Autor Thema: Tukur und das Hohe Lied  (Gelesen 1834 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

ae8090

  • Gast
Tukur und das Hohe Lied
« am: Samstag, 27. Februar 2010 - 10:34:12 »
Ein Abend mit Ulrich Tukur und Liebeslyrik vom Allergeils… sorry, Allerfeinsten


Das St. Pauli – Theater hatte geladen. Ulrich Tukur liest das Hohe Lied der Liebe

Mooooment. Die zwei Namen, die stehen für sich. Ulrich Tukur, über ihn als Schauspieler, als Interpret, als Sänger, als Vorträger, als Text-, Lieder-, Gedicht- und weiß der Geier was noch alles –macher …. Muss man da noch viele Worte verlieren?

Und das Hohe Lied der Liebe. Luther schrieb es Salomo zu. Mir ist die hebräische Bezeichnung viel lieber: Das Schir Haschirim. Das Lied der Lieder.
Jenes Stück brünstige Erotik im Alten Testament, welches geifernd-verklemmte Theologen aller monotheistischen Religionen gerne immer mal wieder ausschließlich allegorisch (gemeint sei angeblich ausschließlich die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk bzw Jesus und seiner Kirche …) auszulegen suchten und welches sich mit seiner offen zur Schau gestellten Lust und Hitze und Sehnsucht und Enttäuschung und Verzweiflung und Hoffnung, Vollendung und Ermattung doch allen Versuchen diesbezüglich widersetzte und einfach blieb, was es immer war: Blanke Wollust!

Angekündigt war nicht nur Ulrich Tukur und das Hohe Lied der Liebe, sondern auch
die Fotografin Katharina John, Tukurs Ehefrau. Sie hat eine Folge von siebenunddreißig Fotografien zusammengestellt, die in Venedig und Tanger, in Apulien und der Mongolei, auf Kreta und Kuba und Sri Lanka entstanden sind. Diese Bilder versuchen sich auf sehr subjektive und assoziative Weise besagtem tiefsten aller Themen zu nähern, sind mitnehmend, unterstützend, herausarbeitend, kontrastierend. Sehenswert.

Vorbemerkend konnte sich Tukur nicht verkneifen, sehr humorvoll den Spannungsbogen von frommen biblischen Text und nahen Silbersack sowie dem Club de Sade hingebungsvoll zu verbalisieren. Offenbar, so schien es, kannte er sich in beidem, in Lyrik und in Location gut aus.

Im ersten Abschnitt las Tukur alsdann, die Bilder von John im Hintergrund, teils fließen lassend, teils mit gespielten Pausen kunstvoll beachtend, ausgewählte Abschnitte aus dem Schir Haschirim, dem Lied der Lieder. Viel zu schnell vergehend und doch jederzeit mitnehmend und auch an mancher Stelle zu Tränen rührend. In Sonderheit, als Hld 8,6f gelesen wurde. Und ja, ich weiß, meine Frau und ich sind nicht die einzigen, die diesen wunderbaren Text sich als Trauspruch ausgesucht haben. Und trotzdem nahm ich die Hand meiner Frau fester und verdrückte ein Tränchen … er las es in diesem Moment nur für uns.

Im Zweiten Abschnitt las Tukur husarenrittgleich eine Auswahl aus Liebesgedichten aus drei, vier oder fünf Jahrhunderten. Goethe war mit drin, Brecht, Heine, Kaleko, von Liliencron u.v.m … kurz: alles, was Rang und Namen hatte, aber auch unbekanntere Schöpfer von Liebeslyrik, Namen, die ich nie zuvor gehört hatte und die ich schon wieder vergessen habe. Sogar den Mut, ein Gedicht aus seiner Feder, Rilke kopierend, nein: Rilke nachahmend, zu lesen, fand Tukur. Glanzvoll!

Ein insgesamt gelungener Abend. Jede Minute im St. Pauli Theater war ihr Geld wert. Das ist weder auf St. Pauli noch in jedem Theater immer so …

Blubb

  • Gast
Re: Tukur und das Hohe Lied
« Antwort #1 am: Samstag, 27. Februar 2010 - 11:03:25 »
Danke für den tollen Bericht. :)

Offline ThK

  • Mitglied
  • ***
  • Beiträge: 12.120
  • Geschlecht: Männlich
  • Sorry, hab's vergessen!
    • Rockpalast lässt grüßen
Re: Tukur und das Hohe Lied
« Antwort #2 am: Samstag, 27. Februar 2010 - 11:05:11 »
Schöner Bericht.
Er gibt mir das Gefühl, dass ich was verpasst habe.

breughel

  • Gast
Re: Tukur und das Hohe Lied
« Antwort #3 am: Samstag, 27. Februar 2010 - 14:25:56 »
Tukur ist immer mal wieder im St.Pauli-Theater.
Also einfach mal die homepage öfter befragen: www.stpaulitheater.de
Das nächste Highlight: Ab 5.3. Ritze - ein Liederabend von Franz Wittenbrink (Voraufführungen sind noch preislich günstig) Ab april soll wieder kommen: Arsen und Spitzenhäubchen - absolute Spitze!
Ich bin oft in dem Theater und jedes Mal leide ich unter der Enge, der schlechten Luft,den grausigen Sitzen, der Pause, in der man kaum eine Chance hat, ein Getränk zu erreichen und ziemlich doof herum steht während vor der Tür die Raucher mörderisch quarzen und der Qualm dann schön ins Haus zieht.
Wer Glück hat, geht durch das Hurenspalier zum Lukullus Imbiss und holt sich ein Getränk im Plastikbecher (Flaschenverbot auf St. Pauli).
Die Preise für gute Plätze sind saftig - so zwischen 32.- - 42.-€
Man kann auch für gutes Geld schlechte Plätze bekommen und kaum etwas sehen.
Warum also in so ein Theater gehen?
Wegen des Programms. Allerfeinstes Theater (in der Regel) erstklassige Musik und Kabarett und Literatur usw.
Und dazu das Erlebnis, wirklich in einem schrägen Ambiente etwas geboten zu bekommen.
Hinfahren!!!

ae8090

  • Gast
Re: Tukur und das Hohe Lied
« Antwort #4 am: Samstag, 27. Februar 2010 - 14:35:56 »
Tukur ist immer mal wieder im St.Pauli-Theater.
Also einfach mal die homepage öfter befragen: www.stpaulitheater.de
Das nächste Highlight: Ab 5.3. Ritze - ein Liederabend von Franz Wittenbrink (Voraufführungen sind noch preislich günstig) Ab april soll wieder kommen: Arsen und Spitzenhäubchen - absolute Spitze!
Ich bin oft in dem Theater und jedes Mal leide ich unter der Enge, der schlechten Luft,den grausigen Sitzen, der Pause, in der man kaum eine Chance hat, ein Getränk zu erreichen und ziemlich doof herum steht während vor der Tür die Raucher mörderisch quarzen und der Qualm dann schön ins Haus zieht.
Wer Glück hat, geht durch das Hurenspalier zum Lukullus Imbiss und holt sich ein Getränk im Plastikbecher (Flaschenverbot auf St. Pauli).
Die Preise für gute Plätze sind saftig - so zwischen 32.- - 42.-€
Man kann auch für gutes Geld schlechte Plätze bekommen und kaum etwas sehen.
Warum also in so ein Theater gehen?
Wegen des Programms. Allerfeinstes Theater (in der Regel) erstklassige Musik und Kabarett und Literatur usw.
Und dazu das Erlebnis, wirklich in einem schrägen Ambiente etwas geboten zu bekommen.
Hinfahren!!!

Vom ersten bis zum letzten Wort: Treffender hätte ich das nicht ausdrücken können. Vor allem das letzte Wort!!! Für Schwersichtige sei es hier nochmals vergrößert zitiert:

...
Hinfahren!!!

Blubb

  • Gast
Re: Tukur und das Hohe Lied
« Antwort #5 am: Samstag, 27. Februar 2010 - 15:10:10 »
Wenn es hilft, reihe ich mich auch noch ein in das Loblied auf das St. Pauli Theater, selbst wenn ich es nicht ganz so oft besuchen kann.

In diesem Sinne sage ich ebenfalls:

Hinfahren!!!