Euch hier in Deutschland wohl recht geben – ohne mit der Wimper zu zucken – aber in Schottland sind diese Plätze wirklich (fast) ausschließlich zum campen: mit Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil mietet man sich einige Zeit dort ein, um dann wieder zu fahren. Man findet kaum Gartenzwerg-besiedelte Vorgärten, mit einem (typisch-deutschen) Jägerzaun um das Kleinod „Motorhome“. Die einzelnen Buchten auf diesem Platz waren durch natürliche Hecken begrenzt, auf dem Rasen spielten Hunde, auf einer Bank sitzend unterhielten sich Menschen miteinander. Idylle pur!

Die Sanitärräume (immer als erstes von mir „untersucht“) waren sauber, hell und freundlich – warmes Wasser gab es ohne Gebühr, der Föhn kostete nix extra – es gab einen Camper-Service-Bereich ...kurz: ein perfekter Platz für eine Nacht!
So viel Bequemlichkeit sollte ihren Preis haben: wir zahlten für eine Nacht fast 30,-- Pfund, das entspricht rund € 45,--!!
So stellten wir (das einzige Mal übrigens) unsere Stühle und den Tisch auf, streckten unsere müden Knochen in die spätnachmittagliche Sonne – und taten einmal - NICHTS!!

Und darum ist Teil 5 auch gleich Teil 6, damit Ihr nicht meint, ich würde mich drücken!

Das übliche Chaos der morgendlichen Toilette blieb aus, denn der Weg zu den Waschräumen war kurz. Meine Mädels kamen nur ein- oder zweimal zurück, denn es fehlte gerade einmal wieder die Zahnpasta oder das Duschgel....Daß auf dem Weg zu den Duschen schon einmal ein Schlüpfer Größe 46 aus dem Handtuch abhauen kann, ist ja nicht soooo komisch! Allerdings ist es dann doch, wenn dieser „weiße Riese“ sich in der Morgensonne durch den leichten Wind mitten auf der Wiese niederlegt, um von 2 großen Rabenvögeln misstrauisch untersucht zu werden!
Der Kaffe war trinkbar, weil ich ihn gekocht hatte, die Betten waren schnell wieder zur Sitzgruppe umgebaut und wir verließen diesen ungemein schönen Platz gleich nach dem Frühstück, um die Glenfiddich-Brennerei zu besuchen!

Auf einem riesengroßen Parkplatz (übrigens wieder mit diesem Schild: „no overnight parking“!) stellte ich unser rollendes Zuhause und bereits nach 15 Minuten „Plünnen-Packen“ (meine Mädels sind ja sooooo umständlich!) konnte uns ein freundliches, junges Mädchen im Schottenrock begrüßen! Sie erklärte uns den Weg – es heißt: sie erklärte mir den Weg und ich dankte Gott für die Erfindung der Zeichensprache, weil man hier ein astreines „schottisch“ spricht, was mit meinem Schulenglisch eigentlich nichts mehr gemein hat!

Die Besichtigung ist kostenlos und man wird zunächst in Nationalitäten-Gruppen eingeteilt, damit man nach dem Film (Kopfhörer mit wählbarer Sprache!!) entsprechend einen Brennerei-Führer in der Muttersprache zugewiesen bekommt. Unser Guide hieß Heather (übersetzt: Heidekraut) und es war ihre erste Führung. Dementsprechend nervös war sie....zu unserer Gruppe gesellte sich ein Pärchen, das bereits seit 10 Tagen im Mini-Wohnmobil durch Schottland fuhren. Sie kamen aus dem Münsterland und hatten eine Farbe, als wären sie zuvor 3 Wochen in der Karibik gewesen! Wir haben wohl irgendetwas falsch gemacht, als wir den Zeitpunkt für unsere Reise wählten: sie hatten traumhaft schönes Wetter, Sonne satt und mindestens 25°.....ich war nicht ein bißchen neidisch!!

Von der Führung und den Ausführungen habe ich nicht allzu viel behalten, denn ich hatte alle Hände voll zu tun, um auf meine Mädels aufzupassen! Einige Male öffnete Heather nämlich Bottiche, in denen über 5.500 Liter Maische blubberten! Und meine Mädels sind sehr neugierig, so daß ich befürchten musste, irgendwann fliegt eine dort hinein! Ich hatte doch versprochen, sie alle wieder mit nach Hause zu bringen....
Als letzter Punkt auf der Tour sahen wir ein eingelagertes Vermögen – rund 25 Mio. Liter Whisky lagern ständig in Dufftown! Die teuerste Flasche Whisky wird mit 38.000 Pfund wohl noch ein bißchen dort liegen bleiben müssen – und dann noch teurer werden. Heather schickte uns dann in einen „Verköstigunstempel“, um uns zu einem Glas Glenfiddich (heißt übrigens: Tal des Hirschen!) einzuladen – ich hatte die A...-Karte gezogen, denn für mich gilt IMMER das Motto: don´t drink and drive! Ich roch an dem Glas und konnte den Geschmack trotzdem auf der Zunge spüren: Birne!!! Als ich es meinen Mädels sagte, lachten sie mich aus – Heather aber bestätigte es... und weil sie scheinbar Mitleid mit mir hatte, bekam ich eine ganz kleine Flasche Glenfiddich Whisky von ihr geschenkt, den ich nach „Feierabend“ trinken könnte...nettes Mädchen!! Hinter der vorgehaltenen Hand riet sie und dann, auf den Kauf des 12 Jahre alten Glenfiddich (der übrigens genau so ausgesprochen wird, wie man schreibt!!) zu verzichten, denn den bekäme man im Handel draußen preiswerter – Deutschland wäre mit 25% der gesamten Export-Ware einer der besten Abnehmer. In Schottland kämen 70% Steuern auf eine Flasche, somit kostet die Flasche (1 Liter) rund 23,-- Pfund!! Allerdings empfahl Heather uns den Kauf des Whisky-Liköres, denn den bekommt man nur in Schottland! Was habe ich wohl gekauft?? Und weil mein Sohn sich in meiner Abwesenheit sehr gewissenhaft um meine Tiere gekümmert hat, erstand ich außerdem für ihn ein Fläschchen 18 Jahre alten Glenfiddich (0,5 Liter) – rund 43,-- Pfund leichter verließ ich diesen Shop....

Direkt hinter dem Anwesen der Brennerei von Glenfiddich liegt eine Burg-Ruine: Balvenie Castle. Gerade in der Breite eines Wohnmobiles, zugewuchert und kaum zu erkennen, führt ein einspuriger Weg einen kleinen Hügel hoch. Der Wetter-Gott meinte es gut mit uns und wir erkundeten diese Ruine bei herrlichstem Sonnenschein. Außer den Außenmauern und ein paar verfallenen Innenmauern (von Küche und Latrine) war hier nicht sehr viel zu sehen. Und das Mary, Queen of Scots, vom 23. August bis 25. August des Jahres ....(war auf der Tafel nicht mehr lesbar – verwittert!) hier verweilte, war so ziemlich das Einzige, was dieses Castle einmal Aufregendes erlebt hat.

Buckie sollte unser nächstes Ziel sein – direkt an der Ostküste gelegen kann man, wenn man Glück hat, hier auch schon einmal Delfine beobachten können. Im Reiseführer wird Buckie als „sehenswert“ beschrieben – diesen Eindruck hatten wir ganz und gar nicht! Außer einer kleinen Tee-Stube (mit vorzüglichem Bananenkuchen!!) konnten wir nichts finden, was einen längeren Aufenthalt dort gelohnt hätte. So fuhren wir ziemlich bald weiter Richtung Banff, und um etwas die herrlich Landschaft zu bewundern, nahmen wir die Coast Route, die Straße, die direkt an der Küste entlang führt.
Irgendwo im Nichts stand dann ein Hinweisschild, das zu einem sogenannten „Viewpoint“ führen sollte – und eine Ruine einer Burg (Findlater Castle) sollte man dort auch entdecken können.
Über einen Feldweg – zwischen Getreidefeldern und Rinderweiden hindurch, auf denen kleine Kälbchen friedlich in der Sonne schlummerten – rumpelten wir mehr als daß wir fuhren in die Richtung, in der wir ein paar Häuser sehen konnten. Meine Mädels vermuteten schon fast, ich hätte die Richtung verfehlt, es fiel sogar das Wort „verfahren“, auf das ich äußerst allergisch reagiere!! Einspurig, keine Möglichkeit zu Ausweichen (außer in die Felder!) schickte ich ein Gebet zum Gott des Straßenverkehrs, daß sich hier kein weiterer Touri auf dem Weg zurück befand! Meine Gebete wurden erhört – wir kamen auf einem verlassenen Hof an! Hier sollte der Parkplatz zu dem Castle sein, einige gelbe Linien markierten noch kaum sichtbar die Stellplätze...und als ich noch nicht einmal ein „no overnight parking“-Schild entdecken konnte, wurde mir schon ein bißchen merkwürdig! Natürlich ließ ich mir nix anmerken, denn meine Mädels sind schnell aus der Ruhe zu bringen!
Wir nahmen den Trampelpfad, der davon zeugte, daß hier schon einmal jemand gelaufen sein musste und waren gespannt, auf das, was wir finden würden. In der Ferne sahen wir ein ein rot-gemauertes Etwas stehen...und die Spannung stieg!
Wenn ich vermutet hätte, was uns erwarten würde, hätte ich das als einen Höhepunkt der Reise bezeichnet: Steilküste (aber wirklich STEIL!!) und wild-schäumendes Meer, Seevögel aller Art und ein ziemlich eine verfallene Burganlage!
Vor strahlend-blauem Himmel, die wogenden Getreidefelder in einem sanften Grün davor, in Verbindung mit den roten Ziegeln der Ruine und dem Türkis des Meeres mit weißer Gischt.....ein Farbenspiel, wie kein Maler es besser hätte auf Leinwand bannen können! Ein Bild, welches ich immer liebevoll als „kitschiges Postkarten-Motiv“ bezeichne....viel zu schön, um wahr zu sein! Atemberaubend... im wahrsten Sinne des Wortes! Diesen Anblick hätte man (wir) im Leben nicht vermutet – und wieder war ich froh, meiner Intuition gefolgt zu sein – ich glaube, meine Mädels waren es auch!

Einen Platz für die Nacht zu finden, der auch nur im entfernsteten als „schön“ bezeichnet werden konnte, war nun – nach diesem Anblick- fast unmöglich geworden. Wir standen auf dem verlassenen Hof und der Weg mit dem WoMo an diese traumhafte Küste, um dort für eine Nacht zu bleiben, war nicht machbar! Wirklich nicht....obwohl ich schon insgeheim meine Mädels auf „Trampel-Tour“ schicken wollte....sie könnten doch wirklich –nebeneinander in einer Reihe die Botanik platt treten, um so einen Weg für das Wohnmobil zu erschließen.... ich nahm seufzend Rücksicht auf Gerda´s Fersensporn, Linde´s Rücken und Lore´s schwaches Herz...wir hätten Anne ja....okay, eigentlich stehe ich auf dem Standpunkt: geht nicht, gibt´s nicht! Aber hier fiel mir wirkich nicht ein, wie wir das Fahrzeug weiter in Richtung „atemberaubende Aussicht“ bewegen sollten!
Nur widerwillig gab ich mich –vor mir selbst- geschlagen! Der Hof, verlassen und halb verfallen, war dann auch absolut nicht die Kulisse, vor der wir nächtigen wollten und so zogen wir weiter Richtung Banff. In einem Reiseführer für WoMo´s hatte ich gelesen, daß unweit der Stadt ein kleiner, aber feiner Stellplatz für die Nacht liegen sollte.So zog ich wieder sämtliche Pfadfinder-Tricks aus dem Ärmel und fand ihn tatsächlich! Allerdings war dieser Reiseführer schon ein paar Jahre alt, und der Autor konnte nicht wissen, daß man erst kürzlich eine Höhenbegrenzung dort errichtet hatte, die das Befahren mit einem über 3 Meter hohen Campers verbot (die Schranke war gerade 2, 20m hoch!!).
Rohe Gewalt wollte ich nicht anwenden und ich überlegte, hier einfach an dem Straßenrand zu „overnight-parken“: die Straße schien ruhig, der Wald drum herum war dicht....Häuser waren auch nicht sooo viele in der Nähe. Aber – und das war ein entscheidender Pluspunkt- der Platz verfügte über eine Toilette! Daß diese nur in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 19 Uhr abends geöffnet war (Wer sperrt eigentlich immer auf uns zu?? Gibt es dafür eine ausgeschriebene Anstellung bei der Gemeinde??), störte eigentlich nicht.
Ich fragte einen Mann, der mit seinem PKW dort parkte und auf jemanden zu warten schien, ob er vielleicht wüsste, ob ich dort, wo ich stand, stehen bleiben könnte....
Ein bißchen grinsend erklärte er mir, daß dieser Platz ein Treffpunkt für Schwule wäre, die mit ihren LKW oft spät am Abend hier noch ankommen würden..... ein Camper würde hier sicherlich insofern Aufsehen erregen, als daß wir davon ausgehen müssten, abends/nachts aus dem Bett geklopft zu werden!
Ob diese Geschichte nun wahr gewesen ist, weiß ich nicht – der Mann wartete ja immerhin auch auf jemanden! Jedenfalls zogen wir es vor, doch noch ein anderes Plätzchen zu suchen...im Nachhinein meinten meine Mädels, es wäre sicherlich spaßig gewesen....Männer klopfen an und Gerda im gelben Pölter (lippischer Ausdruck für „Schlafanzug“ ) öffnet die Tür! Zurück wollten sie aber dann doch nicht, weil ich –wenn ich schlafe- nix mehr höre und alle anderen so das Problem der Verständigung gehabt hätten...seit wann quasselt man bei so etwas??

Ziemlich entnervt, weil wir keinen passenden Stellplatz fanden (das erste Mal übrigens!) steuerte ich einen Campingplatz an – sehr zur Freude für meine Mädels! Ich bezahlte 8,-- Pfund und konnte mir einen Platz aussuchen....
Meinen Vorsatz, immer zuerst die sanitären Anlagen zu begutachten, gab ich auf, denn ich hatte keine Lust mehr, noch weiter zu fahren und Hunger bis unter beide Arme! Wir nahmen also an, für 8,-- Pfund nicht gerade das Hilton unter den Campingplätzen vorzufinden und waren dann überrascht, als sich uns ein wirklich schmuckes Wasch-Haus bot.

Warmes Wasser zum Duschen war kostenlos und die Geschirrspülen standen (mit Automaten für Warmwasser-Abgabe) in dem Raum, wo auch (gegen Gebühr) Wäsche gewaschen werden konnte. Da ich mich kategorisch weigerte, auch noch den Abwasch (ich hatte schließlich wieder gekocht!) zu erledigen, gingen 2 meiner Mädels – bewaffnet mit schmutzigem Geschirr, Handtüchern und Spülmittel dann nach dem Abendessen dort hin. Gerda kam schnell wieder und erbat 50 Pence, um damit warmes Wasser zu „kaufen“... Nach einer Weile kam sie wieder – warmes Wasser käme nicht, ob ich mal gucken könnte.... mit den 50 Pence, die sie in den Automaten gedreht hatten, hätten sie eine Maschine Wäsche waschen können. So warf ich 20 Pence in den richtigen Automaten , öffnete den Wasserhahn und...oh Wunder, ...brüllend-heißes Wasser lief innerhalb weniger Sekunden!

So ging ein weiterer Tag zuende... und ich verzog mich auf meinen Logenplatz, um den Mädels beim Abend-Chaos zuzusehen!!

Wenn Ihr mögt – Teil 7 folgt demnächst an dieser Stelle

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #5 am: Mittwoch, 15. August 2007 - 22:45:01 »
Teil 7

Schottland Teil 7 – oder Blümchenmuster trösten nicht

Okay, irgendwie hatte ich es geahnt, hatte mich auch schon in mein Schicksal ergeben und war bereit, auch diesen Morgen zeitig –SEHR zeitig – zu beginnen! Wird man eigentlich bestraft, wenn man sich von „seelischer Grausamkeit mehrerer Mitreisenden“ getrieben zu einem Mord hinreißen lässt?
Ich halte es sogar für einen Akt der Körperverletzung, wenn man im Urlaub um halb 6 (5:30 h!!!) davon geweckt wird, daß die Tür des Wohnmobiles nicht nur zugeworfen wird – was natürlich unglaublich scheppert – NEIN, sondern sie von außen dann auch noch so fest zugedrückt wird, daß das Gefährt komplett anfängt zu schaukeln wie ein Fischkutter bei Windstärke 10!
Und weil man ja gewissenhaft ist – drückt man besser noch einmal dagegen –kräftig!! „Zu-er als zu geht nicht!“ wollte ich sagen, doch das wäre ein kompletter Satz gewesen, der angesichts dieser unchristlich frühen Stunde einfach noch nicht über meine Lippen wollte.
20 Sekunden nach dem „Erdbeben“ ging die Tür plötzlich ruckartig wieder auf, fast 2 Zentner Lebendgewicht polterten über die fragile Auszieh-Treppe, die das Einsteigen erleichtern sollte, aber nun als physikalischer Hebel mißbraucht wurde: mein Alkoven glich wirklich einer Hochseekajüte!! „Zahnpasta vergessen!“ wurde den noch halb-schlafenden und nicht wirklich interessierten Mitreisenden zugerufen – wieder knallte die Tür – wieder Erbbeben...wieder ein Mord-Gedanke! Dieses Mal wohl kollektiv, denn ich hörte noch 2 wütende Schnaufer aus zwei weiteren Betten! Lore brachte sogar ein „Muß das sein?!“ heraus, wofür sie meine geballte Hochachtung erhielt. Ich war immer noch nicht fähig zu sprechen!

Doch an Schlaf war auch nicht mehr zu denken! War doch zu befürchten, daß Gerda und Annegret innerhalb der nächsten halben Stunde zurückkommen! Und dann auch noch geduscht – somit auch NOCH redefreudiger!!! Nein, DAS wollte und konnte ich mir nicht antun und turnte aus meinem schönen, gemütlichen, mollig-warmen Bett! Meine Klamotten hatte ich am Vorabend schon bereit gelegt – nur für den unwahrscheinlichen Fall, daß ich einmal die erste sein sollte! Wäre ich vor den Mädels wach geworden, hätte ich – mit einem Griff- meine Brocken nehmen können, mucksmäuschen-still aus dem Wohnmobil schleichen und nahezu unbemerkt in die freie Natur entfleuchen können. Nur ein Frischluftzug vom Öffnen der Tür hätte mich verraten können! Hätte, wäre könnte – es hat nicht sollen sein und so verschwand ich – gerade noch den Gasherd anwerfend- und in der Hoffnung auf einen frischen Kaffee bei meiner Rückkehr, Richtung Waschräume.

Rosa gestrichen waren die Dusch-Räume, abgesetzt mit einem hellen Gelbton, der mich (fast) wieder gnädig stimmte! Aber nur fast....(ich kann so schön schmollen!!) und auch die Blümchen-Dusch-Vorhänge sollten daran nichts ändern.... oder doch?! Okay, Morgenmuffel hin oder her – damit kann man sich den ganzen Tag versauen, so dachte ich. Schließlich waren wir in Schottland und wir hatten Urlaub! Das war das „Engelchen“ auf meiner Schulter rechts; Teufelchen links: „Ja, und du hast Urlaub und stehst um ¼ vor 6 unter der Dusche!“ Engelchen: “Heute schaut ihr euch Duff House an! Ein unglaublich schöner Herrensitz –wunderbare Gemälde, tolle antike Möbel, der Himmel ist (fast) blau, die Vögel zwitschern!“ Teufelchen: „Ja, und das einzige, was die Weiber interessieren wird, ist, ob es dort ein Klo, einen Shop und etwas zu trinken gibt! Und wehe dir, wenn nicht!“
Schizophrenie definiert sich im Wörterbuch als „gespaltene Persönlichkeit“...war ich auf dem Weg dorthin? Waren Engelchen und Teufelchen nur die ersten Anzeichen für einen Nervenzusammenbruch oder gar für eine unheilbare Krankheit?
Ich war einmal auf einem Jürgen-Höller-Seminar (Motivationstraining) und ein Satz ist mir davon in Erinnerung geblieben: gibt nie, gib NIEMALS auf! Okay, ich wollte es versuchen! Höller sitzt ja jetzt im Knast und ich...ich war mit meinen Mädels in Schottland!

Ich überlegte, wie ungerecht die Welt ist: warum war Höller nicht mit mir in Schottland und meine Mädels im Knast? Mit diesen philosophischen Ergüssen gedanklich schwanger föhnt ich mir die Haare – 20p hatte ich schon ausgegeben....das erinnerte mich daran, daß ich noch einmal Geld tauschen musste!
Ach ja, habe ich schon erwähnt, daß meine Mädels es für angebracht hielten, daß ich die Gemeinschaftskasse verwalten sollte? Ich müsste ja sowieso tanken, einkaufen und Essen bezahlen, dann könnte ich doch auch....und überhaupt, ich könne ja auch viel schneller umrechnen! Dummstellen schafft Freizeit!
Aber diesen Zahn hatte ich ihnen ja wohl hoffentlich gezogen, als ich im Rausgehen noch schnell den Kessel aufgesetzt habe....oder nicht?
Ich ging einen Schritt schneller, denn vor meinem geistigen Auge sah ich schon, wie Dampfschwaden das Innere des Wohnmobiles ausfüllten, dicke Tropfen von der Decke hingen.....ich riß die Tür auf – und ....roch den Kaffee!!!!
Was soll ich Euch erzählen? Ich brachte ein durchaus freundliches „Guten Morgen!“ zustande!!! Es war morgens um 6:25h!!

Wenn man schon um 7:00h frühstückt, anschließend das Wohnmobil aufräumt und saubermacht (Fegen ist Pflicht!! Tannennadeln unter den (bar-)Füssen pieken entsetzlich!), beginnt man das eigentliche Tagesgeschäft ziemlich früh: schließlich waren wir nicht zum Vergnügen hier, oder doch?
Also brachen wir auch sehr zeitig auf, in die Innenstadt von Banff zum Einkaufsbummel Nr. 978!
Es scheint zwar merkwürdig, dennoch sind die Sehenswürdigkeiten nicht auf meine Mädels ausgelegt und öffnen ihre Pforten meist erst zwischen 10 und 11 Uhr am Vormittag! Und so konnten wir und Banff anschauen, ein bißchen Geld ausgeben (vorher wechseln!) und damit die Zeit überbrücken, bis das Duff House seine Türen für uns öffnen sollte.

In diesem Herrenhaus hätte ICH einkaufen können! Wunderbare alte Möbel, Wandteppiche mit entzückenden Tier- und Blumenmotiven (zugegeben „etwas“ zu groß für unser Häuschen!! Wir haben keine Wand in den Abmessungen 5 x 8 Meter!), traumhaft schönes Porzellan, das in einem antiken Esszimmer eingedeckt für ein Gala-Diner zu bewundern war...wenn ich schon einmal etwas haben wollte: Unverkäuflich sei alles, erklärte mir ein als Butler verkleideter Angestellter, der bemerkte, wie ich einen Zettel aus der Tasche zog, um einen „Wunschzettel“ zu schreiben. Der 3. Stock dieses Anwesens wird für immer wechselnde Ausstellungen genutzt; als wir dort waren, konnten wir eine Ausstellung verschiedener Handarbeiten bewundern!
Häkeldeckchen, gestrickte Baby-Wäsche, Fußbänke mit Petit Point-Stickereien, Gobelins, Kreuzstichtischdecken und vieles mehr...
Wieder im Erdgeschoß angekommen , habe ich die Witterung aufgenommen, die mich zielsicher wie ein Bluthund zur Beute, immer zu einer Tasse frisch gekochtem Kaffee führt! Tatsächlich – im ehemaligen Empfangszimmer war nun eine Cafeteria untergebracht!

Frisch gestärkt und im Kopf immer noch meinen Wunschzettel, machten wir uns auf, um den Coast Trail weiter Richtung Süden zu fahren. Immerhin hatten wir die Hälfte unserer Reise schon hinter uns gebracht und befanden uns nun fast unmerklich auf dem Weg zurück.
Unweit von Banff lockte uns ein Städtchen nur mit seinem Namen „Gardenstown“.
Laut Karte liegt es genau am Meer und so erhoffte ich einen „Geheimtipp“ zu finden, denn Garten in Verbindung mit Meer brachte meine Phantasie in Schwung.

Ich hätte es wissen müssen – irgendetwas stimmt nicht mit diesem Ort!! Schon bei der Ortseinfahrt hätte ich umdrehen sollen: eine „Tankstelle“ –eigentlich waren es nur zwei Zapfsäulen- lag genau am Berg. Vollzutanken war hier unmöglich, denn das Wohnmobil stand so sehr am Hang, daß sich die Zapfpistole zwar automatisch abstellte, die Tankuhr aber später nur ¾ Voll anzeigte. Ein Kassenhäuschen gab es nicht, man musste in einem Lebensmittelladen bezahlen! Hier ging die Anzeige aber nicht korrekt, so daß die freundliche Dame hinter dem Thresen nun nicht wusste, ob ich für 20,45 oder für 29,45 getankt hatte. Die Wahrheit war, und ich sagte es ihr auch: 28,45 Pfund! Schnell noch ein paar süße Kuchen (sahen verflixt gut aus: mit Kokos und Schokolade – wie ein kleiner Negerkuß!) und ein paar Petit fours eingepackt – wahrscheinlich mehr Umsatz für die „Tankwartin“ als die ganze Woche zuvor nicht zusammen ! Und weil Tankwarte immer gern Auskunft geben, fragte ich, ob ich mit diesem Camper (und deutete auf unser Gefährt) denn bis zum Hafen fahren und dort auch parken könnte. Sie bejahte, eifrig nickend, aber ich sollte mich an die Hinweisschilder „zum Hafen“ halten. Was ich auch tat – ich dumme Nuss!

Es sah so einfach aus – die Straßen zwar steil und furchtbar eng, aber Gegenverkehr gab es in diesem Örtchen wohl das letzte Mal 1924! Immer auf der Suche nach den Gärten, die diesem Ort den Namen gaben, aber niemals die Hinweisschilder „zum Hafen“ aus den Augen – fuhr ich langsam aber sicher um eine Biegung und stand.....auf der Hafenmauer! Sackgasse – ohne Möglichkeit zu wenden! Rechts das Meer, links eine Mauer – Türe öffnen und fliehen war unmöglich! Schräg rechts hinter mir parkte ein Auto – links führte eine 22%ige Steigung wieder aus dem Ort heraus! Aber die musste ich erst einmal VORWÄRTS erwischen, was bedeutete, ich musste rückwärts um das parkende Auto herum in die schmale Straße rechts einbiegen!! Hört sich einfach an, oder? Aber immer noch – bei dem bloßen Gedanken daran – bricht mir der Schweiß aus!
Obwohl wir bei unserer Ankunft keine Menschenseele gesehen haben, bevölkerte sich der Ort des Geschehens in Windeseile! Ich hatte später die Tankwartin in Verdacht!! Sicher war sie auch so etwas wie eine Bürgermeisterin, die ihren Mitmenschen einmal wieder eine Attraktion bieten wollte! Eine dusselige Deutsche, die ihr riesiges Gefährt in eine nahezu unmögliche Situation manövrierte!! Und wahrscheinlich war sie es auch, die einen Anwohner des Hafens dazu aufgefordert hatte, sich mir in seinem PKW von vorne zu nähern!
Ich schickte also meinen Beifahrer nach hinten, verbot sämtliche Gespräche oder auch nur lautes Luftholen und zirkelte Millimeter um Millimeter um die Kurve bis ich das Wohnmobil in eine Position gebracht hatte, in der ich die steile Ausfahrtstraße vorwärts erreichen konnte.
22% Steigung sind schon eine ganze Menge – und das einzige Mal fand ich, das Wohnmobil sei untermotorisiert! Aber ich schaffte es und erhielt auch prompt Szenenapplaus – von den Mädels und – so konnte ich im Rückspiegel noch erkennen- auch von den Anwohnern!

Auf einer geraden, nahezu horizontalen Straße hielt ich links an – bat um etwas zu trinken und ein Stück Schokolade und es dauerte gerade einmal 5 Minuten, da hörte auch das Zittern in meinen Knien auf!
Sollte jemand von Euch einmal nach Gardenstown kommen, schaut doch mal nach, ob dort irgendwo im Ortsarchiv meine Geschichte zu lesen ist, oder vielleicht sogar ein Bild vom Fahrzeug auf der Hafenmauer in der Tankstelle im Tante-Emma-Laden hängt.
Übrigens dachte ich ernsthaft daran, noch einmal zurück zu fahren, und die Frau im Laden zu verhauen!!
Nun wollte ich nur noch weg – und es war mir scheißegal (Entschuldigung!!!!), ob es hier nun noch irgendwo Gärten gab oder nicht!

Wir folgten den Coast Trail weiter und fanden nach ca. 40 Kilometern einen wunderbaren Strand. In einer kleinen Bucht brüteten Seevögel aller Arten und man konnte dort sogar noch die Überreste einer frühhistorischen Festung erkennen.

Merkwürdigerweise haben wir dort einen Pärchen in einem kleinen Camper getroffen, die wohl die unglaublichste Spezies von Kölnern waren: stur und unfreundlich! Na ja, vielleicht hatten sie das Wohnmobil ja auch nur geliehen in Köln! Wir waren ja auch nicht aus Ahrweiler!!!

Wir hielten uns gerade so lange dort auf, bis die Sonne die kleine Bucht nicht mehr ausfüllte und zogen weiter Richtung Fraserburgh.
Diesen Tag hätten ich für mich eigentlich voll streichen und unter „nicht erwähnenswert“ abhaken können, wenn wir dort – zwischen Fraserburgh und Peterhead- nicht einen traumhaft schönen Platz zum Übernachten gefunden hätten: mitten in den Dünen, 20 Schritte zum Wasser – kein „no overnight parking“-Schild, das nun doch mein schlechtes Gewissen geregt hätte... PERFEKT!!!

Nun, wenn Ihr mögt mehr in Teil 8....

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #6 am: Samstag, 18. August 2007 - 03:45:26 »
Teil 8

 

Schottland Teil 8 oder: Doch noch eine Hochzeit


Nur ungern verließen wir diesen traumhaft schönen (Nacht-)Platz, um weiter Richtung Aberdeen zu fahren. Aberdeen selbst wollten wir uns NICHT ansehen, denn wie überall an der Ostküste sind die größeren Ortschaften auch gleichzeitig auch riesige Industrieansammlungen, die vielleicht interessant, aber nicht unbedingt sehenswert für uns Touris sind.
Außerdem ist der Coast Trail eigentlich so wunderschön, als daß man ihn meilen- ...Entschuldigung ....kilometerweit fahren kann, ohne auch nur einen Moment Langeweile zu empfinden.
Die Straße macht es für den Fahrer nicht einfach, nicht doch ab und zu den Blick schweifen zu lassen über die unglaubliche Küstenlandschaft mit dem wunderbaren Farbenspielen der Natur. Denn auch hier handelt es sich zum großen Teil um schmale Straßen, die ein plötzlich entgegen kommendes Fahrzeug erst unmittelbar vor dem Crash erkennen läßt. Ausweichbuchten sind rar und so fährt man/frau eben langsam. Hier hätte ich manchmal gewünscht, daß eines meiner Mädels sich doch bitte auch einmal hinter das Steuer setzt!

Immer, wenn dieser Wunsch in mir hochkam, dachte ich daran, daß sie dann aber auch Balmoral Castle auf der Karte entdecken würden, an dessen einziger Zufahrtstraße wir vorbei kommen würden. Ich hatte nämlich beschlossen, diesen Punkt NICHT anzufahren und hätte ich dieses ausgesprochen, wäre eine Diskussion darüber unvermeidlich gewesen.

Warum, werdet Ihr fragen, Balmoral soll doch herrlich sein, nicht umsonst ist hier die Sommerresidenz der königlichen Familie! Nun, Ihr Lieben, das ist nicht so einfach zu beantworten, darum hole ich ein wenig aus, und erzähle Euch von der Begebenheit, die sich einmal vor ca. 4 Jahren in Rothenburg ob der Tauber abgespielt hat. Ich hatte beruflich in Herrsching am Ammersee zu tun und fand es eine nette Geste, Linde und Lore zu fragen, ob sie nicht mitkommen und sich dort einen schönen Tag machen wollten, während ich einen blöden Vortrag hielt, über ein Thema, das ich längst vergessen habe. Allzu gern stimmten sie zu, was den Vorteil hatte, daß ich nicht allein fahren musste. Die Strecke maß ca. 630 km und ich hatte geplant, dort zu übernachten. Auf dem Rückweg wollte ich in Rothenburg noch schnell mal eben bei Käthe Wohlfahrt herein schauen und –wieder mitten im Sommer- in wunderschön-kitschigem Weihnachtsschmuck zu stöbern. Rothenburg ist eine ganz hübsche kleine Stadt mit viel Flair, wo sogar die McDonalds Filiale einen gewissen Stil besitzt. Und überhaupt: kennt Ihr die Schneebälle, diese süße Köstlichkeit? Das allein war ein Grund, weswegen ich dort halten musste! Nun gut – ein Parkplatz war ruck zuck gefunden (kostenfrei) und auf dem riesigen Marktplatz angekommen, sahen die Mädels ihn sofort: Gotthilf Fischer! Beide Mädels entwickelten sich plötzlich zu über 60-jährigen Groupies, liefen laut fiepend über das Kopfsteinpflaster, zogen währenddessen aus der Handtasche ihr Notizbüchlein, um den völlig verwirrten Gotthilf um ein Autogramm zu bitten! Gott, war mir das peinlich!!!! Als die beiden dann –mit hochrotem Kopf, aber glücklich über einen Kugelschreiber-Kringel (was ein Autogramm sein sollte!) wieder zu mir zurück kamen, habe ich zur Strafe gefragt: „Wußtet ihr eigentlich, daß Gotthilf ein Toupet trägt?“ Das ganz entschiedene „NEIN!“ kam von anderer Seite: eine empörte, auf jung getrimmte Mittsiebzigerin hatte meine Aussage gehört. „Nein“, wiederholte sie noch einmal „Ich bin Friseurin und würde sofort sehen, wenn jemand ein Haarteil trägt! Und er hat das gar nicht nötig, bei seiner Haarpracht!“ Um Gottes Willen, noch ein Fan! Und wie sie dieses „er“ betonte....wie schön muß es sein, wenn man Fan von irgendjemandem ist!!! (Und er trägt DOCH einen Fiffi!!)
Nun gut, aber zurück zum Thema: wenn ich nun meine Mädels nach Balmoral gefahren, wir dort unter Umständen tatsächlich einen Royal zu Augen bekommen hätten,....wie wäre die Reaktion wohl DANN gewesen??? Nein, ich wollte bestimmt nicht, daß die Bodyguards meine Mädels den Arm umdrehen, nur weil sie sich kreischend um ein Autogramm von Prinz William zu bekommen, ihm vor die Füße geworfen hätten. Schon das Konterfei auf einer Briefmarke zu Ehren des 21. Geburtstages von Willi ließ meine Mädels fast in Extase ausbrechen....was sollte es denn dort bloß geben? Nein, nein, also fuhr ich lieber – schlich mich an der Abfahrt vorbei und hielt erst an, als wir nach Stonehaven kamen.

Stonehaven ist ein wunderschöner, kleiner Ort, der mit sehr viel Charme zum Bummeln einlud. Auch eine Apotheke konnten wir dort finden – mussten es auch, denn Lore hatte zu wenig von ihren Tabletten eingepackt, die sie dringend braucht! Doch auch hier gibt es scheinbar sehr viel Bürokratie, denn ohne Rezept konnte uns der überaus freundliche Apotheker leider nicht helfen. So ein Mist, denn Lore hatte vor 3 und vor einem Jahr jeweils einen Schlaganfall und das erste Mal wurde mir ein bißchen schwummerig, wegen dem, was passieren könnte.... nein, zu einem Arzt hier wollte Lore nicht, sie würde die Dosierung einfach halbieren und sich damit dann „über die Runden bringen“. Lore ist –einen Vorsatz gefasst- genauso stur wie ich! Also waren alle vereinten Zureden vergebens – Lore wollte nicht zum Doc! Außerdem hätte sie noch für heute und morgen die Komplette „Dröhnung“ und dann würden wir weitersehen....
Dieser Gedanke im Hinterkopf machte mich nicht froh! Und das aus zweierlei Gründen: zum einen hatte ich natürlich panische Angst davor, daß Lore mangels Medikamenten aus den Latschen kippt, weil gerade DIESE Pillen ziemlich wichtig sind und zum anderen musste ich unsere Tour umstellen.
Das hieß, daß ein Highlight fehlen würde: Thirsk in Yorkshire, dort wo der echte James Herriot gewirkt hat! (nur für den unglaublichen Fall, daß jemand von Euch NICHT weiß, wer das war: Der Doktor und das liebe Vieh –sagt Euch sicher etwas!)
Wie gut, daß ich meine Tour nicht VORHER bekannt gegeben habe: spätestens JETZT hätte Lore das Zeitliche gesegnet – von der aufgebrachten Weiberschar gemeuchelt ob der entgangenen Urlaubsfreuden. Also hielt ich den Mund, litt schweigend, denn auch ich wäre gern dort hingefahren.
Ich versuchte also diesen Gedanken auch noch zu verdrängen, wie ich vorhatte, die vergessenen Tabletten für die nächsten 2 Tage noch aus meinem Hirn zu verbannen – dann sollten wir weitersehen! Es klappte nicht ganz und so erwischte ich mich dabei, wie ich Lore beobachtete: war da nicht ein Anfall von leichter Röte im Gesicht festzustellen? Sprach sie nicht gerade langsamer als sonst? Trank sie genug? – kurz: ich hörte die Flöhe husten!

Doch zurück zur Tour: in Stonehaven angekommen war der erste Blick meiner Mädels ....Ihr wisst es längst!! Okay, zu diesem Zweck suchten wir uns einen Platz, an dem wir morgens um 11 Uhr einen Kaffee bekommen könnten – und ihn wieder wegbringen!
Die einzige Lokalität, die bereit war, uns einen Kaffee auszuschenken, war ....bitte nicht schlagen: ein irischer Pub!!! Ich wies die Mädels nicht explizit darauf hin und überlegte mir ein passende Ausrede, sollten sie doch die Harfen auf den kleinen Schildchen sehen, die den Verzehr von Guiness anpriesen....Gott, war mir das einlich! Es achtete keiner darauf, auch nicht, daß dieser Kaffee (ETWAS dicker, als normal!) satte € 4 kostete – nicht zusammen, sondern pro Tasse!!!
Ich erspare Euch die Einkäufe aufzulisten, die wir dort erledigten, aber seid gewiß: wir wurden wieder einige Pfunde leichter! Sooooo niedliche Schilder mit Katzen....Bilderrahmen mit solchen.....Postkarten aller Art...ich musste zuschlagen, und das erste Mal seit Beginn unserer Reise hatte ich ein Verlangen, etwas Bestimmtes einzukaufen: ein Cape (oder besser eine Art Schal), der aus fein gewebter Wolle der schottischen Schafe und in einem wunderschönen Tartan-Muster ganz prima im Herbst über einen Pullover oder Mantel zu tragen wäre. Ihr glaubt ja nicht, wie ein Wunsch plötzlich zur fixen Idee werden kann...dabei hatte ich dafür meine Mädels schon ein paar Mal verflucht – nun war ich selbst nicht besser!!!! Dieser Schal ging mir nicht mehr aus dem Kopf – ich hatte ihn ca. 300 km früher gesehen (!!!ich dummes Stück hatte NICHT zugeschlagen, sondern mich über meine Mädels amüsiert!!) und nun war er da – in meinem Kopf und nicht um meine Schultern. Ein Traum in dunklem grün und weichen-warmen Lila-Tönen!
Okay, mache Wünsche erfüllen sich eben nicht, dachte ich, ein bißchen traurig. Aber da ich die Hoffnung NIE aufgebe, auf meine Mädels als Detektive zählte, die mir bei der Suche nach einem ebenso schönen Stück behilflich sein sollten, auf die Auswahl in Edinburgh hoffte...ich würde meinen Schal schon noch bekommen! Vorsichtshalber nahm ich die Maße und den Schnitt ab, um mir eventuell zuhause doch etwas ähnliches nachzunähen....

Von Stonehaven machten wir uns auf, um Richtung Edzell Castle und Gardens zu fahren. Auch hier sind die Straßen noch ein Stückchen schmaler und die Gefahr , daß uns jemand entgegen kommt, war allgegenwärtig und meine Fahrweise durchaus als angemessen zu betrachten. Überall diese wunderschönen Gärten vor und hinter den Häusern, dann aus den Ortschaften heraus und durch dichten Wald, wo die Sonne durch den Blätterhimmel ein unglaubliches Muster auf die Straße warf! Wieder ein herrliches Schauspiel der Natur, ohne Eintritt und ohne....ja, ohne daß meine Mädels es mitbekamen...sie schliefen den Schlaf der Gerechten, sind wir doch schon sehr früh aufgestanden!
Plötzlich riß ein lauter Knall meine Mädels aus dem Schlaf – und mich aus meinen Gedanken! Ein kleiner Transporter in einem irren Tempo, die Kurven schneidend, hatte unseren Außenspiegel erwischt und mit einem furchtbaren Getöse an die Karosserie geschlagen. So schnell, wie er da war, war er auch schon wieder weg! Natürlich hatte auch er diese Karrambolage merken müssen... Idiot!! Er fuhr einfach weiter! Nun ist das Wohnmobil für eine Verfolgungsfahrt nicht motorisiert, meine Mädels für ein solches Unterfangen nervlich ungeeignet und so ließ ich ihn schweren Herzens des Tatort verlassen, ohne ihn zur Rede stellen zu können! Der Spiegel hing noch im Rahmen, allerdings hatte ich ein Spiegel-Puzzle, der nun -wie ein Kaleidoskop - witzige Motive in mein Blickfeld brachte – allerdings nicht mehr, was auf der rechten Seite hinter mir vor sich ging! (wer denkt sich diese Redewendungen aus: hinter mir vor sich!!!???)
Trotz dieses Zwischenfalles –ich hatte mich auch wieder abgeregt- erreichten wir Edzell gegen 12:45h. Wieder einen Stempel in unser Sammelheft, aber auch die Mitteilung, daß wir noch ein wenig warten müssten: um 13:30h sollte nämlich eine Hochzeit auf dem Gelände dieses ehemaligen Schlosses stattfinden...aber wir sollten bitte warten, denn der Besuch der Ruinen und des Garten lohne sich auf jeden Fall!
Ich parkte unser Zuhause im Schatten, setzte einen Kaffe auf, schmierte ein paar Brote (wieso eigentlich immer ich?) und wir beobachteten den Zufahrtsweg dieses Anwesens gespannt, ob und wer dort heiraten sollte.
Absichtlich hatte ich NICHT übersetzt, daß es sich um eine echte schottische Hochzeit- also im Kilt und mit Dudelsack-Musik- handeln sollte. Sie können alles essen, aber nicht alles wissen, außerdem könnte ich ja immer noch sagen: EXTRA für euch habe ich den Besuch heute hier so arrangiert! Wenn es nicht schön oder außergewöhnlich geworden wäre, hätte ich den Mund gehalten. Wir hatten gerade unser Butterbrot in der Hand, da kam der erste Wagen. Geschmückt mit Blumen– also genau wie bei uns! Aber da war eine Fahne mit einem Wappen auf dem Kotflügel – also musste es eine besondere Familie sein, die sich hier zur Zeremonie traf. Für meinen Geschmack war der Bentley ein bißchen zu protzig...
Ich weiß nicht, ob Ihr die Proportionen eines Wohnmobiles kennt, darum erzähle ich Euch lieber, was ich beobachten konnte! Als Fahrer hatte ich den Vorteil (Aussteigen und Filmen oder fotografieren hatte ich VERBOTEN!!), vorne sitzen zu dürfen – die große Windschutzscheibe als panorama-fähigen Durchblick! Meine Mädels (4 nicht sehr schlanke Personen!) lehnten nun auf der Arbeitsfläche der Küche, um von dort aus durch das ca. 60 x 30 cm kleine Fenster zu schauen! Wie gerne hätte ich jetzt mein eigenes Verbot umgangen und ein Bild von den Hinterteilen meiner Mädels gemacht! Und von den Köpfen, die sich aneinander gequetscht vor dem winzigen Fensterchen in einer Reihe postierten, um nur keinen Blick von den Gästen und der Braut zu verpassen!!! Ein Bild, daß Ihr Euch, meine Lieben, jetzt in eurer Phantasie ausmalen solltet – nehmt dieses Bild und macht es noch komischer, dann habt Ihr einen Bruchteil dessen, was sich mir bot! Herrlich!!!

Aus dem Auto stieg ein Schotte im Kilt, was meinen Mädels ein Ohhh und ein Aaahhh entlockte. Hatten die Tomaten auf den Augen??? Der Kerl war 1,90m groß und mindestens genauso breit! Hals und Kopf gingen in einer Linie ineinander über, wellten sich in Hautfalten vor dem Übergang zum Rücken. Pechschwarze, kurzgeschnittene Haare zeugten von einen kürzlichen Besuch beim Friseur – nur hatte der die Augenbrauen vergessen!!! Die wucherten dem jungen Mann –der sicherlich der Bräutigam war, nämlich so ins Gesicht, daß er trotz seines Lächelns einen ziemlich finsteren Eindruck machte. Ich schwöre Euch: meine Mädels hätten einen Anfall bekommen, wenn sie ihn –in Jeans und Turnschuhen bekleidet- nachts auf der Straße getroffen hätten! Hier war er allerdings der Bräutigam, der sehr ungeduldig –immer auf die Uhr schauend- auf seine Auserwählte wartete! Mehr und mehr füllte sich der kleine Parkplatz, zunächst im Schatten (ich klopfte mir auf die Schulter-wir standen ja schon im Schatten!!), dann waren alle Plätze belegt. Nur die Braut kam nicht! Der Pastor war schon da und las sich in seine Predigt ein. Wir hatten ihn kennen gelernt, als wir im Shop die Stempel holten! Er kam aus der Nähe, hörte, daß wir Deutsche waren und erzählte uns in einem Deutsch-englisch, daß er mal in Heidelberg gewesen sei, wo die Schwester seiner Frau und .....interessiert euch nicht, oder? Mich auch nicht, aber er war sehr freundlich, im Alter meiner Mädels und so hatte ich ein bißchen „Freizeit“, mir die Pflanzen anzuschauen, die vor dem Shop zum Verkauf standen. Einige dieser Blümchen kannte ich, andere nicht – aber eines hatten sie gemein: sie waren ungeheuer teuer (reimt sich und stimmt!!)

Als meine Mädels dann unruhig wurden, vorne übergebeugt von einem Bein auf das andere traten, wusste ich, daß ein weiteres großes Auto anrollte. DAS musste endlich die Braut sein – PUSTEKUCHEN!!! Es war nicht die Braut, sondern allenfalls die Braut-Mutter! Ein Kleid in einem wirklich hübschen Fliederton, ein neckisches Hütchen schräg auf dem Kopf....nee, das konnte nur Braut-Mum sein!
Während meine Mädels noch rätselten, kam ein weiteres Auto: der Dudelsack-Spieler! Auch im Kilt , mit allem Drum und Dran, was zu einer echten Tracht gehörte, ging er Richtung Ruine, die immer noch in schönstem Sonnenschein auf die Zeremonie wartete. Ich drehte das Fenster weit herunter, weil ich (haltet mich nicht für bekloppt!!) das Dudelsackspiel sehr mag! Bei Amazing grace lehnte ich den Kopf zurück, schloß die Augen, lauschte den Klängen und wurde einfach weggetragen…..müßig zu sagen, daß ich auch hier mit Gänsehaut da saß und hoffte, diesen Moment einfangen und festhalten zu können, oder?! Was nun auf dem Parkplatz los war, konnte ich nicht verfolgen, aber als ich von meinen Mädels mit einem hysterischen „da ist sie-da ist sie!“ aus den schönen Träumen gerissen wurde, wusste ich, meine Pflicht hatte mich wieder! Noch einmal untersagte ich das Aussteigen, weil ich befürchtete, die Deutschen auch in diesem Land als absolute Deppen dastehen zu lassen, wenn sich 4 Frauen zeternd und winkend, mit einer (oder mehreren ) Kameras vor die Gästeschar einer Hochzeit stellten und so eventuell den Ablauf erheblich stören würden! Böse Blicke ließen mich nicht weich werden....allerdings „erlaubte“ ich ihnen, sobald die Gäste und das Paar selbst im Schloß wären, wenigstens am Zaun zu schauen! Ich bin ja kein Unmensch!

Nun gut, von der Zeremonie selbst bekamen wir nicht viel mit – wohl aber wurde ich –ansatzweise- noch einmal auf eine Traumreise geschickt, als der Dudelsack zu spielen begann....
Wie die Braut nun aussah, weiß ich nur von den Erzählungen meiner Mädels – kein Chic, hübsches Kleid, aber es saß nicht, die Blumenmädchen waren hübsch gekleidet, aber warum trugen sie Turnschuhe?
Nach 2 Stunden war alles vorbei und es störte mich dann auch nicht mehr, daß das Paar noch für Hochzeitsfotos im Schloß posierte: ich ließ meine Mädels los!
Der garten dieses Edzell Castle ist eine Wucht!! Auf einem seitlichen Beet wachsen alle möglichen Pflanzen, dicht an dicht, und ergeben ein Meer aus Blüten und Farben. Lavendel und Jasmin strömten einen betörenden Duft aus, weiße und dunkelrote Pfingstrosen luden die Bienen ein, doch ein wenig auf ihnen zu verweilen. Wunderschöne Rosen in allen Farben und Größen riechen hier noch wie Rosen und es erstaunte mich wieder einmal, wie wenig man hier scheinbar von Blattläusen oder Schnecken weiß! Im Garten selbst ziert ein echter englischer Rasen den ehemaligen Innenhof dieses kleinen Lust-Schlosses, das niemals in seiner Geschichte einen Angriff oder eine Belagerung erleben musste. Hier hatten die Burgherren Zeit und Muße, einen Garten anzulegen, mit kleinen Bux-Hecken wunderschöne Ornamente wachsen zu lassen, um im Sommer in einem kleinen Häuschen (noch sehr gut erhalten) an der Schloßmauer einfach die Kühle und Entspannung zu suchen! Vor meinem geistigen Auge sah ich förmlich, die Burgfräuleins über die Wiese laufen....ob sie damals wohl auch –wie ich heute- die Schuhe ausgezogen haben, um den Rasen, der wie ein flauschiger Teppich aussieht, mit bloßen Füßen zu fühlen??
Viel zu schnell verging die Zeit dort und als die ersten Regentropfen fielen, machten wir uns auf, um weiter zu fahren Richtung St.Andrews.

Davon in Teil 9 – wenn Ihr noch Lust habt

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #7 am: Freitag, 24. August 2007 - 08:39:13 »
Teil 9

Schottland Teil 9 – oder wie mich die Frau im Spiegel einholte

Nachdem wir Edzell Castle and Gardens hinter uns gelassen hatten, führte uns der Coast Trail Richtung St. Andrews.
Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Golfplätze aneinander gesehen, wie auf diesem Stück unseres Weges. Wo eine Wiese nicht Fähnchen und sauber-akkurat gemähte Grüns aufwies, luden Campingplätze ein, ein bißchen zu bleiben. So weit das Auge schauen konnte, war nichts als Landschaft zu erkennen: und WAS für eine Landschaft!

Ich hatte das Gefühl, meine Mädels könnten einen Einkaufsbummel verdient und so fuhren wir ziemlich zielstrebig –ohne anzuhalten und die Gegend zu bewundern – direkt nach St. Andrews.
Wie gut, daß ich meinen Mund gehalten habe, nichts von einem Einkaufsbummel erwähnte und erst im Städtchen selbst erkennen musste, daß ja Sonntag war! Oooops, das wäre ein Drama geworden: Du hast doch gesagt, wir gehen einkaufen – Ich wollte noch nach einer Ente schauen!- Haben die hier wohl auch diese Puppen? Oh manno!!!
Schließlich sagte ich dann aber: „Hat jemand Lust auf einen Sonntags-Einkaufsbummel? Der Lidl hat hier auf! Sogar sonntags!“ In Windeseile wurde sogar dieser Lidl-Markt gekapert; meine Mädels schrecken vor nichts zurück!

Parken konnten wir –direkt neben einem Golf-Patz mitten in der Stadt- am Strand und hätten –wenn wir gewollt hätten, das kleine Aquarium besichtigen können. Wollten wir NICHT (gab´s keinen Stempel dafür!) und außerdem lockte die Stadt selbst.

In St. Andrews gibt es eigentlich gleich 3 tolle Dinge zu bewundern: die Ruine der Kathedrale, die Ruine des Schlosses und die wunderschönen Bauten der Universität! Letztere ziehen sich durch die ganze Stadt, und ich staunte, daß auch Studentenwohnheime wie kleine Herrensitze aussahen! Von einer in Deutschland üblichen Studentenbude im Hochhaus-Dschungel war hier gar nichts zu sehen: statt Wäscheständern waren liebevoll arrangierte Blumenkübel auf dem Balkon, statt IKEA-Gardinen schmückten feine Spitzenstores die Fenster. Überall sahen wir Menschen, die mit ähnlich verfrorener Nase (es ist schweine-kalt und irre windig gewesen), die genau wie wir fasziniert durch die Straßen liefen, immer den Blick auf die wunderbaren alten Häuser.
Allerdings erschien es uns genauso unüblich für eine Studentenstadt, daß nicht EINE Studentenkneipe zu finden war, wo wir unsere steifgefrorenen Finger an einer Tasse Kaffee hätten wärmen können. Wie gut, daß wir unsere eigene Kaffeeküche mit hatten!!!

Die Kathedrale von St. Andrews (hier bekamen wir einen Stempel!!) war eine Schau. Fast nur Außenmauern sind noch erhalten und ragen wie spitze Finger in den Himmel. Einige kleine Wendeltreppen führen steil ins Nichts oder auf eine der Aussichtsplattformen, von denen man das gesamte Areal der Anlage überblicken konnte. Eine rot-steinerne Mauer umschließt den Grund der Kathedrale, die früher wie ein kleines Schloss regiert werden musste.
Es gab eine Klosterküche, einen Klostergarten (hier wuchsen noch Küchenkräuter; ein scheuer Blick über die Schulter ließ mich einen Aufseher erkennen und davon abbringen, für das Abendessen ein wenig zu „wildern“), man konnte Wandelgänge erkennen, auf denen einst Mönche schon gegangen waren – jetzt wir.

Überall in den Ruinen hatten Möwen ihre kargen Nester gebaut – eigentlich sind es keine richtigen Nester: sie legen ihre Eier nur in ein bißchen, wenig akkurat zusammen gesammeltes Geäst! Die kleinen Möwen, die heftig und laut schreiend auf Nahrung warteten, lebten sehr gefährlich! Auf einem Sims von max. 50 cm Breite und vielleicht 30 cm Tiefe hüpften sie ihren Eltern entgegen, wenn sie etwas Essbares erwarteten.
Ich schaute einfach weg: Mensch, ihr Möwen, ihr seid richtige Rabeneltern!!!

Inmitten der riesigen Anlage, die bestimmt einmal sehr beeindruckend gewesen sein musste und jetzt auch noch ist, liegt ein alter Friedhof. Einige Grabsteine sind noch sehr gut erhalten, bei anderen konnte ich die Inschriften nicht mehr erkennen. Die ältesten Steine, die ich gefunden habe, datierten aus dem Jahr 1648... ich bin nicht sicher, daß ich lange genug geschaut habe. Vielleicht hätte ich dort noch ältere Beweise menschlicher Beerdigungsarten gefunden.
Langsam kam die Sonne doch ein wenig zum Vorschein und inmitten der Mauern wurde es sehr angenehm warm.
Das fand wohl auch ein älterer Herr, der sich mal eben zu einem kleinen Schläfchen auf einer Bank ausstreckte, die gleich neben den Grabsteinen aufgestellt war.
Meine Mädels konnten nicht lachen, als ich bemerkte, er würde sicher schon mal Probeliegen! Ich fand mich wieder überaus witzig! Sagt selbst: das war ein Brüller, oder?!

Ein paar Schritte von der Kathedrale entfernt, fanden wir (ebenfalls mitten in der Stadt) die Ruine des ehemaligen Schlosses von St. Andrews (auch hier einen Stempel!!). Irgendjemand wurde hier einmal aus dem Fenster geworfen, was zu einer mächtigen politischen Sache (und wahrscheinlich auch wieder zu einem Krieg) führte – wer dort gefallen oder wen man dort gestoßen hatte, habe ich vergessen! Es würde Euch auch sicherlich nicht interessieren, darum schlage ich es jetzt nicht nach!
Meine Mädels waren ein bißchen enttäuscht, denn auch diese Sehenswürdigkeit war nicht mit einer Cafeteria ausgestattet. Aber ein Klo gab es.....und das fanden sie auch mit schlafwandlerischer Sicherheit!

Sicher wären wir noch länger in St. Andrews geblieben, wenn...ja, wenn einfach ein paar mehr Geschäfte geöffnet hätten – so verzogen wir uns zu unserem Wohnmobil, freuten uns über den Kaffee und die Kekse und machten uns wieder auf den Weg, einen netten Campingplatz zu finden.
Ein „no overnight parking“ –Platz kam für mich – wegen Lores angegriffenen Gesundheitszustandes – nicht mehr in Frage. Ich brauchte die Sicherheit, für den Fall eines Falles schnell einen Arzt zur Hand zu haben.... Wir fanden einen super-schönen Platz kurz vor Buckhaven , also genau auf unser Ziel Edinburgh zu.

Dieser Platz allein war schon eine Show – aber die Betreiber waren die Nettesten, die wir auf unserer Tour kennen gelernt hatten: als der Mann erfuhr, daß wir weiter Richtung Edinburgh unterwegs waren und nur eine Nacht bleiben wollten, holte er in Windeseile sämtliche Karten hervor, die uns einen sicheren und schnellen Weg zu den schönsten Campingplätzen in und um Edinburgh aufzeigen sollten.
Leider konnte er mir die Karte nicht vorlesen, denn seine Brille wäre verschwunden.... kurzerhand nahm er die seiner Frau, setzte sich also eine wirklich feminine Brille auf und über sein Gesicht huschte ein Lächeln, als er meinte, wie gut, daß er und seine Frau ähnlich schlechte Augen hätten...so konnte er mir ganz schnell auf der Karte zeigen, wo ER hinfahren würde, um Urlaub zu machen!
Und dem nicht genug – wie von Zauberhand lagen plötzlich auch noch Prospekte DIESER Plätze auf dem Tisch! Ein weiterer Camper, der nur schnell einen Liter Milch kaufen wollte, gesellte sich dazu, und ich konnte eine ziemlich heftige Diskussion verfolgen, ob nun der Woodlands-Platz oder der Mussleburgh-Platz besser, schöner und toller wäre! Als ein dritter Gast dazu kam, hatte ich 3 verschiedene Meinungen, rund 10 Prospekte und einen Schlüssel für die Waschräume in der Hand – ebenso wie ein Wegweiser über DIESEN Platz mit der Standplatz-Nummer und vielen guten Wünschen....wirklich unglaublich nett und hilfsbereit, diese Schotten! Ach ja, beim Verlassen der Rezeption fand ich die Brille – fein säuberlich auf den Tageszeitungen abgelegt!
Wenn der Finderlohn immer so ein gewinnendes Lächeln ist, welches ich geschenkt bekam, dann suche ich nur noch verlorene Brillen!

Lores Gesundheit machte mir ziemliches Kopfzerbrechen – sie selbst hatte damit scheinbar weniger Probleme!
Ich weiß nicht, ob es fair war, meine Ängste bzgl. Lores Gesundheit mit den Mädels zu teilen, doch ich brauchte einen Rat oder die Meinung der anderen, weshalb ich „allgemeines Pipi-Machen“ befahl. Ziemlich verdutzt folgten sie mir (das hatte es ja noch nie gegeben – Katja lädt ein zum Klo!!)– außer Lore, der ich Bettruhe verordnete!

Und so standen Linde, Annegret, Gerda und ich auf dem Weg zu den Waschräumen und diskutierten darüber, wie wir weiter verfahren sollten. Eigentlich diskutierten wir nicht wirklich, denn wir waren –einmal ausgesprochen- alle einer Meinung: wir verkürzen die Reise, damit Lore schnellstmöglich zu ihrem Doc kommt.

Das bedeutete für uns, den nächsten Morgen nach Edinburgh zu fahren, dort nur einen Tag zu verbringen (statt der geplanten zwei), und am übernächsten Morgen Richtung Canterbury zu fahren, dort auch nicht einen Tag zu verweilen, sondern nur die Kathedrale anzuschauen – auf´s Schiff und dann nach Hause.
Durch die Änderung in dem Programm hätten wir 2 Tage „gewonnen“ oder von unserem Urlaub verloren - je nach Betrachtungsweise-, doch wir konnten damit leben.

Alles in allem hatten die Abstimmung gerade einmal eine Zigarettenlänge gedauert und ich war froh, daß meine Mädels und ich einer Meinung waren. Die dunkle Wolke schwebte nun nicht mehr am Himmel über uns (es war herrlichster Sonnenschein!), sondern in unseren Köpfen selbst.

Weil das Buch (ich Idiot – nur EINS!!!!), welches ich mitgenommen hatte, schon lange ausgelesen war, ich aber immer unbedingt TÄGLICH etwas lesen muß, bat ich meine Mädels, mir doch etwas von ihrer Lektüre zu überlassen.
So hatte ich die Auswahl gleich mehrerer verschiedener Zeitschriften und Groschenromane. Das kleinere Übel wählend nahm ich einen Stapel Zeitschriften von Gerda, vielleicht wäre als Alternative dort noch ein Kreuzworträtsel ´drin! So wurde ich an diesem Abend im Bett in die Welt der Reichen und Schönen entführt, denn Gerdas Zeitungsgeschmack geht in Richtung „Tina“, „Frau im Spiegel“ und „Bunte“. Während ich die erste Zeitschrift gelangweilt durchblätterte, stieß ich auf einen Bericht, der mit Prinz William zu tun hatte! Weil er seiner Mutter auf diesem Foto so unglaublich ähnlich sah, er einen wirklich sympathischen Eindruck macht und mich aus der Zeitung so anlächelte, las ich den Bericht! (Was tut man nicht alles in Ermangelung eines Besseren!?!?!)
Was soll ich sagen? Während so langsam meine Augen zufielen (so interessant war der Bericht!!!) las ich gerade noch „...Student in St.Andrews“....sofort war ich wieder wach und nahm diese Sekunde wahr, meinen Mädels wieder einen „Einlauf“ zu verpassen: „Hey, habt ihr nicht heute morgen gesagt, ihr wusstet nicht, daß St. Andrews eine Universitätsstadt ist?? Nun erfahre ich aus dieser von Euch total zerlesenen Zeitung, daß Euer Prinzlein hier zu Schule geht!!!“
Betretenes Schweigen – keine Rechtfertigung aus der eine hitzige Diskussion entbrennen könnte ....okay, dann eben nicht – Schlafen macht schön!


Der nächste Morgen begann wieder recht früh – oder für meine Mädels spät! Denn ich hörte schon gegen 5 Uhr, daß sich irgendjemand laufend im Bett drehte und eigentlich gern ein Örtchen aufgesucht hätte....grinsend überlegte ich, daß meine Standpauke über „ein rücksichtsvolles Miteinander in den frühen Morgenstunden“ gefruchtet hatte.

Aber ehrlich: wer weiß nicht, welche Höllenqualen man leiden kann, wenn man muß, aber nicht darf??? Also reckte ich mich lautstark und signalisierte nun der gequälten Seele damit, dass eine Rücksichtnahme auf mich nicht mehr nötig sei. Wie ein Wirbelwind sprangt Gerda mit meinem ersten „hmhram“ aus dem Bett, wünschte schnell flüsternd noch einen „Guten Morgen“ und lief wie ein junges Gnu aus dem Wohnmobil! Die Tür wurde nicht geworfen, sondern leise zugedrückt (trotz der Hektik ein bemerkenswertes Detail!!)! Einmal angefangen, konnte das morgendliche Ritual weitergehen.... Ich lag nach 30 Sekunden dann allein in meinem Alkoven, verschränkte die Arme selbstzufrieden hinter dem Kopf und reckte mich –genüßlich in meinem Erfolg suhlend: wer sagt eigentlich, daß ältere Mitbürger nicht mehr in der Lage sind zu lernen???

Zur Belohnung machte ich das untere Bett, stellte Kaffewasser auf, und als meine Mädels mit deutlich erleichtertem Gesichtsausdruck wiederkamen, duftete schon das Frühstücks- Lebenselixier! Ich fühlte mich gut!!! ;D))

Sehr zeitig erreichten wir Edinburgh ....

Und das wird Teil 10 der Geschichte, wenn Ihr mögt!

Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #8 am: Mittwoch, 29. August 2007 - 09:06:47 »
Schottland Teil 10 – Edinburgh – eine Stadt mit Herz


Als wir Edinburgh erreichten, merkten wir zu allererst, wie schwierig es ist, trotz der frühen Stunde einen Parkplatz zu bekommen. Es gibt wirklich sehr viele Parkhäuser, die allerdings nicht auf die Höhe von Wohnmobilen eingerichtet sind.
Es stellte sich auch nicht die Frage für mich, einfach die Höhenbegrenzung zu übersehen, u.U. ein Cabrio aus unserem Gefährt zu machen, denn die Doppeldecker-Busse dieser Stadt sind sicherlich für eine Sightseeing-Tour wesentlich geeigneter. Mit sehr viel Blauäugigkeit versuchte ich, direkt vor dem Schloß zu parken. Wenn Engel reisen, lacht die Sonne....und der Gott der freien Parkplätze ist ihnen gnädig.
Ca. 500m unterhalb der Burg fanden wir tatsächlich überraschend viele freie Stellplätze – ich wurde skeptisch! Diese Skepsis sollte sich als berechtigt herausstellen, denn als ich die Gebühren sah, wusste ich warum der Andrang hier ziemlich spärlich war: für 2 Stunden bezahlt man hier satte 15 Mark Parkgebühr!!

Es war mir völlig wurscht, denn ich erzählte den Mädels nichts von meiner irren Ausgabe aus der Gemeinschaftskasse und prahlte damit, ich sei ein der letzte echte Pfadfinder der Neuzeit!
Edinburgh Castle liegt auf einem Berg mitten in Schottland´s Hauptstadt. Von hier oben hat man einen wunderbaren und vor allem weiten Blick , wenn es das Wetter zulässt – und wir hatten ein Wetterchen, sage ich Euch!!! Der Aufstieg zur Burg war ziemlich steil und ich freute mich an dem Ausblick so sehr, daß ich meine Mädels nicht beobachtete.
Sie waren ein wenig hinter mir zurückgeblieben, gingen – nein SPAZIERTEN gemütlich hinter mir her....okay, sie wussten ja nicht, welche unverschämt hohe Gebühr es kostete, den Platz zu mieten!!
Schließlich wartete ich und sah dann, was alle außer mir schon gesehen hatten: Lore ging es gar nicht gut – sie biß zwar die Zähne zusammen, doch der Fußweg machte ihr schwer zu schaffen. So hakten die „Lauffreudigen“ Lore rechts und links unter und zogen sie den Berg hinauf. Oben angekommen, war ich diejenige, die nach Luft schnappte und trotzdem gut eine Zigarette gebraucht hätte.....doch an Pause war nicht zu denken: ich musste den Stempel holen!

Das erste mal verfluchte ich diese blöden Stempel, denn das Ticket hätte uns dazu berechtigt, an den 12 Kassen (alle mit mindestens 35-50 Menschen in Schlange davor!) zu umgehen und mit freiem Eintritt in das Schloß Zeit zu sparen! Nein – Stempel musste sein und so hatte ich eine gute Viertelstunde Zeit zuzusehen, wie das Mädchen vor mir sich ausgiebig beraten ließ, weil sie auch ein Explorer-Ticket für sich und ihren Freund kaufen wollte. Ja, ein Kopfhörer-Ticket, der einen sprachgeführten Rundgang durch das gesamte Schloß ermöglich, wolle sie auch. Ach so, im Schloß selbst wäre der Ausgabeschalter dafür! Schön, daß das Gerät auch in soooo vielen Sprachen zu haben wäre – sogar japanisch? Das ist ja interessant!

Bevor ich um mich schlagen konnte, bezahlte sie die lächerliche Summe von ca. 80 Pfund, grüßte noch einmal ganz freundlich nach hinten und zuckte entschuldigend mit den Schultern... was soll´s – wir hatten ja Urlaub und waren nicht auf der Flucht!
Als ich nun endlich am Kassenhäuschen stand, musste ich mir auch noch die unverständigen Blicke der Kassiererin gefallen lassen, die mich ansahen, als würde sie am liebsten fragen: Warum sind Sie nicht gleich durchgegangen? – weil Briten sehr, sehr höflich sind, tat sie es nicht und erfuhr auch nicht, welches meine Reaktion darauf gewesen wäre...

Meine Mädels hatten unterdessen einen Eiswagen gekapert und sich ein kühles Schokoladeneis organisiert – ganz allein! Ich war stolz, wie eine Mutter, deren Sohn zum ersten Mal alleine seinen Namen geschrieben hatte!!!
Das für mich gedachte Eis war mittlerweile von der Sonne geschmolzen, von meinen Mädels daraufhin auf ein Minimum zurückgeleckt und so erhielt ich nur einen kümmerlichen Rest eines stattlichen, wohlschmeckenden Eishörnchens mit Schokoladen-Riegel in die Hand gedrückt!

Der Innenhof des Schlosses wurde gerade für eine Veranstaltung verändert, denn in einer knappen Woche später sollten dort ein open air – Konzert stattfinden. Eine weitere Woche später und wir hätten sogar noch eine Parade anschauen können....auch diese Ankündigung übersetzte ich nicht! Schließlich sollten auch Ende dieser Woche die Highland – Games losgehen....

Das Schloß selbst –in den Hügel gebaut- ist eine wirkliche Augenweide. Obwohl ich nun schon einmal dort gewesen war, fielen mir mehr und mehr Dinge auf, an die ich mich eventuell nicht mehr erinnerte oder sie zuvor noch gar nicht angesehen hatte.
Überall auf dem Gelände stehen Informationstafeln, wo man sich gerade befindet, welchen Weg man am besten nimmt, welche historisch bedeutsamen Dinge dort stattgefunden haben... Lore suchte sich ein Plätzchen auf einer sonnigen Bank und versicherte uns, dort zu warten und sich keinen der vielen kilt-gekleideten Schotten zu angeln, um mit ihm durchzubrennen. Mir war nicht nach Scherzen zumute, dennoch hatte ich die „Moral der Truppe“ im Kopf.

Nun schreibe ich etwas, was ich so peinlich finde, daß es eigentlich nie nicht zu Papier...Entschuldigung: Bildschirm gebracht werden sollte!! Da es mir passiert ist, ich mich selbst nicht so gern als Depp dastehen lasse, ich Euch aber bisher immer nur von meinen Mädels´ „Verfehlungen“ berichtet habe....okay, dann gibt es eben einen „echten Katja“:

Im Schloß ist eine Ausstellung von Militaria untergebracht. Sämtliche Feldzüge der Geschichte Schottland´s kann man als Besucher dort im Schnelldurchlauf erfahren (wieder so eine unsinnige Wortwahl: im DurchLAUF erFAHREN!!).
Fein säuberlich hinter Glas kann man hier zum Beispiel das Offizierspatent von Prinzessin Anne bewundern, die als Ehrenmitglied des schottischen soundsovielten Garderegimentes geehrt wird.
Alte Feldpost aus einem der unzähligen Briefe zeugen von dem Heimweh eines unbekannten Soldaten namens Henry, der seiner Frau auf vergilbtem Papier und in gestochen scharfer Handschrift nach Hause geschrieben hat. Scheinbar hatten sie ein Baby, welches der Soldat noch nie sah.....traurig – aber auch romantisch, oder?
Na gut, und weil ich eben auch noch die letzten Zeilen dieses Briefes lesen wollte, der mich zu Tränen rührte, streckte ich den Hals noch länger....und stieß mit dem Kopf gegen die Scheibe! Diese schepperte so sehr, daß nur ungefähr 30 Leute um mich herum zusammenfuhren, mich mit einem mitleidig, empörten und teilweise sogar bitterbösen Blick ansahen! Wenn ich ein Mausloch entdeckt hätte, wäre ich darin verschwunden!
Soviel zu meiner Neugierde, aber mit der Erklärung, daß ich, wenn ich alles weiß, es überhaupt nicht mehr bin! ;o))

Wir streiften als geschrumpfte Gruppe ein wenig durch das Gelände der Burg und sammelten Lore ein, die – wie sie es versprochen hatte- immer noch ganz brav auf uns wartete! Die kilt-gekleideten Schotten müssen alle Tomaten auf den Augen haben, denn Lore ist eine sehr attraktive Mitt-Sechzigerin!!
Okay, sie saß noch da und hatte wohl entweder ein schönes Erlebnis oder es ging ihr tatsächlich gut, wie sie uns versicherte. Eine frische, leicht gerötete Gesichtsfarbe ließ Skepsis nicht zu! Und als sie dann auch noch um einen Kaffee bat, waren die Bedenken im Nu zerstreut!
Natürlich tranken wir unseren Kaffee – Starbuck´s hatte auch im Schloß von Edinburgh Einzug gehalten – und DER Kaffee schmeckt SUPER!!!

Ein wenig in Eile waren wir dann ja doch, weil die Parkuhr schon vor einer halben Stunde abgelaufen war...in der Hoffnung, auf KEIN weiteres Knöllchen (wie teuer sollte das denn sein, wenn die Parkgebühren schon so unverschämt waren!?), gingen wir langsam zum Wohnmobil zurück! Ja, und reisende Engel scheinen auch vom Gott der Knöllchen wohlwollend bedacht zu sein –es prangte KEINES am Fahrzeug! So seufzte ich, zog noch einmal das Gemeinschafts-Portemonaie und steckte Münze für Münze hinein, um uns zwei weitere Stunden Edinburgh zu gönnen.

Den Weg in die Innenstadt hatten wir (es ging ja den Berg hinunter!) ziemlich schnell erreicht! Eine Einkaufsstraße lag direkt an einem schönen Park – was lag also näher, meinen Mädels DAS Kaufhaus Großbritanniens zu zeigen: Marks und Spencer!
Lore winkte ab, weil sie eine Bank gefunden hatte, die ihr scheinbar besser gefiel, als der Gedanke, sich mit uns in einem Kaufhaus zu vergnügen. Sie konnte nicht mehr, würde aber gern einfach nur hier so sitzen, die Menschen beobachten und auf uns warten.....ich war sehr in Sorge!
Halbherzig -und mit meinen Gedanken mehr bei Lore auf der Bank- gingen wir durch die Abteilungen von „Marks & Sparks“ (so nennen die Briten diese Einkaufsoase) und daß wir NICHTS fanden, lag wohl an unserem schlechten Gewissen, Lore allein gelassen zu haben!
Also ließen wir eventuelle Einkaufsorgien sein und kehrten zurück zur verdutzten Lore – die uns eigentlich noch gar nicht wieder erwartet hatte. Es ginge ihr doch gut, beteuerte sie, nur das Laufen machte ihr Probleme....und so disponierte ich um:

Da wir ja nun unsere ursprünglichen Pläne, Edinburgh in 2 Tagen zu Fuß erkunden, umstellen mußten, beschlossen wir in einen der unzähligen Sightseeing-Tour-Busse zu steigen, um uns die Stadt bei herrlichem Wetter von der oberen (und offenen) Etage des Doppeldeckers anzusehen. Viel bequemer und weniger anstrengend wäre es ja sowieso!
Außerdem könne man wunderschöne Fotos machen, weil man ja so schön hoch sitzt!
Und das war das Stichwort: Anne bat mich, den Fotoapparat zu nehmen, weil ich ja immer mehr und schneller etwas Schönes sehe, als die anderen.....Dummstellen schafft Freizeit??? Neee, Dummstellen ermöglichte hier einen konzentrierten, ungetrübten Blick auf das Programm! Widerwillig nahm ich die Kamera und .....legte sie neben mich, um sie dort nicht zu gebrauchen!
Die Tour erwies sich nicht nur wegen des tollen Wetters als wunderschön, sondern man hatte wirklich einen phantastischen Blick auf alles, was es an Sehenswürdigkeiten dort gibt: winzig kleine, uralte Häuser, Kneipen, mit eigener Geschichte, an einem Platz, wo früher Menschen gehenkt wurden, große und kleinere Prachtbauten, in denen Prominente wohnen, .....kurz: es war wirklich einmalig, zumal wir alle Kopfhörer hatten, die uns in deutscher Sprache einen guten Reiseführer ersetzten!

Als die 2 Stunden Park-Uhr fast um waren, kamen wir in die Gegend, wo unser Auto wartete: kurzerhand wies ich meine Mädels an, sofort alle Klamotten zu greifen und schleunigst den Bus zu verlassen....ich war überrascht, wie schnell sie reagierten! Der Bus fuhr weiter und wir hatten gerade einmal 200m zu unserem Wohnmobil!
Dort angekommen war die Parkzeit wirklich auf die Minute abgelaufen und 3 Autos hinter uns schrieb eine Politesse schon die auf, die nicht so pünktlich zurück waren! Ein bißchen Schadenfreude kam auf und gern hätte ich nachgefragt, wie hoch die Kosten eines Knöllchens hier waren. Ich erfuhr es nicht, weil Annegret mit erreichen des Fahrzeuges fragte, ob ich denn viele Bilder gemacht hätte!
Oooops, ich hatte gar keines gemacht und .....wieder peinlich!!!...die Kamera sogar noch im Bus vergessen!!!!! Helle Aufregung machte sich unter dem Mädels breit – und ich muß sagen, auch mir war nicht sehr wohl zumute!!!
Aber aufregen nützt nichts, jedenfalls nicht, wenn man nicht handelt: und so manövrierte ich das riesige Wohnmobil (wie kommt es eigentlich, daß die Größe dieses Gefährtes proportional zum Verkehr anzuwachsen schien?) mitten durch den Verkehr von Edinburgh zu dem Platz, wo die Busse zur Sightseeing-Tour starten. Eine Haltebucht für Busse gegenüber der Doppeldecker war genau wie für das Wohnmobil gemacht – und ich übersah –(schließlich war es ein Notfall!) das Parken-verboten-Schild!! Im Sprint überquerte ich die 4-spurige Straße zu der Seite, wo ich die in orange gekleideten Ticketverkäufer gesehen hatte – dort fragte ich ein wirklich nettes Mädchen, ob eventuell ein Fotoapparat gefunden worden wäre....

Über walkie-talkie erhielt sie die Nachricht: ja, eine Minolta wurde gefunden, kommt in ca. 10 Minuten am office an! Ich weiß nicht, ob ich sie wirklich geküsst habe – jedenfalls hätte ich es tun können!! Ganze 5 Minuten später erreichte ich das Wohnmobil MIT Kamera und erntete dafür die bewundernden Blicke meiner Mitreisenden! Damit hätte keiner gerechnet – und ich –wenn ich ehrlich bin- auch nicht wirklich! Ich hatte zwar gehofft, .....
Und da bewahrheitet es sich wieder: man soll die Hoffnung niemals aufgeben!

Als ich darauf bestehen musste, daß das Mädchen für diesen unerwarteten Glücksfall von mir ein Trinkgeld annehmen sollte, hatte sie Tränen in den Augen. Es wäre selbstverständlich, murmelte sie noch und ich hatte das Gefühl, sie getroffen zu haben. Als ich dann sagte, es wäre nur Geld, mit dem sie sich vielleicht eine Freude machen konnte, für die Freude, die sie MIR bereitet hat, lächelte sie.

Ein Mädchen mit Herz – wie die Stadt, die wir jetzt verließen.....ich wäre gern noch geblieben!

Weiter in Teil 11 – wenn Ihr mögt





Katja

  • Gast
Re: Reisebericht Schottland
« Antwort #9 am: Mittwoch, 05. September 2007 - 07:58:41 »
Teil 11

Schottland Teil 11 – oder Abschied


Unseren letzten Abend in Schottland verbrachten wir auf einem Campingplatz, den man gut und gerne als „high-tec“ hätte bezeichnen können: Zahlenkombination für das Eingangstor, einen für die Duschräume und einen für die Toiletten.
Meine Mädels bekamen erst „Freigang“, nachdem sie diesen Code auswendig vor- und rückwärts aufsagen konnten. :o)
Das war eigentlich reiner Selbsterhaltungstrieb, denn ich befürchtete, sonst inmitten eines schönen nächtlichen Traumes aus demselben gerissen zu und von einer Mitreisenden flüsternd nach dem Code befragt zu werden....stellt Euch vor: in Highlander´s Armen zu schmachten und dann „Katja, wie war noch mal der Code für´s Klo?“ Mal ehrlich – diesen Stimmungs-Killer hättet Ihr auch nicht ertragen, oder?

Und dann ....fehlten in dieser Nacht einfach die schönen Träume...morgen wäre die Zeit vorbei und ein kleines bißchen Wehmut machte sich dann auch beim Frühstück breit. Keiner wollte so richtig „in Stimmung“ kommen, keiner achtete darauf, daß ich Canterbury –als letztes Ziel unserer Reise- anpries, wie Sauerbier!
Ich kann Euch nicht sagen, woran es lag – es war einfach so....wir mussten nach Hause, Lore ging es gar nicht gut – und wir hätte alle sehr viel dafür gegeben, noch einmal Richtung Dornie zu fahren, die glitzernden Wasser der Lochs zu sehen; noch einmal den Himmel über dem blau-grünen Meer zu bestaunen, wie sich Getreidefelder im Vordergrund wiegen... noch einmal den Duft der Highlands einzusaugen – festzuhalten im Herzen... kurz: es war ein sehr trauriges Frühstück und der Tag KONNTE gar nicht schön werden!
Die Fahrt nach Canterbury absolvierte ich wie in Trance – achtete nicht mehr darauf, welche Schönheiten sich auch in England vor uns auftaten. Wir nahmen nicht mehr den Coast Trail, denn auch wenn uns der Abschied unglaublich schwer fiel, wir hatten den Wunsch, es schnell hinter uns zu bringen.
Canterbury lag rund eine Tagesstrecke von uns entfernt und wir waren sicher, nichts würde uns hier so nahe gehen, wie es die Highlands geschafft hatten!

Darum kann ich Euch nicht erzählen, welche Strecke wir genommen haben – ich weiß es nicht mehr! Ich kann Euch nicht erzählen, wo in der Nähe von Canterbury wir ein letztes Mal auf den Campingplatz fuhren, um die letzte Nacht auf britischem Boden zu verbringen....es ist alles weg!

Entgegen den Meinungen der Reiseführer konnten wir sehr wohl mit schottischen Pfund in England bezahlen – und gaben ein Vermögen für ein Abendessen aus, das uns auch nicht schmeckte. Eine Kneipe mit dem schönen Namen „Queen Elizabeth“ ließ eigentlich etwas anderes vermuten...doch auch wenn sie sich Mühe gegeben haben sollten, uns ein leckeres Essen zu servieren – wir hätten es sowieso nicht gemerkt.
Und ich tat etwas, was ich eigentlich noch nie gemacht hatte: ich trank ein (kleines) Bier – obwohl ich wusste, daß ich noch ein paar Kilometer zu fahren hatte!
Nein, ich bin nicht stolz darauf, will Euch nur zeigen, daß unsere Stimmung UNTER dem Null-Punkt war, denn auch meine Gefährtinnen hielten sich , was den Alkohol-Konsum betrifft, nicht vornehm zurück!
Ein Campingplatz war relativ schnell gefunden, und wir waren weder angenehm, noch unangenehm überrascht...es war eben ein Campingplatz! Nichts hätte uns die letzte Nacht hier in Großbritannien versüßen können – nicht einmal ein Highlander, der als blinder Passagier mit uns gekommen wäre...
Die letzten Flaschen Wein wurden geöffnet, die letzten Chips in die Schüssel getan – Kniffeln wollte keiner...wir waren unendlich traurig – und darin ALLE einig!
Der nächste Morgen begann wieder SEHR früh und die gedrückte Stimmung war nicht gewichen.
Die letzten Bilder sollten hier in Canterbury geschossen werden und als man mich fotografieren wollte („Mach doch mal einer ein Bild von unserem Chauffeur!“) rastete ich sogar aus! Nein, auch darauf bin ich nicht stolz, doch meine Mädels WISSEN, daß ich mich zum einen nicht gern fotografieren lasse und es hasse, wenn Bilder so schrecklich gestellt sind!
Als ich nun –hinter dem Steuer unseres Wohnmobiles- darauf wartete, daß irgendjemand die Schranke vom Platz öffnete, wurde der Fotoapparat herausgereicht, um mich zu „überlisten“ – und da habe ich ein paar sehr unfreundliche Worte gesagt – neee, ist eigentlich untertrieben....ich habe ziemlich geschimpft! Mehr noch, ich habe meine Mädels angebrüllt – und es tat mir schrecklich leid!
Einen Fehler zu machen, ist schlimm, sich aber nicht dafür entschuldigen zu können, ist noch viel schlimmer, also hielt ich an der nächsten Möglichkeit an und nahm meine Mädels in den Arm! Ich sagte ihnen, daß ich es nicht so gemeint hätte und ich einfach nur traurig wäre, daß wir nun fast am Ende unserer Reise waren....na ja, und plötzlich heulten wir alle!

Das tat gut! So gut, daß wir ziemlich in einem Atemzug meinten, wir sollten gerade deswegen den letzten Tag noch so richtig genießen – und das versuchten wir!

Canterbury hat einen „park & ride“- Service, der gerade Campern eine gute Möglichkeit bietet, in die Innenstadt zu fahren, ohne auf der Suche nach einem Parkplatz zu verzweifeln. Am Rand der City gibt es einen Terminal, der Touristen bis in die Innenstadt bringt, um dort den Bus zu verlassen, um sich die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Der richtige Bus war schnell gefunden, und mit einen Tagesticket (für rund 5 Euro) wurden wir alle in einem Doppeldecker-Bus Richtung Kathedrale chauffiert! Das Wohnmobil blieb auf dem Parkplatz und wurde sogar BEWACHT!

In der Stadt angekommen, belächelte ich noch einmal die Kaufwut meiner Mädels. Plötzlich sah ich sie tuscheln, kichern und ziemlich geheimnisvoll tun. Irgendetwas war im Busch – allerdings konnte ich nicht länger darüber nachdenken, denn Lore bat mich, mit ihr nach draußen zu gehen – es ginge ihr nicht gut – diese Luft dort in dem Laden.... Auf einer kleinen Bank ließen wir uns nieder und ich rauchte die teuerste Zigarette meines Lebens: ich hatte meinen Zigaretten-Konsum deutlich niedriger eingeschätzt und musste auf die dortigen, sündhaft teuren „Räucherstäbchen“ ausweichen! Da kann einem das Rauchen vergehen: über 12,-- DM für eine Schachtel Zigaretten ist wirklich UNVERSCHÄHMT, oder???
So genoß ich jeden Zug, achtete mit einem Auge auf Lore, die eigentlich gar nicht übel aussah, und mit dem anderen beobachtete ich die Eingangstür des Ladens, aus dem der Rest meiner Mädels nun bald kommen würden!
Und die Zigarette war gerade ausgetreten (Kippe in den Mülleimer!!!!), da kamen die 3 mit hochrotem Kopf aus dem Laden gestürzt, jede mit mindestens einer Tüte bewaffnet und liefen freudestrahlend auf uns zu! Aufgeregt schnatterten sie alle durcheinander – und ich hatte Mühe, ihnen gedanklich zu folgen! Wahrscheinlich hatten sie wieder ein irres Schnäppchen gemacht....! ich war darauf gefasst, mir wieder 1000 Scheußlichkeiten anzusehen, zu allem wohlwollend zu nicken und .... da bekam ich eine der Tüten in die Hand gedrückt! „Für Dich! Weil Du Dir solche Mühe gegeben hast für uns!“ hieß es – alle 4 nickten heftig, alle 4 Wangenpaare waren zart gerötet.

Ich sah in die Tüte und ...fing an zu heulen: meine Mädels hatten mir in dem Laden genau den Schal gekauft, den ich mir auch gekauft hätte, wenn ich Augen dafür gehabt hätte! Sie haben genau die Farben ausgesucht, die ich beschrieben habe – das Garn so weich und flauschig gewählt, daß es sich fast wie Cashmere anfühlte....
Es ist ganz schön schwierig, alle meine 4 Mädels gleichzeitig in den Arm zu nehmen. Und so stand ich – mitten in Canterbury´s traumhaft schöner Innenstadt- schniefend und tränenüberströmt und drückte alle meine Mädels ganz heftig zum Dank....

Immer noch schniefend führte ich sie dann in die Kathedrale, zeigte ihnen alles, was ich vor nahezu 24 Jahren schon einmal in einem Referat für die Schule erarbeitet hatte – erzählte von den Geschichten, die sich hier zugetragen hatten, von der Architektur, den Geistlichen, die sich hier verewigt und den Königlichen, die hier aufgebahrt wurden.... es war alles wieder da – und ich kriegte den Schnabel gar nicht wieder zu. Es sprudelte aus mir heraus und ich musste mich nur 2 x selbst bremsen, als wir in die „stillen“ Bereiche kamen, die zur Andacht und Ruhe baten!
Auch hier – in der Kathedrale selbst- hatte der Kommerz Einzug gehalten: ein Shop bot Waren an und wieder schlugen meine Mädels zu! Sollten sie – ein letztes Mal noch ein paar Pfunde loswerden! Und siehe da....sie taten es – allein – ohne Dolmetscher! Ich war riesig stolz auf meine Mädels!

Zwischen Canterbury und dem Hafen von Dover liegen nur 17 kurze Meilen. Ich hoffte, daß wir in den falschen Bus stiegen, der uns NICHT wieder zum Parkplatz, sondern zurück in die Highlands bringen sollte....auch meine Mädels seufzten, als wir das Wohnmobil erreichten. Es war ein Seufzer, der ganz tief aus dem Herzen kam und drückte den Wunsch aus, noch ein wenig länger hier zu bleiben. Gern hätte ich ihnen (und mir) diesen Wunsch erfüllt!

Und wenn man sich schon einmal wünscht, daß etwas „in die Hose“ geht (zum Beispiel die Fähre nicht geht, schlechtes Wetter über dem Ärmelkanal vielleicht sogar einen Transfer die nächsten 14 Tage UNMÖGLICH macht!), geht alles glatt! Als wir den Hafen erreichten, mussten wir ganze 15 Minuten darauf warten, auf das Schiff zu kommen! Es war einfach keine Zeit mehr, um in Trauer noch einmal auf die weißen Felsen von Dover zurück zu blicken...keine Zeit!
Es war so, als wenn sich sogar der Wettergott gegen uns verschworen hatte: ein heftiger Nebel ließ uns nicht einmal einen letzten Blick erhaschen...und die Strömung trug uns sehr schnell nach Calais!

„Wolltest Du nicht noch in Dover tanken?“ war die erste Frage, die mich auf europäischem Festland erreichte. Mit einem langgezogenen „Jahhaaaaa, eigentlich....“ musste auch der Dümmste mitbekommen haben, daß es um unseren Spritvorrat nicht sehr gut bestellt war! Ich hatte absichtlich nicht getankt, denn der Kraftstoff in England war sehr teuer. Außerdem auf französischem oder belgischen Boden könnten wir unsere Kasse ein wenig schonen....
Na ja, außerdem waren ja noch für gut 80 km Sprit im Tank, also sollten wir doch.... ich dachte diesen Gedanken nicht zu ende!
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schlimm es ist, wenn ein Schild Euch sagt, daß die nächste Tankstelle noch 70 km entfernt ist? Wir sind durch Frankreich hindurch gefahren, ohne auch nur eine Tankstelle an der Bahn zu entdecken!!! KEIN Hinweis darauf, daß wir irgendwann einmal auftanken könnten... mir wurde warm!

Noch 10 km bis zur Tankstelle – und die Warnleuchte arbeitete schon seit ca. 35 Kilometern. Mir wurde noch heißer! Ich sah uns im Geiste schon schieben....Zusätzlich zu dem Gefühl der Panik, machte sich auch der Kaffee bemerkbar, den ich auf dem Schiff getrunken hatte,....zwei Dinge also, die ich unter Kontrolle bringen musste –Panik um den letzten Tropfen Sprit und Panik um die Tropfen, die NICHT kommen sollten.... nun verstand ich meine Mädels!

Ich weiß nicht, wie ich beides unterdrücken konnte....aber ich war noch nie so froh, eine Tankstelle anfahren zu können – und das gleich aus 2 Gründen....wir hatten es geschafft. Annegret, die neben mir saß, bemerkte eine kleine Schweißperle, die sich langsam...gaaaanz langsam auf meiner Stirn bildete und der Erdanziehungskraft entgegen tropfte!

Sehr erleichtert, was die verschiedenen Nöte anging, aber immer noch ein bißchen wehmütig, setzten wir den letzten Abschnitt unserer Reise fort.

Was soll ich sagen? Als ich meine Mädels zuhause abgesetzt hatte, zog es mich mächtig nach Hause...ich hatte Heimweh – das erste Mal auf dieser Reise: ich wollte zu meiner Familie, der 2- und 4-beinigen, ich wollte in meinem Bett schlafen und so verkündete ich – sehr zum Entsetzen meiner Mädels- daß ich gegen Mitternacht noch den 230 km langen Weg nach Hause antreten wollte. Es gab für mich kein Halten mehr – um 2:30h stellte ich den Motor ab – ich war Daheim!
Epilog


Und weil Ihr so lange auf Teil 11 habt warten müssen, werde ich Euch den allerletzten Teil gleich hier hinten ´dran hängen!

Wieso Teil 12, werdet Ihr fragen – mit Recht! Aber ich habe mir „mein Werk“ noch einmal durchgelesen und finde, daß meine Mädels schlecht beschrieben wurden! Nicht vielleicht wirklich „schlecht“, aber sicherlich stark über- und durch den Kakao gezogen (manchmal). Darum finde ich, Ihr habt ein Recht darauf, sie einmal so kennen zu lernen, wie sie wirklich sind:

Also bitte ich Euch zu lesen, auch wenn es nicht unbedingt etwas mit Schottland zu tun hat.

Als ich meine Reisegefährtinnen kennen gelernt habe, sind wir gerade nach umgezogen, und zwar in die Wohnung in Annegret´s und ihres Mannes Friedel´s Haus. Obwohl wir damals nicht die perfekten Mieter waren, weil wir mit 3 K´s behaftet waren (Kind, Katze, Kaninchen – Tierhaltung nicht erwünscht), hat Annegret uns in der wohnungsknappen Zeit diesen Traum von Wohnung doch vermietet.
Mehr noch: sie hat, wenn wir in Urlaub fuhren unseren Jerry (zunächst allein), später auch Hildchen so rührend versorgt, als wenn es ihre Kinder waren. Annegret und Friedel haben uns in ihre Familie mit aufgenommen, und wir waren gleich zu Anfang dort Zuhause. In der Umzugsphase hat sie uns bekocht, uns frisches Obst und Gemüse aus dem Garten gebracht, hat geduldet, daß wir in ihrem Haus eine Wand durchgebrochen haben, den Dachboden ausbauten, als wir mehr Platz haben wollten. Sie hat meine Geranien geduldet, die ihre neu geflieste Terrasse erst mit roten, dann mit braun-zermanschten Blütenblättern berieselten. Letzteres sieht man immer noch!
Annegret hat uns wie selbstverständlich in die Dorfgemeinschaft eingeführt, so daß wir ganz schnell wirklich auch in dem kleinen Ort selbst Zuhause waren. Ihr ist es auch zu verdanken, daß wir uns nicht nur sehr, sehr wohl dort fühlten, sondern daß ich überhaupt „meine Mädels“ kennen gelernt habe.
Annegret ist ein so besonders lieber Mensch – und ich danke ihr für jeden Tag, den wir zusammen dort verbringen durften!

Meine Gerda ist nicht nur eine liebe Reisegefährtin, sondern auch eine ganz liebe Freundin geworden. Zu ihr kann man jederzeit kommen, wenn man etwas auf dem Herzen hat, einfach quasseln möchte oder nur ein Mittagessen haben will. In ihrem kleinen Häuschen (ihr Mann ist vor gut 10 Jahren gestorben) mitten im Wald wohnte sie bis vor gar nicht allzu langer Zeit mit einer alten Tante zusammen. Obwohl Tante Anni gar nicht eine echte Verwandte war, pflegte Gerda sie fast bis zum Schluß allein. Was das bedeutet, kann nur jemand wissen, der selbst einen alten, kranken Menschen bis in den Tod begleitet hat. Gerda verzichtete gern auf Urlaube, abends mit Freunden essen oder ins Theater zu gehen...es war selbstverständlich für sie, alles zu geben. Als diese Tante dann starb, hatte Gerda endlich Zeit, all das zu tun, was sie schon früher gern getan hätte. So sind unsere Reisen nur ein Anfang gewesen, denn Gerda war darüber hinaus schon in Italien und Spanien....weitere Reisen werden sicher folgen, wenn ihre Gesundheit mitspielt! Und weil Gerda seit einiger Zeit nicht mehr allein wohnt (einer ihrer Söhne hat das Haus umgebaut und wohnt nun mit seiner Familie auch dort), kann sich Gerda darauf verlassen, daß ihre Tiere (momentan nur 2 Katzen und ein Hund – früher auch Schafe, Ziegen und Hühner) versorgt werden. Gerda wird im kommenden Frühjahr 70 Jahre alt. Sie ist eine ganz liebenswerte Frau, die ich sehr schätze.


Meine Lore ist nun schon seit über 30 Jahren Witwe, hat in dieser Zeit 4 Jungs großgezogen. Durch ihre Arbeit als Schneiderin hat sie immer noch so viel zu tun, daß sie manchmal gar nicht weiß, wie sie ihrer liebsten Beschäftigung nachkommen kann: auf dem Sofa liegen und fernsehen! Von dort aus ist sie nur schwer zu weg zu bewegen, doch einmal aufgestanden, ist Lore „nicht mehr zu bremsen“! Aber das dauert.....
Vor 3 Jahren und vor einem Jahr hatte Lore je einen Schlaganfall, was sicherlich auch daher rührt, daß sie ungern krank ist, so gut wie nie zum Arzt ging und sich einfach nicht erlauben konnte, „irgendein Wehwechen“ zu haben.
Die Quittung bekam sie dann mit ihrem 1. Schlaganfall. Immer noch geht sie nach wie vor nicht gern zum Doc, aber das liegt wohl eher daran, daß er ihr aufzeigt, wie wenig sie sich um sich selbst kümmert. Der zweite „Schuß vor den Bug“ ereilte sie in Form eines weiteren Schlaganfalles – aber Lore wird einfach nicht schlau ...siehe vergessene oder nicht genügende Tabletten ... und trotzdem ist Lore eine phantastische Frau, vor der ich allergrößte Hochachtung habe. Lore näht übrigens die tollsten Kleider....jaha – ich habe auch 2 wunderschöne Etui-Kleider bei ihr nähen lassen ;o)) ihre Kleider und Jacken sind echte Klassiker...die sogar mich (fast) zur Dame machen ;o)))

Und last but not least ist da noch meine Linde – eigentlich die selbstständigste aus dem „Mädel-Rudel“! Linde hat die 60 auch schon lange überschritten und leitete bis vor ein paar Jahren noch ein Heim für Behinderte. Durch sie (Linde UND die Behinderten) habe ich gelernt, wie einfach das Leben sein kann – man sehe es nur durch die Augen von „Kindern“...
Ohne „Mann und Maus“ (Sohn erwachsen, vom Mann getrennt)konnten Linde schon einige Reisen unternehmen – in ihrer „Sammlung“ fehlen nur noch Australien und Neuseeland. Nun ist Linde vom Wahn gepackt, sie sei bald zu alt für solche Reisen.... ich habe mir schon den Mund fusselig geredet...sie hört einfach nicht hin! ;o) wahrscheinlich werde ich sie einfach mit einem Ticket „überzeugen“ müssen...ich war nämlich auch noch nicht in Australien und Neuseeland...

Ich danke euch, daß Ihr bis hierher gelesen habt.
Es war schön, für Euch zu schreiben.