Autor Thema: Nathan und das Weiße  (Gelesen 3060 mal)

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ae8090

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Nathan und das Weiße
« am: Donnerstag, 30. Dezember 2010 - 19:38:51 »
Eure Meinung mal bitte zu folgendem Szenario:

Nathan Goldstein wohnt in einer norddeutschen Kleinstadt. Goldstein ist ein friedliebender Bürger, in der Nachbarschaft bekannt und geschätzt sowie, wie allgemein bekannt, jüdischen Glaubens und aktiv in der Synagogengemeinde.

Derzeit liegt viel Schnee, wie (fast) alle anderen auch macht Moshe Goldstein sich daran, Schnee zu schieben.

Kommt ein Jugendlicher, 16 bis 17 Jahre alt, bewirft ihn anfangs mit Schneebällen, später mit massiven Eisbrocken (zum Glück, ohne zu treffen) und beschimpft ihn: 'Du Judensau!'

Könnte § 130 StGB (Volkverhetzung) erfüllt sein?

breughel

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #1 am: Donnerstag, 30. Dezember 2010 - 19:44:50 »
Nach Abs. 1 Ziffer 2 könnte das zutreffen.
Hier wäre auch die Handlung als Angriff und versuchte Körperverletzung zu verfolgen.
Der Kanbe sollte vor allem mal nachbarschaftliche Solidarität der Nachbarn des Angegriffenen kennen lernen. Das hielte ich für das Beste.

Offline Slartibartfass

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #2 am: Donnerstag, 30. Dezember 2010 - 19:48:39 »
Eure Meinung mal bitte zu folgendem Szenario:

Nathan Goldstein wohnt in einer norddeutschen Kleinstadt. Goldstein ist ein friedliebender Bürger, in der Nachbarschaft bekannt und geschätzt sowie, wie allgemein bekannt, jüdischen Glaubens und aktiv in der Synagogengemeinde.

Derzeit liegt viel Schnee, wie (fast) alle anderen auch macht Moshe Goldstein sich daran, Schnee zu schieben.

Kommt ein Jugendlicher, 16 bis 17 Jahre alt, bewirft ihn anfangs mit Schneebällen, später mit massiven Eisbrocken (zum Glück, ohne zu treffen) und beschimpft ihn: 'Du Judensau!'

Könnte § 130 StGB (Volkverhetzung) erfüllt sein?
Beleidigung ja, versuchte Körperverletzung auch.
Aber solange der Jugendliche und Herr Goldstein alleine sind, dürfte der Straftatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllt sein.
Es wird nie so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.

Katja

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #3 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 08:23:46 »
Laut Wikipedia ist der Ausdruck 'Judensau' eine Beleididgung und wird nach § 185 Strafgesetzbuch bestraft. Erst in besonders schweren Fällen greift auch der § 130.

Allerdings würde ich das Gerichte entscheiden lassen und eine solche Aussage IMMER  zur Anzeige bringen.

Womit schmeißt das Viertelhirn, wenn es keine Schneebälle mehr gibt?
Wehret den Anfängen...


Rhaco

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #4 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 12:42:55 »
Eure Meinung mal bitte zu folgendem Szenario:

Nathan Goldstein wohnt in einer norddeutschen Kleinstadt. Goldstein ist ein friedliebender Bürger, in der Nachbarschaft bekannt und geschätzt sowie, wie allgemein bekannt, jüdischen Glaubens und aktiv in der Synagogengemeinde.

Derzeit liegt viel Schnee, wie (fast) alle anderen auch macht Moshe Goldstein sich daran, Schnee zu schieben.

Kommt ein Jugendlicher, 16 bis 17 Jahre alt, bewirft ihn anfangs mit Schneebällen, später mit massiven Eisbrocken (zum Glück, ohne zu treffen) und beschimpft ihn: 'Du Judensau!'

Könnte § 130 StGB (Volkverhetzung) erfüllt sein?
Beleidigung ja, versuchte Körperverletzung auch.
Aber solange der Jugendliche und Herr Goldstein alleine sind, dürfte der Straftatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllt sein.

Das sehe ich ähnlich. Beleidigung mit fremdenfeindlichem Hintergrund sowie vers. Körperverletzung sind ja nicht von der Hand zu weisen. Inwiefern der § 130 StGB zutrifft, vermag der Staatsschutz zu ermitteln.

Offline Moni84

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #5 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 14:04:56 »
Ein Rechtsanwalt könnte dazu genaueres sagen und mit Sicherheit fundierter, als es die gefährliche Halbjuristerei zuläßt.

breughel

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #6 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 15:27:11 »
Ein Rechtsanwalt könnte dazu genaueres sagen und mit Sicherheit fundierter, als es die gefährliche Halbjuristerei zuläßt.
Wie wir wissen, kann auch ein Rechtsanwalt nicht wissen, wie ein Gericht entscheiden würde/wird.
Erstmal müßte Klage erhoben werden.

ae8090

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #7 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 15:39:00 »
außerdem ging es mir ausdrücklich um Eure Meinung. Dass die allerwenigsten hier im Forum ausgebildete Juristen sind und zudem hellseherische Fähigkeiten haben, weiß ich. Mir ist Eure Einschätzung wichtig.
Übrigens: Auch unsere Rechtssprechnug kennt das Laienkorrektiv zum juristischen Fachdenken in Form von Schöffen.

@ Rhaco: Wo liest Du einen fremdenfeindlichen Hintergrund heraus?

breughel

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #8 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 15:45:45 »
Ich denke (habe Rechtswissenschaften studiert), dass auf dem rechtsweg da wenig zu machen ist - selbst wenn eine Klage zu einer Verhandlung führt, wird ein 16jähriger dann mal wieder mit einem guten Onkelspruch davon kommen und ein schmieriger Anwalt (davon gibt es leider auch viele) wird sich noch etwas Geld verdienen.
Hier sollte nachbarschaftliche Solidarität geübt werden und der Knabe nebst Verwandtschaft einen Besuch erhalten mit dem Ziel, klar zu machen, was toleriert wird und was nicht.
Das nennt man "Diversion" und ist ein moderner Trend.

ae8090

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #9 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 15:56:42 »
Ich denke (habe Rechtswissenschaften studiert), dass auf dem rechtsweg da wenig zu machen ist - selbst wenn eine Klage zu einer Verhandlung führt, wird ein 16jähriger dann mal wieder mit einem guten Onkelspruch davon kommen und ein schmieriger Anwalt (davon gibt es leider auch viele) wird sich noch etwas Geld verdienen.
Hier sollte nachbarschaftliche Solidarität geübt werden und der Knabe nebst Verwandtschaft einen Besuch erhalten mit dem Ziel, klar zu machen, was toleriert wird und was nicht.
Das nennt man "Diversion" und ist ein moderner Trend.

Ja, unsere Rechtssprechung lässt es vielfach an Konsequenz missen, vor allem im Jugendbereich. Da sind wir sofort einer Meinung. Pfeiffer und Konsorten sein Dank. Zu wenige hören auf Heisig, Müller u.a., die gute Erfolge mit Geschwindigkeit und mit Konsequenz haben.

Ich ändere das Szenario mal ein wenig:
Mahmoud Demiryürek wohnt in einer norddeutschen Kleinstadt. Demiryürek ist ein friedliebender Bürger, in der Nachbarschaft bekannt und geschätzt sowie, wie allgemein bekannt, muslimischen Glaubens und aktiv in der muslimischen Gemeinde.

Derzeit liegt viel Schnee, wie (fast) alle anderen auch macht Demiryürek sich daran, Schnee zu schieben.

Kommt ein Jugendlicher, 16 bis 17 Jahre alt, bewirft ihn anfangs mit Schneebällen, später mit massiven Eisbrocken (zum Glück, ohne zu treffen) und beschimpft ihn: 'Du Muslimschwein!'


Ändert sich an Eurer Einschätzung was?

Rhaco

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #10 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 16:25:02 »


@ Rhaco: Wo liest Du einen fremdenfeindlichen Hintergrund heraus?

Aus deinem Zitat

 'Du Judensau!'



Inwiefern wirklich der fremdenfeindliche Hintergrund eine Rolle spielt, obliegt jedoch den Ermittlungen des
Staatsschutzes. Zumindest ist jedoch schon der Verdacht gegeben, da die Abstammung jüdischer Herkunft
beim Opfer allseits bekannt zu sein scheint.

Katja

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #11 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 17:56:42 »
Meine Einschätzung ändert sich in keinster Weise dann, wenn sich die Religion ändert.

Dieser Bengel gehört angezeigt - auch wenn ich breughel insofern Recht gebe, daß es wohl (zunächt) kaum mehr als einen erhobenen Zeigefinger geben wird - wenn überhaupt.

Allerdings ist DAS ja die Crux: zeigt man solche Idioten NICHT an, machen sie weiter und weiter. Und irgendwann 'reicht' ein Schneeball nicht mehr und DANN heißt es: der jugendliche Täter ist nie auffällig geworden. DOCH, ist er! Und zwar all die Male, wo man dem Gesetz noch nicht einmal eine Chance gegeben hat, angewendet zu werden.

Das schließt aber auch einen Besuch nicht aus  >:D - fraglich ist dabei allerdings, wie weit man sich auf das Niveau dieser Viertelhirne herab lassen muß, damit sie kapieren.



ae8090

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Re: Nathan und das Weiße
« Antwort #12 am: Freitag, 31. Dezember 2010 - 18:49:07 »
Nathan Goldstein ist 1961 in Deutschland geboren, seine Eltern sind 1925 und 1930 in Deutschland geboren, seine Großeltern sind zwischen 1891 und 1901 in Deutschland geboren, die Urgroßeltern sind alle in Deutschland geboren etc.

Ich weiß nicht, wo da ein fremdenfeindlicher Hintergrund sein mag. Das ein Ausdruck wie zB "Judensau" antisemitisch ist, steht völlig außer Frage. Aber das ist noch was anderes als fremdenfeindlich. Das Judentum ist seit Jahrhunderten in Deutschland beheimatet, auch wenn es mal fast ausgerottet wurde.



@ Rhaco: Wo liest Du einen fremdenfeindlichen Hintergrund heraus?

Aus deinem Zitat

 'Du Judensau!'



Inwiefern wirklich der fremdenfeindliche Hintergrund eine Rolle spielt, obliegt jedoch den Ermittlungen des
Staatsschutzes. Zumindest ist jedoch schon der Verdacht gegeben, da die Abstammung jüdischer Herkunft
beim Opfer allseits bekannt zu sein scheint.

Anders ist es diesen Punkt betreffend natürlich in dem zweiten Beispiel. Der Islam ist noch nicht so lange in Deutschland heimisch. Da käme dieser Aspekt evtl mit hinzu, ändert aber nichts an der (zugegebenermaßen aus Laiensicht gegebenen) rechtlichen Würdigung.

Meine Einschätzung ändert sich in keinster Weise dann, wenn sich die Religion ändert.
...
Allerdings ist DAS ja die Crux: zeigt man solche Idioten NICHT an, machen sie weiter und weiter. Und irgendwann 'reicht' ein Schneeball nicht mehr
...


Das ist ja durchaus gegeben: In den Beispielen schmeißt der Jugendliche erst mit Schneebällen, dann mit Eisbrocken. Faustgroß, scharfkantig, hart wie Stein.