Gruner-Druck Werk I, 1935-1969, Klaus-Groth-StraßeDie derzeitigen
Planungen für ein neues Haus der Jugend (HdJ) laufen ja bereits, Zeit also um einen Rückblick auf das favorisierte Gelände südwestlich des Graupenmüllerdammes (aufgeschüttet 1930, heute Adolf-Rohde-Str.) im Tal der "Itze" zu werfen, teilweise zitiert aus der erstgenannten Quelle.
Die 1924 von Köln-Ehrenfeld nach Itzehoe umgesiedelte und zunächst in der alten Suder Gasanstalt (Dorfstr. 37) untergekommene Firma Gruner Druck benötigte Anfang der 1930er Jahre bei wachsendem Auftragsbestand neue Räumlichkeiten. Richard Gruner (sen.) entschloß sich nunmehr zum Bau eines Fabrikgebäudes auf eigenem Grund und Boden. Von der Stadt Itzehoe wurde ein Gelände von über 10 000 Quadratmetern zwischen der Klaus-Groth-Straße, dem Graupenmüllerdamm und der Poelstraße angekauft. Ein Gelände im Tal der Itze, das eine Zeitlang als Sandgrube und gelegentlich auch als Schutthalde genutzt worden war.
Im Sommer 1935 wurde mit dem Bau begonnen. Nach einem Jahr war es soweit, der Betrieb konnte ins neue Werkheim verlegt werden. Die Lokalpresse lobte das neue Gebäude als moderne Fabrik im Grünen. Die Produktion, nun wirtschaftlicher und rationeller, lief auf Hochtouren, so daß der Neubau bald erweitert werden mußte. Mit 130 Beschäftigten wurde 1939 ein vorläufiges Maximum erreicht. Bis zum Kriegsende schrumpfte die Belegschaft wieder auf 30 Mitarbeiter.
1938: Der erste Bauabschnitt - von der Adolf-Rohde-Straße aus gesehen
1945 wurde die Druckerei auf Anordnung der englischen Besatzungsmacht zunächst einmal stillgelegt. Doch Richard Gruner, konnte gemeinsam mit den städtischen Behörden der Militärregierung klarmachen, daß sein Betrieb in der Phase des Wiederaufbaus dringend gebraucht wurde. Da der Krieg keine Schäden in der Druckerei angerichtet hatte, fanden dort bald wieder einige Dutzend Menschen Arbeit.
Durch einen Autounfall verlor die Firma 1946 unerwartet ihren Chef Richard Gruner. Er verstarb einen Tag, nachdem sein einziger Sohn und Erbe Richard 21 Jahre alt und damit volljährig geworden war. Der junge Mann hatte sich seine drucktechnischen und praktischen Kenntnisse bei der bekannten Hamburger Tiefdruckanstalt Broschek erworben und da wiederum hauptsächlich auf dem Gebiet des Rotations-Tiefdrucks. Dieses Wissen konnte Richard Gruner jr. bald verwerten, denn sein Vater hatte kurz vor seinem Tod noch eine Tiefdruckrotation, eine Zeitschriftenmaschine, gepachtet.
Die Spekulation auf Tiefdruck und Zeitschriften war richtig, in den Zeitungskiosken lagen 1949 weit über ein Dutzend illustrierter Wochenblätter aus. Die Druckerei Gruner + Sohn war daran zunächst nur gering beteiligt. Für einen damals ziemlich unbekannten Hamburger Verleger namens Axel Springer wurden jede Woche sechzehn Seiten einer Rundfunk-Programmzeitschrift mit dem Titel "Hör zu" gedruckt.
Folgenreich war der Druckauftrag mit dem Henri-Nannen-Verlag, der die Illustrierte "Stern" herausgab. Die "Stern" -Auflage stieg in den Folgejahren weiter, und Richard Gruner modernisierte und erweiterte seinen Maschinenpark. Von Anfang der 1950er Jahre an wuchs der Betrieb permanent. Daß im Laufe der Jahre einige Zeitschriften geringeren Umfangs und kleinerer Auflage zum Auftragsbestand kamen, wurde als Selbstverständlichkeit vermerkt.
um 1955, im Vordergrund die Adolf-Rohde-Straße
1954: in das Jahr des 75jährigen Bestehens der Firma fiel auch die erste "Stern" - Ausgabe mit vierfarbigem Titelbild. Damit begann die Eroberung des Blattes durch den Vierfarbdruck. Schwierig wurde es, weitere Arbeitskräfte zu bekommen, um die stürmische Zunahme der Druckaufträge zu bewältigen. Buchdrucker aus dem norddeutschen Raum wurden laufend auf Tiefdruck umgeschult. Wegen der nicht endenden Umbauten beschäftigte die Firma mittlerweile eine Maurerkolonne, Schlosser und Elektriker. 1957 wurde der Bertelsmann-Verlag in Gütersloh als Kunde gewonnen. Durch den Druckauftrag für die Frauenzeitschrift "Constanze", nach dem Krieg von dem Verleger John Jahr gegründet, kam es 1957 erstmals zu einer Verbindung der Namen Gruner und Jahr.
um 1960, von der Adolf-Rohde-Straße aus gesehen
Weil von dem leergefegten Arbeitsmarkt kaum noch Facharbeiter zu holen waren, wurde in die Lehrlingsausbildung investiert. Auch die Technik entwickelte sich rasant weiter. Jahr für Jahr wurden neue Druckwerke aufgestellt. Gearbeitet wurde in Tag- und Nachtschicht. Angesichts der zunehmenden Konzentration der Presse kamen die Verleger Dr. Gerd Bucerius für den Nannen-Verlag, John Jahr für den Constanze-Verlag und Richard Gruner zu dem Schluß, daß sie dem Konkurrenzkampf besser gewachsen sein würden, wenn sie ihre Betriebe in einem gemeinsamen Unternehmen vereinigten. Dies geschah rechtlich am 30. Juni 1965.
um 1970, weiteste Ausdehnung des Werkes
Die Druckerei gewann damit einen festen Auftragsbestand, der es ihr gestattete, auf weite Sicht zu planen. Um das Unternehmen mit mittlerweile 2000 Beschäftigten in der Region zu halten, bot die Stadtverwaltung ein größeres Gelände am Voßbarg an, das als Industriegebiet ausgewiesen war. 1969 zog der Betrieb in das neue Werk II um, der Abbruch des alten Werkes erfolgte im Spätsommer 1982. Mit der "Grunerstraße" erinnert nur noch der Straßenname an den einst hier stehenden Großbetrieb.
Abbruch im September 1982:
Abbruch im September 1982 und Ansicht 2009, hier soll das neue Haus der Jugend entstehen. Da sind bestimmt noch nette Sachen im Boden. ;-)
Ansicht 1982 und 2009 aus der Klaus-Groth-Straße:
Quellen:
- Heimatverband Kreis Steinburg - Steinburger Jahrbuch 1988, 1987, S. 26ff
- Irmisch, Rudolf - Geschichte der Stadt Itzehoe, 1960, S. 458f
- Stadt Itzehoe - Itzehoe Geschichte einer Stadt Bd. 2, 1991, S. 343