Autor Thema: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld  (Gelesen 8521 mal)

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Offline ToRü | ToРуз

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #15 am: Freitag, 05. August 2011 - 10:50:15 »
Wie wäre es mit einem Dauerthema hier im Forum: Das gesunde Volksempfinden!
Da kann dann fortlaufend über solche Themen geschrieben werden.
Zweifellos ist der Kläger eine widerliche Kreatur - man sollte ihm keine Öffentlichkeit verschaffen und den Medien Stoff für ihre ebenfalls widerlichen und berechneten Kampagnen geben.

Das stimmt.
Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
Toleranz und Moral ist immer die Toleranz und Moral der anderen.

Blubb

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #16 am: Freitag, 05. August 2011 - 10:56:36 »
Zunächst mal sollte klar gestellt werden, dass der von diesen € 3.000 nicht auch nur einen Cent sehen wird, da Herr Gäfgen dem Land Hessen noch ca. € 12.000 an Prozesskosten schuldet.

Ich halte es für richtig und wichtig, dass ihm hier eine Entschädigung zugesprochen würde. Wir müssen uns vorstellen, was damals passiert ist. Dort wurde einem Menschen Folter angedroht. Das ist nicht massive Überschreitung jeglicher rechtsstaatlicher Grenzen. Egal in welcher Situation, ein Rechtsstaat darf so etwas unter keinen Umständen zulassen.
Rechtsstaat bedeutet eben nicht, dass immer alles angenehm und schön ist, sondern auch dass manchmal auch richtig fette Kröten schlucken muss. Diese Entschädigung ist eben einer diese richtig fetten Kröten.
Ein Rechtsstaat darf sich auch nicht dazu hinreißen lassen emotional zu urteilen. Das viel beschworene Volksempfinden, das Rechtsempfinden der meisten urteilt emotional. Das ist aber selten klug. Ein Rechtsstaat handelt nach objektiven Kriterien und nach diesen war es richtig, ein solches Urteil zu fällen.

In diesem Sinne war ich gestern regelrecht erschrocken als ich so einige Meinungen lesen musste. Es gibt hierzulande offensichtlich nicht wenige Menschen, die kein Problem damit haben, die Todesstrafe, Folter und Zwangsarbeit zu befürworten. Die Leute wissen offensichtlich wie gut es ihnenen geht und haben so manchen historischen Bezug vergessen, der in Zusammenhang mit derartigen Forderungen steht.
Ich möchte in keinem Land leben, das seine Bürger foltert, sie der Zwangsarbeit unterwirft oder Todesurteile verhängt. Ich möchte in keinem Land leben, das zwischen wert und unwert für die Gesellschaft unterscheidet. Ich hoffe ich stehe damit nicht alleine.
Grundrechte dürfen niemals relativiert werden niemals nivelliert werden. Sie gelten für alle Bürger dieses Landes gleich. Auch dem schlimmsten Verbrecher werden diese zuteil.

Vor einiger Zeit schrieb ich hier mal, dass es nicht um Täter oder Opfer geht. Es geht um Menschen. Und nichts anderes ist Herr Gäfgen.

Capitano

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #17 am: Freitag, 05. August 2011 - 11:32:53 »
Objektiv betrachtet hat unser bald-Volljurist sicher recht.

Aber ich habe absolutes Verständnis für das Unverständnis gegen dieses Urteil.

In der öffentlichen Meinung - und zwar in der ganz überwiegenden - wird den Polizisten für die Folterandrohung ein moralischer Orden verliehen. Man stelle sich mal folgende Szenario vor:

Der Täter war verhaftet, das Opfer noch nicht gefunden. Der bereits überführte Täter verweigerte jegliche Angaben wo sich das entführte Kind befindet. Die Beamten mussten davon ausgehen, dass der Junge evtl. noch lebte und irgendwo hilflos gefangen war. D.h. es war von einer Lebensgefahr für das Kind auszugehen.  Sich in einem solchen Moment hinter Paragrafen zugunsten dieses feigen Schweins Gäfgen zu verstecken, wäre nicht richtig. Man stelle sich vor das Kind hätte tatsächlich noch gelebt und wäre gestorben weil man es nicht finden konnte...

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #18 am: Freitag, 05. August 2011 - 12:16:59 »
Objektiv betrachtet hat unser bald-Volljurist sicher recht.

Aber ich habe absolutes Verständnis für das Unverständnis gegen dieses Urteil.

In der öffentlichen Meinung - und zwar in der ganz überwiegenden - wird den Polizisten für die Folterandrohung ein moralischer Orden verliehen. Man stelle sich mal folgende Szenario vor:

Der Täter war verhaftet, das Opfer noch nicht gefunden. Der bereits überführte Täter verweigerte jegliche Angaben wo sich das entführte Kind befindet. Die Beamten mussten davon ausgehen, dass der Junge evtl. noch lebte und irgendwo hilflos gefangen war. D.h. es war von einer Lebensgefahr für das Kind auszugehen.  Sich in einem solchen Moment hinter Paragrafen zugunsten dieses feigen Schweins Gäfgen zu verstecken, wäre nicht richtig. Man stelle sich vor das Kind hätte tatsächlich noch gelebt und wäre gestorben weil man es nicht finden konnte...

Stell Dir vor ein Polizist geht davon aus, dass Du ein Terrorist bist und verhaftet Dich, einfach so. Du wirst vernommen und weil der Polizist der Meinung ist, das Du eine Bombe gelegt hast und Menschen in unmittelbarer Lebensgefahr sind, droht er Dir Folter an und tut dies dann auch. nach 2-3 Tagen der Qual stellt sich heraus, dass das alles nur ein dummer Irrtum war. Pech gehabt?

Und in einem Land wo soetwas möglich wäre will jemand leben?
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Capitano

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #19 am: Freitag, 05. August 2011 - 12:41:55 »
Gäfgen war kein Terrorist sondern ein feiger Kindesentführer und er war eindeutig als Täter identifiziert. Er wurde auch nicht 2-3 Tage gequält - sonst noch was?

Nehmen wir an ein Bankräuber bedroht Menschen mit einer Pistole und die Polizisten rufen: "Waffe fallen fallen oder wir schießen!"  (bzw. was sie in einem solchen Fall so sagen). = Androhung von körperlicher Gewalt oder sogar Tod - hat der Bankräuber nun Anspruch auf Schmerzensgeld?

Wenn dir jemand die Brieftasche klaut und du forderst sie zurück unter Androhung eien A...volls. Musst Du nun Schmerzensgeld zahlen?

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #20 am: Freitag, 05. August 2011 - 12:49:45 »
Gäfgen war kein Terrorist sondern ein feiger Kindesentführer und er war eindeutig als Täter identifiziert. Er wurde auch nicht 2-3 Tage gequält - sonst noch was?

Nehmen wir an ein Bankräuber bedroht Menschen mit einer Pistole und die Polizisten rufen: "Waffe fallen fallen oder wir schießen!"  (bzw. was sie in einem solchen Fall so sagen). = Androhung von körperlicher Gewalt oder sogar Tod - hat der Bankräuber nun Anspruch auf Schmerzensgeld?

Wenn dir jemand die Brieftasche klaut und du forderst sie zurück unter Androhung eien A...volls. Musst Du nun Schmerzensgeld zahlen?

Das ist kein Vergleich. Wir reden hier von der Staat und der Ausübung der Macht desselben.

Und Dein Bankraubvergleich: Das ist keine Folter sondern Androhung von unmittelbaren Zwang zur Gefahrenabwehr.
Erschießt da der Polizist den Bankräuber, wird auch gegen den Polizisten ermittelt. Und in der Konsequenz kann es dann auch zu Schadensersatz oder Schmerzensgeld kommen.

Folter (-androhung) hat da schon eine andere Qualität.
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Capitano

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #21 am: Freitag, 05. August 2011 - 13:09:29 »
Ich sehe diesen speziellen Fall seit jeher nicht als Folterandrohung an, sondern als "Androhung von unmittelbaren Zwang zur Gefahrenabwehr".

Die Betonung liegt auf speziell und und aus dem Fall leite ich kein grundätzliches Recht auf Folter ab.

Katja

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #22 am: Freitag, 05. August 2011 - 13:29:23 »
Wäre Gäfgen wirklich gefoltert worden, dann hätte selbst ich Verständnis für dieses Urteil.

Es ging hier um die ANDROHUNG von Folter, bzw. das, was Gäfgen aus den Äußerungen des Beamten während der Befragung entnommen haben will.
Der Kerl hat die Entführung zugegeben, OHNE daß irgendwer ihm körperliche Gewalt angedroht hat, geschweige denn hat zukommen lassen.

Es ist ein Hohn: Gäfgen weiß, daß er in einem Rechtstaat lebt, daß Folter hier verboten ist.  Dann weiß er NICHT, daß der Beamte ihn nicht foltern würde?

Kann es sein, daß diese Posse einen ganz anderen Hintergrund hat? Könnte es nicht nur die Steilvorlage zu einer Revision sein?

Oder: ist es wirklich Gäfgen oder sein mediengeiler Rechtsanwalt, der da wieder ein bißchen Publicity haben möchte...

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #23 am: Freitag, 05. August 2011 - 13:47:33 »
Ich sehe diesen speziellen Fall seit jeher nicht als Folterandrohung an, sondern als "Androhung von unmittelbaren Zwang zur Gefahrenabwehr".

Die Betonung liegt auf speziell und und aus dem Fall leite ich kein grundätzliches Recht auf Folter ab.

Und wer bestimmt jetzt genau, was ein "spezieller Fall" ist?

Aber hier bei Wp steht eigentlich alles drin, was man dazu wissen sollte:

"Die Anwendung von Folter ist in Deutschland nicht zulässig, da die von Deutschland ratifizierte Europäische Menschenrechtskonvention, das Grundgesetz und die Strafprozessordnung ein eindeutiges Folterverbot enthalten (s. oben).

Des Weiteren wird argumentiert, dass die Schmerzandrohung der Frankfurter Polizei die Menschenwürde verletzte, die auch für Tatverdächtige Bestand habe. Sie sei somit verfassungswidrig. Der Schutz der Menschenwürde sei im Grundgesetz absolut, d. h., er dürfe nicht gegen andere Rechte, auch nicht gegen das Recht auf Leben oder die Menschenwürde Dritter, abgewogen werden, da sonst die Objektformel verletzt werde. Sie verbietet es dem Staat, eine Person zum Objekt staatlichen Handelns zu machen.

In den letzten Jahren haben sich jedoch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion (insbesondere zur Bioethik) vermehrt Stimmen gemeldet, die eine Abwägbarkeit oder Abstufung des Menschenwürdegrundsatzes befürworten und damit ausdrücklich oder als logische Folge auch Folter zulassen wollen. Dies stellt einen Tabubruch dar. Es ist auch vom derzeit kodifizierten Recht nicht gedeckt.

Wenn Vizepräsident Daschner sich auf das Recht der Polizei zum „unmittelbaren Zwang“ beruft, wird dabei übersehen, dass nach den Regelungen des Polizei- und Ordnungsrechts auch zu Zwecken der Gefahrenabwehr Aussagen nicht erpresst werden dürfen (Beispiel Hessen § 52 Abs. 2 HSOG). In anderen Bundesländern gibt es vergleichbare Regelungen. Einer moralisch-ethischen Rechtfertigung ist damit ausdrücklich die rechtliche Grundlage entzogen. Vereinzelt wird zur Rechtfertigung „besonderer Vernehmungsmethoden“ auf die gesetzlichen Regelungen über Notwehr und Notstand verwiesen (§§ 32 ff. StGB, 228, 904 BGB) oder gar die Rechtmäßigkeit aufgrund eines „übergesetzlichen Notstands“ behauptet. Dies ist jedoch falsch, da vom Folterverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention nach Art. 15 Abs. 2 auch im Notstandsfall „in keinem Fall abgewichen werden“ darf.

Die straf- und bürgerlichrechtlichen Notstandsregelungen begründen somit keine staatlichen Eingriffsbefugnisse, sie entscheiden lediglich über Strafbarkeit und privatrechtliche Ansprüche; zudem sind sie nur einfachgesetzlicher Natur und vermögen sich nicht über verfassungsrechtliche Bindungen hinwegzusetzen. Einer Berufung auf „übergesetzliche“ – also gewissermaßen naturrechtliche – Notstandsbefugnisse ist entgegenzuhalten, dass das Grundgesetz alle staatliche Gewalt an die geschriebene Verfassungsordnung bindet (Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG).

Das allgemein geltende Recht sieht ein absolutes Verbot der Folter vor. Dies gilt auch für die Androhung von Folter, da ansonsten dieses Verbot obsolet wäre."

Gesetze sind nicht für Einzelfallgerechtigkeit gemacht, sondern allegmeingültig. Auch wenn es einem im Einzelfall nicht passen mag.


« Letzte Änderung: Freitag, 05. August 2011 - 13:53:02 von groundstar »
Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
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Michael Hein

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #24 am: Freitag, 05. August 2011 - 13:50:11 »
Der Richterspruch ist aus rechtstatlicher Sicht einwanfrei und hätte nicht anders ausfallen dürfen. Von der moralischen Seite aus gesehen ist die Klage dieses Gräfgen allerdings abolut inakzeptabel. Diese Klage unterstreicht nochmals eindrucksvoll, dass 15 Jahre mit anschließender Sicherungsverwahrung ein mehr als richtiges Urteil war.
Dazu auch der Kommentar in der TAZ als Denkanstoß:
http://www.taz.de/Kommentar-zum-Gaefgen-Urteil/!75719/

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #25 am: Freitag, 05. August 2011 - 13:54:52 »
Der Richterspruch ist aus rechtstatlicher Sicht einwanfrei und hätte nicht anders ausfallen dürfen. Von der moralischen Seite aus gesehen ist die Klage dieses Gräfgen allerdings abolut inakzeptabel. Diese Klage unterstreicht nochmals eindrucksvoll, dass 15 Jahre mit anschließender Sicherungsverwahrung ein mehr als richtiges Urteil war.
Dazu auch der Kommentar in der TAZ als Denkanstoß:
http://www.taz.de/Kommentar-zum-Gaefgen-Urteil/!75719/

Aber ein moralisches Fehlverhalten ist in diesem "besonderen Fall" dann Ok? Kann man mit einem Unrecht ein anderes rechtfertigen?
Respektiere jede Meinung. Gefallen muss sie mir ja nicht. Und das sag ich dann auch.
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Michael Hein

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #26 am: Freitag, 05. August 2011 - 14:08:18 »
Der Richterspruch ist aus rechtstatlicher Sicht einwanfrei und hätte nicht anders ausfallen dürfen. Von der moralischen Seite aus gesehen ist die Klage dieses Gräfgen allerdings abolut inakzeptabel. Diese Klage unterstreicht nochmals eindrucksvoll, dass 15 Jahre mit anschließender Sicherungsverwahrung ein mehr als richtiges Urteil war.
Dazu auch der Kommentar in der TAZ als Denkanstoß:
http://www.taz.de/Kommentar-zum-Gaefgen-Urteil/!75719/

Aber ein moralisches Fehlverhalten ist in diesem "besonderen Fall" dann Ok? Kann man mit einem Unrecht ein anderes rechtfertigen?

Ich glaube ich versthe Deine Frage nicht ...  ???
Meine mögliche Antwort wäre: der Kerl hätte nicht klagen dürfen bei der Schwere seiner Schuld! Dieses Minimalmaß an Anstand und Schuldbewußtsein hätte er zeigen müssen.

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #27 am: Freitag, 05. August 2011 - 14:14:44 »
Der Richterspruch ist aus rechtstatlicher Sicht einwanfrei und hätte nicht anders ausfallen dürfen. Von der moralischen Seite aus gesehen ist die Klage dieses Gräfgen allerdings abolut inakzeptabel. Diese Klage unterstreicht nochmals eindrucksvoll, dass 15 Jahre mit anschließender Sicherungsverwahrung ein mehr als richtiges Urteil war.
Dazu auch der Kommentar in der TAZ als Denkanstoß:
http://www.taz.de/Kommentar-zum-Gaefgen-Urteil/!75719/

Aber ein moralisches Fehlverhalten ist in diesem "besonderen Fall" dann Ok? Kann man mit einem Unrecht ein anderes rechtfertigen?

Ich glaube ich versthe Deine Frage nicht ...  ???
Meine mögliche Antwort wäre: der Kerl hätte nicht klagen dürfen bei der Schwere seiner Schuld! Dieses Minimalmaß an Anstand und Schuldbewußtsein hätte er zeigen müssen.

Er hätte mit diesem Minimalmaß die Tat gar nicht begehn dürfen. Hat er aber - da verwundert der Rest dann wenig.
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Michael Hein

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #28 am: Freitag, 05. August 2011 - 14:21:41 »
Der Richterspruch ist aus rechtstatlicher Sicht einwanfrei und hätte nicht anders ausfallen dürfen. Von der moralischen Seite aus gesehen ist die Klage dieses Gräfgen allerdings abolut inakzeptabel. Diese Klage unterstreicht nochmals eindrucksvoll, dass 15 Jahre mit anschließender Sicherungsverwahrung ein mehr als richtiges Urteil war.
Dazu auch der Kommentar in der TAZ als Denkanstoß:
http://www.taz.de/Kommentar-zum-Gaefgen-Urteil/!75719/

Aber ein moralisches Fehlverhalten ist in diesem "besonderen Fall" dann Ok? Kann man mit einem Unrecht ein anderes rechtfertigen?

Ich glaube ich versthe Deine Frage nicht ...  ???
Meine mögliche Antwort wäre: der Kerl hätte nicht klagen dürfen bei der Schwere seiner Schuld! Dieses Minimalmaß an Anstand und Schuldbewußtsein hätte er zeigen müssen.

Er hätte mit diesem Minimalmaß die Tat gar nicht begehn dürfen. Hat er aber - da verwundert der Rest dann wenig.

Da hast Du natürlich absolut recht!

Capitano

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Re: Folterdrohung - M. Gäfgen erhält Schmerzensgeld
« Antwort #29 am: Freitag, 05. August 2011 - 14:34:17 »
Ich sehe diesen speziellen Fall seit jeher nicht als Folterandrohung an, sondern als "Androhung von unmittelbaren Zwang zur Gefahrenabwehr".

Die Betonung liegt auf speziell und und aus dem Fall leite ich kein grundätzliches Recht auf Folter ab.

Und wer bestimmt jetzt genau, was ein "spezieller Fall" ist?

Aber hier bei Wp steht eigentlich alles drin, was man dazu wissen sollte:

"Die Anwendung von Folter ist in Deutschland nicht zulässig, da die von Deutschland ratifizierte Europäische Menschenrechtskonvention, das Grundgesetz und die Strafprozessordnung ein eindeutiges Folterverbot enthalten (s. oben).

Des Weiteren wird argumentiert, dass die Schmerzandrohung der Frankfurter Polizei die Menschenwürde verletzte, die auch für Tatverdächtige Bestand habe. Sie sei somit verfassungswidrig. Der Schutz der Menschenwürde sei im Grundgesetz absolut, d. h., er dürfe nicht gegen andere Rechte, auch nicht gegen das Recht auf Leben oder die Menschenwürde Dritter, abgewogen werden, da sonst die Objektformel verletzt werde. Sie verbietet es dem Staat, eine Person zum Objekt staatlichen Handelns zu machen.

In den letzten Jahren haben sich jedoch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion (insbesondere zur Bioethik) vermehrt Stimmen gemeldet, die eine Abwägbarkeit oder Abstufung des Menschenwürdegrundsatzes befürworten und damit ausdrücklich oder als logische Folge auch Folter zulassen wollen. Dies stellt einen Tabubruch dar. Es ist auch vom derzeit kodifizierten Recht nicht gedeckt.

Wenn Vizepräsident Daschner sich auf das Recht der Polizei zum „unmittelbaren Zwang“ beruft, wird dabei übersehen, dass nach den Regelungen des Polizei- und Ordnungsrechts auch zu Zwecken der Gefahrenabwehr Aussagen nicht erpresst werden dürfen (Beispiel Hessen § 52 Abs. 2 HSOG). In anderen Bundesländern gibt es vergleichbare Regelungen. Einer moralisch-ethischen Rechtfertigung ist damit ausdrücklich die rechtliche Grundlage entzogen. Vereinzelt wird zur Rechtfertigung „besonderer Vernehmungsmethoden“ auf die gesetzlichen Regelungen über Notwehr und Notstand verwiesen (§§ 32 ff. StGB, 228, 904 BGB) oder gar die Rechtmäßigkeit aufgrund eines „übergesetzlichen Notstands“ behauptet. Dies ist jedoch falsch, da vom Folterverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention nach Art. 15 Abs. 2 auch im Notstandsfall „in keinem Fall abgewichen werden“ darf.

Die straf- und bürgerlichrechtlichen Notstandsregelungen begründen somit keine staatlichen Eingriffsbefugnisse, sie entscheiden lediglich über Strafbarkeit und privatrechtliche Ansprüche; zudem sind sie nur einfachgesetzlicher Natur und vermögen sich nicht über verfassungsrechtliche Bindungen hinwegzusetzen. Einer Berufung auf „übergesetzliche“ – also gewissermaßen naturrechtliche – Notstandsbefugnisse ist entgegenzuhalten, dass das Grundgesetz alle staatliche Gewalt an die geschriebene Verfassungsordnung bindet (Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG).

Das allgemein geltende Recht sieht ein absolutes Verbot der Folter vor. Dies gilt auch für die Androhung von Folter, da ansonsten dieses Verbot obsolet wäre."

Gesetze sind nicht für Einzelfallgerechtigkeit gemacht, sondern allegmeingültig. Auch wenn es einem im Einzelfall nicht passen mag.

Geschenkt .. ich schrieb bereits eingangs, dass objektiv das Urteil gerechtfertigt ist. Außerdem, dass man diesen Fall nicht generalisieren soll, sondern es ein Einzelfall ist und hoffentlich auch bleibt.

Letztendlich wiegt diese Verfehlung der Beamten für mich nicht viel schwerer wie falsch Parken und daher kann ich sie akzeptieren und auch entschuldigen. Ich glaube nicht, dass sich die Beamten die Entscheidung für dieses Vorgehen leicht gemacht haben oder gar dass sie daran Freude hatten.