Autor Thema: Spätrömische Dekadenz  (Gelesen 45927 mal)

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Offline Brilonius

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Spätrömische Dekadenz
« am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 13:37:41 »
Es ist schon ein paar Tage her, aber immer noch lustig, traurig, wahr, je nach Standpunkt:

Westerwelle kommentierte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Neuberechnung des Arbeitslosengeldes II: Die Hartz-IV- Mentalität trage sozialistische Züge und Germanien drohe spätrömische Dekadenz.
Ich finde es grundsätzlich gut, wenn Politiker zu Problematiken Denkanstöße geben und dabei meinetwegen auch überspitzt formulieren. Seine Sätze waren zwar griffig, aber auch voll daneben, albern und die Gesellschaft spaltend.

Als ob wir bei einer Änderung der Regelsätze kurz vor einer klassenlosen Gesellschaft stünden, und bezüglich des Unterganges Roms empfehle ich unserem großen Historiker einige aufklärende Geschichts-Nachhilfestunden. Wenn Dekadenz bei diesem Untergang überhaupt eine Rolle gespielt haben sollte, dann war es die Oberschicht, die im Luxus lebte  und nicht mehr die gewohnte Härte zeigte.
  
Und schon hätten wir eine Parallele zur heutigen Zeit, aber anders, als Westerwelle sie wähnt. Die damalige Oberschicht sind die heutigen Bankster, einige Manager und steuerhinterziehende Millionäre, die mit ihrem asozialen und dekadenten Verhalten und ihrer Gier Volksvermögen verzocken.
Oder droht dem Abendland vielleicht doch durch faule und träge, in der sozialen Hängematte liegende Dosenbier trinkende Arbeitslose, der Untergang?
Ach, hättest du doch geschwiegen.... oder zumindest anders formuliert!
« Letzte Änderung: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 13:44:05 von Brilonius »

Offline ToRü | ToРуз

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Albrecht

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #2 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 16:42:27 »

Offline Slartibartfass

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #3 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 17:10:16 »
Jetzt weiß ich, woher die politische BILDung bei der FDP (Freie dekadente Partei) kommt! :hammer

Auf einen Beitrag zu der OECD-Studie kann ich auch verlinken.
Nicht verallgemeinern. :)
Es wird nie so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #4 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 17:28:44 »
http://www.bild.de/BILD/politik/2010/02/18/hartz-iv-forscher-geben-guido-westerwelle-recht/jetzt-ist-es-amtlich-arbeiten-lohnt-sich-nicht-mehr.html

Jetzt weiß ich, woher die politische BILDung bei der FDP (Freie dekadente Partei) kommt! :hammer

Auf einen Beitrag zu der OECD-Studie kann ich auch verlinken.

Das hatte ich genau so von Albrecht erwartet.  ::)

Könnte aber auch sagen: Wollte das volksnahe Erklärungsmedium nutzen, damit auch Sozialdemokraten verstehen, was gemeint ist!  >:D
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Albrecht

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #5 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 17:33:18 »
Wollte das volksnahe Erklärungsmedium nutzen, damit auch Sozialdemokraten verstehen, was gemeint ist!  >:D
Das ist richtig nett von dir! Wenn du dich jetzt auch noch von den dekadenten Verunglimpfungen deines Vorsitzenden distanzieren würdest, könnte ich dich (fast) liebhaben. :troesten

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #6 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 17:39:58 »
Wollte das volksnahe Erklärungsmedium nutzen, damit auch Sozialdemokraten verstehen, was gemeint ist!  >:D
Das ist richtig nett von dir! Wenn du dich jetzt auch noch von den dekadenten Verunglimpfungen deines Vorsitzenden distanzieren würdest, könnte ich dich (fast) liebhaben. :troesten

Ja, was sich neckt, hat sich ja oft lieb  ;)

Aber dafür meinen Guido verunglimpfen - nö, soweit geht die Liebe dann doch nicht.

Allein will ich sagen, die Worte lagen im argen, aber ganz echt, Guido hat ja recht!
Die Sache liegt schwierig, viele sind zu gierig - Arbeiter wollen nicht nur Bohnen daher muss sich Arbeit wieder lohnen.

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Offline ThK

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #7 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 18:18:11 »
Steht eigentlich wieder irgendeine Wahl an?
Oder warum sind einige Mitglieder hyperaktiv?  >:D

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #8 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 18:34:47 »
Steht eigentlich wieder irgendeine Wahl an?
Oder warum sind einige Mitglieder hyperaktiv?  >:D

Nö, nur Bürgermeisterwahl...
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Blubb

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #9 am: Donnerstag, 18. Februar 2010 - 21:26:43 »
Steht eigentlich wieder irgendeine Wahl an?
Oder warum sind einige Mitglieder hyperaktiv?  >:D

Politische Standpunkte zu vertreten sollte nicht vom Zeitpunkt irgendeiner Wahl abhängen.

Bernd

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #10 am: Freitag, 19. Februar 2010 - 08:30:23 »
Steht eigentlich wieder irgendeine Wahl an?
Oder warum sind einige Mitglieder hyperaktiv?  >:D

Nö, nur Bürgermeisterwahl...
Und dann ist da noch eine Landtagswahl in NRW am 9. Mai, bei der G. Westerwelle mit seinen "hölzernen" Sprüchen um dekadentes Verhalten verzweifelt Punkte sammeln möchte. Ob er die richtige Wortwahl traf, zeigen ihm dann die Wähler. Aber Dekadenz und Kompetenz klingen ja ähnlich. Angela findet Guidos Welle nicht besonders gelungen, um die bestehende NRW-Koalition zu sichern. Ich vermute, die CDU sucht schon nach einem "grünen Zweig".

Blubb

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #11 am: Freitag, 19. Februar 2010 - 09:35:29 »
Der angesprochene "grüne Zweig" ist doch das augenscheinlichste Anzeichen dafür, dass gerade diese Partei beliebig, inhaltslos und rein auf den Machterhalt ausgerichtet ist. Dass viele Wähler genau das so unkritisch hinnehmen, ist eigentlich unbegreiflich.

Dass die Wahl der Worte in Westerwelles Fall die falsche gewesen sein, mag vielleicht so stimmen. Die aber daraus resultierenden pseudoskandalisierenden, ja fast schon hysterischen Reaktionen zeigen mMn aber nur, dass Westerwelle den Finger in eine offene Wunde gelegt hat, die manche lieber unter einem ganz großen Tuch verdeckt gehalten hätten. Insgeheim geben doch viele dem FDP-Vorsitzenden recht. Ich verweise hiermit auch auf den von mir verlinkten taz-Artikel, dessen These ich für außerordentlich richtig halte.

Der losgetretene mediale und politische Feuersturm lässt sich in großen Teilen eben so kaum mehr Ernst nehmen. Allen voran die Süddeutsche und der Spiegel nutzten die Gelegenheit allerlei Vorurteile und Halbwahrheiten über die FDP und ihren Vorsitzenden aus der Mottenkiste zu holen. Der Vorwurf die FDP sei doch eben eine "Besserverdienerpartei", ja gar eine Partei der Eliten, gehört mittlerweile zum Standardrepertpoire der FDP-Kritik, obwohl nach wie vor unbewiesen. Von Vergleichen zu George W. Bush war zu lesen, Nähe zu "braunem Gedankengut" wurde attestiert, lustig machende Häme wurde ausgeschüttet und sogar ein Extremismusvorwurf steht mittlerweile im Raum. All das steht in keinem Verhältnis mehr, zu dem was auch inhaltlich gesagt wurde. Andere Zeitungen waren da in ihrer Kritik deutlich differenzierter.
Man hat in solchen Debatten mittlerweile auch das Gefühl, es gehe gar nicht mehr darum, was da gesagt wurde, sondern nur noch um die Person, die etwas sagt.

Michael Hein

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #12 am: Freitag, 19. Februar 2010 - 09:36:14 »
Gestern gab es im Ersten einige <ausschnitte vom Aschermittwoch der FDP. Alle waren begeistert von Westerwelle und stimmten seinen Aussagen ohne Abstriche zu, aber keiner der Befrageten konnte erklären, was der Guido mit dem Ausspruch "spätrömische Dekadenz" eigentlich meinte ...

Offline ToRü | ToРуз

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #13 am: Freitag, 19. Februar 2010 - 10:09:17 »
Für die Römer war Luxus der Inbegriff von Schwelgerei, Prunkliebe, Genuss- und Vergnügungssucht - ermöglicht durch die Massen an Steuern aus den Provinzen.
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Bernd

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Re: Spätrömische Dekadenz
« Antwort #14 am: Freitag, 19. Februar 2010 - 11:18:57 »
Der angesprochene "grüne Zweig" ist doch das augenscheinlichste Anzeichen dafür, dass gerade diese Partei beliebig, inhaltslos und rein auf den Machterhalt ausgerichtet ist.
1.
Der "grüne Zweig" nickt nicht in einem beliebigen und inhaltslosen Politik-Wind, habe ich bisher feststellen können.
2.
Der "grüne Zweig" möchte selbstverständlich wie andere Parteien ebenso Einfluss auf die zukünftige Politik nehmen. Wo ist in ihren Forderungen eine Tendenz von Machterhaltung zu erkennen? In Hamburg konnten sie schon einige ihrer Vorstellungen umsetzen.
3.
Dass G. Westerwelle bei einigen Menschen Zustimmung erfährt, ist nicht verwunderlich. So richtig erklären können die Applaudierenden die Wortwahl jedoch nicht. Ich vermute, der Westerwelle wird seiner Partei genauso nutzen, wie es der Stegner seiner Partei in Schleswig-Holstein tat.
4.
Es ist richtig, dass ich diesen Menschen politisch äußerst unsympathisch finde. Als Manager eines Fußballvereins könnte ich mir ihn gut und nützlich vorstellen. Aber nicht als Außenminister und Vertreter einer Partei, die staatsführend ist.
5.
Natürlich kann man sich hinsetzen und mühevoll irgendetwas Sinnvolles aus seinen Worten interpretieren. Wenige schaffen es sogar. Aber ob er es auch dann wirklich so meinte, bleibt bisher sein Geheimnis. Wahrscheinlich sucht er unter einem großen Tuch nach geeigneten Worten, um die geschlagene Wunde irgendwie wieder heilen zu können. Ich glaube nicht, dass ihm das rechtzeitig gelingt. Entweder weiß er nicht, was er sagt oder er weiß es und wird nicht gewählt. Dumme Sache ist das.